St. 2: Flg. 18 „Bedeutend"

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Wieder nahm er meinen Namen in den Mund. Noch nie fand ich ihn schöner, als wenn er ihn aussprach. Ich kicherte.
„Willst du was Witziges wissen?" Er lag noch immer auf mir, stützte nun seinen Kopf links neben meinem mit einer Hand ab und sah mich mit einem gespielt verführerischen Blick an. „Schieß los."
„Bis gestern Abend dachte ich eigentlich, du hättest meinen Namen vergessen", lachte ich kurz auf.
„Ich doch nicht. Sowas würde mir nicht passieren." Seine Stimme klang ironisch, weswegen ich ihn erst schmunzelnd ansah. „Zumindest nicht bei Leuten, die mich interessieren", hing er wenige Sekunden später noch hinten dran. Das war schon wieder ein Moment, der mein Herz für einen kurzen Augenblick zum Stillstehen brachte, meine Gesichtszüge wieder entspannen ließ.
„Hör auf sowas zu sagen, Dummkopf."Ich drehte meinen rot gewordenen Kopf ein wenig zur Seite und schlug ihm sachte in die Taille. Er drehte sich von mir runter, lag nun neben mir auf dem Rücken und schlug die Hände unter seinem Kopf zusammen.
„Es wird langsam spät. Gehen wir nach Hause." Sein Blick fiel auf mich, die sein makelloses Seitenprofil begutachtet hatte. Er richtete sich auf und hielt mir eine Hand hin, an welcher ich mich nickend hoch zog.

Meine noch immer fest umschlossen in seiner haltend, kreuzte er unsere Finger miteinander, sobald wir die ersten Schritte gingen. Überall breitete sich Gänsehaut aus. Hing vermutlich auch mit den kühlen Luftzügen zusammen, die meine Haut streiften. Sie ließen Sunas Haare sanft hin und her wehen, als ich vorsichtig zu ihm rüber sah. Was tat er bloß, dass die kleinsten Dinge solche Reaktionen in meinem Körper auslösten? Sein alleiniger Anblick, beleuchtet von dem warmen Licht der Laternen, brachte mein Blut zum kochen. Wenn ich mit ihm zusammen war, war ich oft durcheinander, dann wieder beruhigt. Es verwirrte mich. Das ist doch blöd.

***

Wir brauchten eine halbe Stunde, bis wir bei Suna ankamen. Den ganzen Weg über hielt er meine Hand, hielt sie fest in seiner. Wir redeten viel, ließen uns von dem neuen Schritt überhaupt nicht stören. Ganz im Gegenteil, es brachte noch mehr Harmonie zwischen uns.

Er schloss uns die Tür auf, woraufhin wir beide in den Flur eintraten. Er stellte sich vor mich und sah zufrieden auf mich herab, wurde dann aber wieder ein wenig unsicherer.
„Du kannst wieder bleiben, wenn du willst." Mit diesem Angebot rechnete ich nicht. Schließlich war es gestern reiner Zufall, dass ich hier übernachtet hatte.
Ich lächelte ihn entschuldigend an.
„Ich sollte lieber nach Hause gehen. Kita regt sich sonst nur noch mehr auf." Er nickte nur, verstand wohl sehr gut, was ich meinte.

Er brachte meine Schultasche von oben runter und machte sich dann mit mir auf den Weg nach Hause.
Seine Hände in die Hosentaschen steckend, sah er im Gehen zum Himmel rauf. Ich neigte meinen Kopf ein Stück in seine Richtung und betrachtete ihn einen Moment. Er war wirklich hübsch, keine Frage. Die glänzenden Haare, die vom Wind auf und ab getragen wurden. Seine schmalen Augen, in denen ich eine Farbe sah, dessen Namen ich nicht kannte. Die Stupsnase, auf der drei kleine Sommersprossen lagen. Gleich unter dieser das liebliche Chorall seiner Lippen. Seine Ohren waren ganz klein. Alles an ihm schien perfekt zu sein.

„Du hattest Recht", brach er das angenehme Schweigen. Mein zufriedener Gesichtsausdruck wandelte sich in einen fragenden.
„Die Sterne sind tatsächlich heller als sonst." Er hatte ihn sich gemerkt. Diesen einen unbedeutenden Satz an diesem so scheinbar unbedeutenden Abend. Und jetzt war plötzlich keiner der Tage mehr unbedeutend, den ich mit ihm verbrachte.

Ich bemerkte gar nicht, wie wir uns immer mehr dem Haus der Kitas näherten, so sehr genossen meine Gedanken seine pure Anwesenheit und die Stille der einbrechenden Nacht.

Plötzlich blieb er vor mir stehen, sah mir in die Augen und um uns herum stoppte die Welt. Jede Bewegung, jedes Geräusch stoppte wie aus dem Nichts, als seine Augen in meine sahen. Was war das? Es war, als würde ich zum ersten Mal die Sonne sehen. Ich musste vorher farbenblind gewesen sein, anders ließen sich all die neuen Nuancen nicht erklären. Ich schaute in seine grünen Augen und der warme Frühling um uns herum, dessen Farben ich immer bewundert hatte, war ganz grau im Gegensatz zu ihm.
Stumm sahen wir uns einfach nur an. Um uns herum eine dominante Ruhe, die alles prickeln ließ. Was war das nur plötzlich für ein Gefühl? Als hätte ich kurz mein wahres Selbst gesehen. An einem helleren Ort. Wie eine Weiterentwicklung. Doch das war es nicht. Schließlich war es Suna, den ich sah.

Limerence // Suna Rintarō x OCWhere stories live. Discover now