2020..
Die Dunkelheit lichtete sich vor mir und ich trat aus dem schwarzen Nebel. Mit einem Knack-Geräusch trat ich auf eine alte Dose, die achtlos auf den Boden geworfen worden war. Ich schenkte dem keine Beachtung. Stattdessen regte ich mein Gesicht in Richtung Himmel, der an dem heutigen Tag genauso dunkel war, wie der Ort dem ich entstiegen war. Regentropfen prasselten mir ins Gesicht. Erst langsam und sanft, dann wurden sie stärker und kräftiger. Ein Donner grollte über mir, wie als eine Warnung. Das Ziehen in mir, das Vibrieren auf meiner Haut und das bodenlose Verlangen drohten mich zu überrollen. Ich hatten diesen Job eindeutig nicht vermisst. Du könntest umdrehen und gehen, hörte ich meine innere Stimme flüstern. Doch ich wusste ganz genau, das wäre keine Option. Ich hatte keine Wahl. Wie als hätte er mein Zögern gespürt, bekam ich pulsierende Kopfschmerzen. Sie dienten als eine Erinnerung....
"Ist schon fast erledigt.", murmelte ich leise mit einem kleinen Groll in der Stimme. Tief durchatmen, du hast schon wirklich alles gesehen, befahl ich mir. Langsam drehte ich meinen Kopf zu dem Haus hin, das ich die letzten Minuten versucht habe auszublenden. Ein Schauer durch fuhr mich, geführt von dem Pulsieren in meine Adern und das Prickeln der Haut. Mein Mund wurde staubtrocken. Jetzt wurde mir bewusst, wieso mir das Haus so eine Macht entgegen strahlte, wieso mein Verlangen so groß war. Diese Gebäude war nicht nur von einzelnen schwarzen Flecken umgebenen, die von einstigen Verbrechen oder Gräueltaten erzählten. Nein, dieses verdammte Haus ( im wahrsten Sinne des Wortes) war ein einziger schwarzer Klumpen. An manchen Stellen waren die Markierungen verblasster, aber immer noch viel zu gut zu sehen. Ich musste schlucken und meine aufkommende Übelkeit unterdrücken. Jedoch stach eine bestimmte Stelle heraus. Dort war das Schwarz noch ganz frisch. Ich fragte mich, ob wohl noch mehr hier passiert war, aber nur mit der Zeit vollständig verblasst war. Ahh, der Schmerz im Kopf durchzuckte mich wie ein Blitz. Hatte er wirklich nichts besseres zu tun?
Er musste wirklich scharf auf diese Seele sein. Ich blickte die kleine Gasse auf und ab, in der ich stand, um mich zu vergewissern, ob ich auch wirklich alleine war. "Gefühle sind jetzt fehl am Platz.", sagte ich mir und schloss die Augen. Mit einem Ruck stieß ich mich von dem dreckigen Pflaster ab und sprang durch den Regen, auf einen kleinen Vorsprung von einem Fenster. Ich vermied es mein Spiegelbild darin zusehen, die kalten gefühlslosen Augen. Ich schüttelte den Kopf und warf einen Blick nach unten. Vierter Stock, wenn ich fallen würde, hätte ich vermutlich ein paar Kratzer.
Ein Stöhnen holte mich zurück. Ich hätte auch keinen Blick durch das Fenster werfen müssen, um zu wissen, von wem der kam. Mein Hand wanderte zum dem Glas und kaum hatte ich es berührt, zerfiel es unter meiner Berührung wie Staub. Es klang jedoch ganz ähnlich wie der Regen. Ein schnelles Prasseln. Der Mann am Boden schaute auf. Er war über und über mit Blut beschmiert. An seinen Händen, in seinem Gesicht und seine Kleidung triefte fast. Er kniebelte in einer Blutlache. Mir drehte es den Magen um. Ein Schrecken trat in sein Gesicht und es war nicht zu übersehen, wie er sein Messer fester umklammerte.
Jetzt war ein furchteinflößender Auftritt gefragt. Sonst würde er wohl versuchen mich als nächste mit diesem Messer zu präparieren. Ich warf ein Blick auf die Uhr in der Wohnung. Noch 20 Minuten, das schaffte ich. Ich musste mir eingestehen, mein gefühlslose Ich hatte ja wirklich einen Sinn für schwarzen Humor. Ich streckte meine linke Hand aus und griff nach dem Regen. Die Tropfen stoppten abrupt in ihre Bewegung. Es war als hätte ich sie aufgefangen. "Ihr gehorcht jetzt mir", säuselte ich hinaus in das Wetter. Meine Hand schoss in Richtung Fenster, Regen und Wind drehten sofort und folgten ihr in die Wohnung. Der Wind ließ mein tief schwarzes Haar wehen, für das ich mich heute entschieden hatte und ich konzentrierte mich darauf, in meinen Augen das Feuer brennen zu lassen, indem seine Seele für immer verdammt sein wird.
