1. Kapitel

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Im Schritttempo ritten Feanor und ich vom Haus weg, Richtung Norden. Meinen Blick hatte ich starr auf den Horizont gerichtet und war so darauf konzentriert mich nicht umzudrehen, dass ich die Schritte hinter mir erst bemerkte als sie bereits neben mir waren. Erschrocken fuhr ich herum und erblickte zu meinem Erstaunen meinen Vater auf unserer ältesten Stute Meril. Der alte Bauer, der wahrscheinlich noch nie weiter geritten war als nach Bree, hielt ein Schwert und eine Karte in den Händen. Es war wunderschön gearbeitet, zweischneidig, mit glänzender Klinge, schwarzem Heft und am Knauf war ein grüner Edelstein eingelassen. Mein Blick war auf dem Schwert gefangen, ich bewunderte seine Schönheit und Anmut, doch dann riss ich mich schließlich los und blickte meinen Vater an „Warum bist du so spät nachts noch draußen?", fragte ich etwas zu schroff und blickte ihn kalt an. „Nun das gleiche könnte ich dich auch fragen, meinst du nicht?", fragte er leicht belustigt und neigte den Kopf. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Tief in meinem Innern war ich froh das ich noch die Gelegenheit bekam ein letztes Mal Lebewohl zu sagen, doch hatte ich auch Angst das er mich aufhalten würde, mich zwingen würde zu bleiben. „Ich wusste das irgendwann der Tag kommen würde, an dem du uns verlassen würdest. Also habe ich beschlossen dir an jenem Tag etwas zu schenken was einst mir gehörte.", sagte er und deutete auf die Klinge in seinen Händen. Ich zog die Augenbrauen nach oben und musterte ihn „Warum tust du das? Und woher hast du das Schwert?", wollte ich wissen. „Wir sind uns ähnlicher als du denkst", begann er ohne auf meine Fragen einzugehen, „Das Schwert wurde von Elben gearbeitet, das heißt es leuchtet blau wenn Orks in der Nähe sind. Hier, nimm es. Es könnte dir auf deiner Reise behilflich sein", er hob es mir entgegen und ehrfürchtig schloss ich meine Hand fest um das schwarze Leder am Griff. „Es heißt Wilwarin.", erklärte er und reichte mir die dazu passende Schwertscheide. Ich befestigte sie an meinem Gürtel und steckte Haldir gekonnt hinein. Ich blickte wieder zu meinem Vater „Wo willst du nun hin?", fragte er. Ich zuckte mit den Schultern „Das werde ich dir nicht sagen, aber das weißt du auch, denke ich.", herausfordernd schaute ich ihm in die Augen, sie waren grün, genau wie die meinen. Verblüfft sah ich ihn lächeln. Trotzt meiner Verwirrung schenkte ich ihm ebenfalls ein kleines Lächeln, wandte mich dann aber nach einigen Sekunden, die mir vorkamen wie eine Ewigkeit, ab und trieb Feanor mit den Schenkeln an. Ein paar Schritte, dann durchbrach mein Vater die Stille der Nacht erneut „Arien, wirst du zurückkommen?", fragte er mich und seine Stimme brach. Ich erstarrte. Meinen Zweitnamen benutze er nur wenn ihm etwas wirklich wichtig war. Arien, die vom Sonnenlicht umstrahlte, mein Zweitname. Mir war der Name Naira immer lieber gewesen, Flammenherz. Er passte besser zu mir und meinem Wesen. Ohne mich umzudrehen antwortete ich ihm leise „Du kennst die Antwort, Vater." Ein Kloß bildete sich in meinem Hals den ich nur mühsam hinunterschlucken konnte doch dann ritt ich weiter, ohne mich noch ein letztes Mal umzudrehen und im Wissen das mein Vater mir hinterher blicken würde bis sich meine Gestalt in der Dunkelheit verlor.

Bree: Die größte Ansiedlung in der Gegend, in die alle Wanderer oder zwielichtige Gestalten zwangsläufig hineingespült wurden. Die Stadt die sicher hinter einem riesigen Wall am Hang eines großen Hügels lag. Mein Ziel. Dort würde ich viel Arbeit und eine sichere Unterkunft finden. Hoffte ich zumindest. Es war ein relativ langer Weg, ungefähr 90 Meilen und ich wusste nicht was mich dort erwarten würde, diese Ungewissheit machte mir Angst. Mehr als ich zugeben würde. Es war nicht so als würden Scharen von Orks in diesen Landen umherstreifen, aber dafür gab es vielleicht andere Geschöpfe, denen ich lieber nicht begegnen wollte.
Ich nahm mir vor, zunächst viel Strecke zwischen mich und mein altes Haus zu bringen und mich am nächsten Tag eher bedeckt zu halten. In ein paar Tagen, so schätzte ich, würde ich in Bree ankommen.

Die Kühle der Nacht umfing mich wie ein Schleier, als ich auf Feanor die große Oststraße entlang trabte. Mehrere Stunden ritten wir durch die Dunkelheit. Der Weg war gesäumt von dichtem Buschwerk und kleineren Bäumen deren Äste sich über dem Himmel schlossen. Vereinzelt zirpten noch ein paar Grillen, doch bald würden auch sie verstummen und Ruhe einkehren lassen. Ich wurde langsam schläfrig und immer wieder fielen mir die Augen zu, doch plötzlich blieb mein Pferd mit einem Ruck stehen und ich schreckte aus dem Halbschlaf. Vor mir erstreckte sich der Baraduin, die Brandyweinbrücke schwang sich elegant darüber. Im Halbdunklen konnte ich nicht viele Details ausmachen, nur das Rauschen des Flusses drang an meine Ohren. Ich sog die kühle Luft tief in meine Lunge und blickte gen Himmel. Unzählige Sterne tanzten dort und der Mond erhellte meinen Weg. Ich stieg ab und nahm Feanor an den Zügeln. Diese ersten Schritte in Richtung Freiheit wollte ich allein gehen. Die abgenutzten Steine fühlten sich glatt an, unter meinen Füßen. Wieviele Reisende mochten die Brücke im Laufe der Zeitalter wohl schon überquert haben? Ich ließ meine Hand über das Geländer streifen und beugte mich hinüber um in die Fluten des Flusses blicken zu können .
Nach einiger Zeit löste ich mich und ging durch den dünnen Nebel ans andere Ufer. Ein paar hundert Meter weiter sah ich die Lichter eines Gasthauses und hörte das Lachen und die Stimmen einiger Leute. Vermutlich Hobbits die noch bis in die späten Abendstunden feierten. Ich schwang mich wieder auf Feanors Rücken, ich hatte schon zuviel Zeit vertrödelt.

Im Osten erkannte ich nach ein paar weiteren Stunden den hellen Schein der bald aufgehenden Sonne am Horizont. Meine Familie würde bald bemerken das ich nicht da war. Normaler Weise standen wir immer mit der Sonne auf. Nein. Sie standen immer mit der Sonne auf. Ich gehörte jetzt nicht mehr dazu. Ich war frei. Doch nicht mehr lange, denn wenn sie erst einmal bemerkt hatten das ich fehlte, würde auch Vater nichts mehr dagegen tun können das Aldon losreiten und mich suchen würde. Aldon war mein Zwillingsbruder und er würde nicht eher ruhen bis er mich gefunden hatte.

Ich gab Feanor ein Zeichen, den Weg, auf der rechten Seite, zu verlassen. Dort standen Bäume und dichtes Buschwerk, welches mir Schutz spenden würde. Ich stieg ab und führte meinen Hengst in den Wald und band ihn lose an einem Ast fest. Er würde zwar nicht weglaufen, doch sicher war sicher. Ich stellte mein Gepäck an den Baum und setzte mich für einen kurzen Moment erschöpft auf den weichen, mit Blättern bedeckten Boden. In Gedanken machte ich mir einen Plan was als Nächstes zu tun war:

- Wasser finden, Vorräte einteilen, Lage auskundschaften

Bald stand ich wieder auf und sah mich genauer um. Viel war in der Dichte der Blätter nicht auszumachen. Ich befand mich auf einer kleinen Lichtung, so viel war klar, links konnte ich gerade so noch durch das Blattwerk die Straße sehen, auf der schon bald, verhältnismäßig, reger Betrieb herrschen würde. Dann hörte ich plötzlich in der Ferne ein Tier heulen. Es war eine kratzende und hohe Stimme. Meine Nackenhaare stellten sich auf, als das schaurige Geräusch an meine Ohren drang. Es löste eine uralte Angst in mir aus und mir wirde etwas flau im Magen. Natürlich hatte ich schon Wölfe und dergleichen heulen gehört, doch was auch immer dieses Wesen dort draußen war, es war ganz sicher kein gewöhnlicher Wolf, wenn es überhaupt ein Wolf war.

Bei Sonnenaufgang hatte ich einen kleinen Bachlauf entdeckt, der munter vor sich hinplätscherte. An seinen Ufern wuchsen kleine Bäume, deren zarte Blätter sich langsam rot verfärbten und im Bachbett lagen kleine Kieselsteine, rund gespült von der stätigen Strömung. Ich füllte gerade meinen Lederbeutel auf, er war fast leer und wusch mein Gesicht mit dem angenehm erfrischenden sauberen Wasser, als ich in der Ferne Hufgetrampel hörte. Ich hob den Kopf und lauschte. Es war ein einzelner Reiter, was ziemlich ungewöhnlich war, und er ritt ziemlich schnell. Die meisten Leute ritten relativ langsam und in einer Gruppe, doch dieser hier hatte es, allem Anschein nach, überaus eilig. Ich stand auf, ich war nicht weit vom Weg entfehrnt, also wollte ich hingehen, um nachzusehen wer, oder was, das war. Ich lief die kleine Böschung hinauf und rutschte beinahe auf dem nassen matschigen Gras aus. Ich späte vorsichtig, um nicht gesehen zu werden, zwischen den Blättern und Zweigen hindurch auf den Weg und sah den Reiter an meinem Versteck vorbei galoppieren. Die schwarze Stute auf der er ritt kam mir merkwürdig bekannt vor und auch den dunklen Haarschopf des Mannes kannte ich. Mir stockte der Atem: es war ohne Zweifel mein Bruder Aldon. Und er war auf der Suche nach mir.

Heey guys, es freut mich mega das schon ein paar Leute meine Story gelesen haben! Ich hoffe euch gefällt das neue Kapitel.
Besonders freue ich mich auch über die Rankings :D
Also vielen Dank Leute!

All left behind (abgebrochen)Where stories live. Discover now