Kapitel 8

1.2K 55 37
                                    


Stiles zerrte mich grob die lange Treppe hoch, wobei ich immer wieder stolperte.

„Verflucht bist du anstrengend", murmelte er wütend und verfestigte seinen Griff um meinen Oberarm.

Ich schwieg, halb benommen durch den Nahrungs- und Flüssigkeitsmangel. Ich merkte immer mehr wie meine Kräfte mich verließen und mir schlecht wurde.

Kurz bevor ich aufgeben und zusammensacken wollte, erreichten wir das Ende der Treppe und standen vor einer großen Metalltür, welche er mit einem kräftigen Schwung öffnete.

Dahinter kamen ein verschmutztes, altes Klo und ein mickriges Waschbecken zum Vorschein, ebenso wie eine einzelne, an der Decke angebrachte Glühbirne, die den Raum gerade so erhellte.

„Mach dich frisch und warte dann hier auf mich. Keine Dummheiten, verstanden? Ich besorge dir in der Zwischenzeit etwas zu essen. Irgendwelche Wünsche?"

Er grinste mich verhöhnend an und ich nahm all meine verbliebene Kraft zusammen, um ihn finster anzusehen. Danach schloss er ohne ein weiteres Wort die Tür hinter sich und versperrte sie.

Ich war alleine.
Ich sackte auf dem Boden zusammen und schnaufte. Im kleinen Spiegel über dem Waschbecken, welcher an einigen Stellen schon kaputt war, konnte ich schemenhaft meine Gestalt erkennen und erschrak als ich genauer hinsah.

Mein Gesicht war blass und geschmückt mit tiefen Augenringen. Ich erkannte mich selbst kaum wieder.

Langsam zog ich mich an dem Waschbecken hoch und setzte mich auf das Klo, den Kopf an die kalte Wand dahinter gepresst.

Wie es meinen Eltern und Freunden jetzt wohl ging? Suchten sie nach mir? Hatten sie die Polizei alarmiert? Trauerten sie schon?
Ich wusste es nicht.

Das einzige was ich wusste war, dass ich hier raus wollte.

Ich sah erneut zum kaputten Spiegel. Einige Scherben lagen lose im Rahmen und ich griff mir eine besonders große.
Vorsichtig versteckte ich sie in meinem Ärmel. Und dann wartete ich.

Es vergingen bestimmt nur 20 Minuten, doch sie fühlten sich an wie Stunden, bis Stiles zurück war und die Tür aufsperrte.

Er sah sich im Raum um, dann packte er mich wieder am Arm und führte mich die Treppe runter, zurück in den großen, dunklen Raum mit dem Stuhl.

Ich setzte mich darauf und zu meiner Überraschung löste er meine Fesseln.

„Ich hab dir Chinesisch geholt. Keine Ahnung ob du das magst, aber essen musst du es jetzt auf jeden Fall", sagte er und stellte eine Box vor mich.

Ich sah ihn erst zweifelnd an, griff dann aber doch langsam danach und öffnete sie gierig. Der Geruch ließ meinen Magen knurren.

Ich aß hastig, während er sich vor mich auf den Boden setzte und mich dabei beobachtete.

„Ihr Menschen seid so interessant. Wie ihr beinahe wieder zu Tieren werdet wenn es ums essen geht", lachte er.

Ich achtete nicht auf ihn.
Als ich aufgegessen hatte kam er zu mir und nahm die Box wieder weg. Ich fühlte mich schläfrig und träge, aber nicht mehr schwach und hungrig.

Er verschwand einige Minuten in den Schatten um mich herum. Minuten, die ich brauchte um meinen Mut und meine Kräfte zu sammeln.

„Genieß das Gefühl, das nächste essen bekommst du erst übermorgen. Ich gehe ganz sicher nicht jeden Tag für dich einkaufen, das wäre zu auffällig", meinte er als er zurück war und auf mich zu kam.

Er begann wieder meine Füße zu fesseln, wodurch ich einen perfekten Blick auf seinen Rücken hatte, als er sich nach unten beugte.

Da holte ich die Scherbe aus meinem Ärmel und atmete noch einmal tief durch.

Meine Hand zitterte, als ich sie langsam anhob und letztendlich zustoß. Genau rechts von seiner Wirbelsäule traf ich ihn und ließ die Scherbe stecken.

Er schrie schmerzverzerrt auf und ich ergriff die Chance um die angefangenen Fesseln zu lösen und aufzuspringen.

Ich stieß Stiles von mir und rannte in die Schatten. Ich hatte keine Ahnung wo ich hin musste, aber Hauptsache einfach weg von ihm.

Ich irrte durch die Dunkelheit bis ich etwas kaltes und stabiles fühlte. Eine Wand.
Ich tastete mich an ihr entlang, im Hintergrund immer noch die Schreie und Flüche meines Entführers.

Ich schrie ebenfalls fast vor Glück, als ich in der Dunkelheit einen Türgriff erfasste.
Doch als ich ihn runter drückte, war er verschlossen.

Hinter mir erklang ein Klirren, wie Glas das zu Boden fiel. Die Scherbe.
Ich sah zum Lichtkegel mit dem Stuhl, doch niemand war zu sehen.

Panik stieg in mir hoch und ich lauschte.
Ich vernahm nichts, keine Geräusche oder Bewegungen....

Bis mich eine kalte Hand am Hals packte und gegen die Wand presste.

•••••••••••••••••••••••••••
Weil ihr es euch alle so gewünscht habt, hier ein neuer Teil❤️

Void loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt