~7~

14 1 0
                                        

1799

Ich kauerte hinter dem Bücherregal und zitterte am ganzen Körper. In der Bücherei war es dunkel bis auf die eine Kerze, die vorne am Empfang brannte. "Was willst du hier?". Die erregte Stimme meiner Mutter hallte von den Wänden wider. "Dich warnen." Ich zuckte zusammen und bekam sofort eine Gänsehaut. Wer war diese andere Frau? Sie klang so, wie Mama Stimmen von Frauen beschrieb, die ungebildet und einfältig waren. Eine Marionette ihres Mannes. Aber vor so einer Frau hätte Mutter nicht so viel Angst gehabt. Sie war ganz blass geworden, als diese grüne Kutsche vorgefahren war "Annea, verstecke dich sofort." , hatte sie geschrien und mich zwischen die Regale getrieben. "Dein Vater ist es leid. Leid, dass der Ruf der Familie sich nie wieder erholt hat.", sagte die andere Frau. "Die Leute reden immer noch". Sie schien sehr erbost zu sein. "Die Leute reden immer.", entgegnete Mami. "Eloise, dein Vater will diese Angelegenheit ein für alle Mal aus der Welt schaffen." Ich biss mir auf die Lippen bis ich Blut schmeckte. Was wollte diese fremde Frau? "Ihr wollt mich umbringen?" Man hörte keine Angst in Mamas Stimme. Es klang lediglich wie eine Feststellung. "Wo ist sie?", entgegnete die Fremde. "Wo ist der Bastard, denn du geboren hast und damit all unser Leben zerstört hast?!" "Ihr wollt sie?" Die Stimme meiner Mutter war jetzt plötzlich nur noch ein Flüstern. Ich wollte schreien und weinen und meiner Mama helfen, doch ich war gelähmt vor Angst. "Ihr beide seid das Problem.", antwortete die fremde Frau.

"Wage es nicht, meine Tochter auch nur anzurühren." Die andere Frau lachte und ich bekam eine Gänsehaut. "Ihr Vater ist nicht mehr da, um euch zu beschützen und du hast alles für ihn geopfert." In diesem Moment flog die Haupttür auf und ich hörte schwere Schritte. "Eine Frau verdient kein Geld.", brüllte die Fremde und Männer fingen an zu lachen. "Haut ab.", schrie meine Mutter. Das Nächste was aus dem Entree zu hören war, waren die Schreie meiner Mutter. Ich schrie auch und robbte auf meinem Hintern Richtung Kellertür, weil ich vor Angst vergessen hatte, wie man lief. Sie töten sie, sie töten sie... Ich muss Hilfe holen. Schneller, schneller. Ich hörte Holz zerspiltern und fing an zu schreien...

2020

"Und beruhigt dich das? " Ich spürte seinen Atem auf meinen Lippen. "Mhmm", murmelte ich und lehnte mich gegen seinen Körper. "Ruby.", hauchte Rasmus, bevor er mich nochmal mit aller Wucht gegen die schmutzige Wand hinter mir drückte. Ich hatte fast Angst, dass diese mit ihren zahlreichen Rissen dem nicht standhalten würde. Er presste seine Lippen so schnell und fest auf meine, das ich gar keine Chance hatte mich dem zu widersetzten. Es war so falsch.. So schrecklich falsch, dachte ich mir. Doch im wahrsten Sinne des Wortes hatten mich seine Lippen gefangen. Im Gegenzug fuhr ich mit meinen Händen durch sein braunes Haar und sog dessen Duft ein. Für diesen Moment vergaß ich, wie falsch das alles war, wie sehr ich Frederick und meine Vergangenheit an diesem Ort spürte und wie heftig meine Haut hier prickelte, wie stark das Verlangen nach allem Abscheulichen war. Auch wenn ich im Grunde nicht "das" für Rasmus empfand, jemanden zu küssen wirkte auf den Körper immer schrecklich positiv. Seine Küsse gaben mir das merkwürdige Gefühl von Sicherheit. Wieso auch immer. Rasmus holte Luft und blieb trotzdem so nah wie möglich vor mir stehen. Ich lehnte mich vor und berührte sanft seine Unterlippe. "Ich liebe dich.", flüsterte ich und sah in seine braunen Augen, die in diesem nicht beleuchteten und engen Gang noch so viel dunkler wirkten. Die Worte waren heraus, bevor mir bewusst war, was ich eigentlich gesagt hatte. Ich hatte viel zu lange, viel zu vielen Menschen eine Beziehung und eine Liebe vorgelogen, dass ich kann nicht mehr darüber nachdachte, wenn ich die drei Worte sagte. Ich wollte es bei Rasmus aber nicht tun. Für einen kurzen Augenblick sah er mich an, dann wandte er schnell den Kopf ab und wirkte schrecklich verlegen. Jene Intimität von vorher war verschwunden. Eine peinliche Stille senkte sich über uns und er trat von mir zurück. Ich hatte das Talent, alles und jeden zu zerstören. Dieser Körper und Geist waren nicht mehr für Emotionen geschaffen. Ich besaß kein Feingefühl mehr.

Between You and HellOù les histoires vivent. Découvrez maintenant