Er schrie auf, als ich mit einer eleganten Leichtigkeit in das Zimmer gesprungen kam und schwarzer Nebel mich umwaberte.
Panik stieg in seine Augen und der Blick zuckte zwischen der offenen Tür und mir hin und her. Immer das Gleiche, dachte ich gelangweilt und schlenderte teilnahmslos durch die heruntergekommene Wohnung. Die schwarzen Schwaden bereiteten sich aus. Er rutschte auf den Knien durch die Blutlache und dann sprang er auf Richtung Tür. Wer hätte das gedacht. Mit einer einfachen Handbewegung von mir flog die Tür direkt vor seiner Nase ins Schloss. Der junge Mann keuchte auf und drehte sich langsam zu mir. Die Mordwaffe in seiner Hand zitterte gefährlich.
"Weeer bist du? Waass bist du?", stotterte er vollkommen schockiert. Ein dunkles Lachen stieg aus meiner Kehle. Er erstarrte in seiner Bewegung. "Was hat dir die Frau getan?" Mein Blick glitt zu der geschändeten Leiche am Boden. Keine Gefühle Annea, keine Gefühle.
Keine Antwort. "Wer hat sie geschickt? Sind sie von der..", seine Stimme brach ab. Ein erneuter kalter Laut von mir. "Der Polizei? ", lachte ich. "Sie könnten froh sein, wenn es so wäre." "Ich bin hier, um zu holen, was nun ihm gehört." Der Nebel stiegt auf zu mir und meine Augen spiegelten das Feuer. Wie ein Raubtier auf seine Beute, stürzte ich mich auf ihn. Es gab ein dumpfes Geräusch, als wir auf dem Boden aufschlugen. In der Blutlache.
Doch die Schreie seiner Seele waren viel lauter, so viel schlimmer, so grausam. Es war ein Meer aus Schwarz, als ich eintauchte. Ein Trümmerhaufen, aus Drogen und Alkohol. Ein langes Gespinst aus Depressionen und keine Liebe in Sicht, aus die der Frau, die er ermordet hatte. Jetzt wurde mir bewusst, wie so er so scharf auf diese Seele war. Für sie kam jede Hilfe zu spät.
Die wilden Bewegungen des Mannes unter mir, holten mich zurück. Seine Augen waren weit geöffnet, sein Blick voller Schrecken. Jedoch waren sie so leer, wie seine Seele. "Lassen Sie mich los!", schrie er und wendete sich unter mir. Jetzt oder nie. Ich schloss die Augen, spürte die aufwallende Macht in mir und dann presste ich seine Handgelenke auf den Boden.
Die Hölle, das Feuer und alles was ich daraus kannte, prasselte auf die gepeinigte Seele ein. Genauso wie der Ort, an den sie gelangen wird und dann entstand sie, die Markierung. Das Zeichen, dass die Seele für immer und ewig dem Teufel versprochen war. Meine Arbeit war vollbracht. Ich sprang auf und ließ den Mann am Boden liegen. Mein Hand schoss nach oben und mit einem lauten Geräusch sprang die Tür auf. Der Mann regte ich. Er hob seinen Kopf in meine Richtung. Zum letzten Mal ließ ich das Feuer brennen, der Nebel stieg auf und der Wind brauste durch die Wohnung.
Ich warf ein Blick auf die Leiche. Auch ihre Seele zeichneten dunkle Stellen, aber diese waren viel zu klein, um dafür zu brennen. Sie würde wo anders hinkommen. Und zwar schon bald. Ich hörte sie und spürte sie. Sie waren im Anflug und ich musste schleunigst hier weg. "Bis bald" zischte ich und der junge Mann sah mich ein letztes Mal an und ein perverses Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Ich hatte also Recht, die Seele eines Killer, eines Serienkillers. Er würde weiter morden...
Dreh dich um und gehe, befahl ich mir selber.
Ich ging noch ein paar Schritte Richtung Fenster, dann stieg hinaus. Das Dunkel folgte mir. Ich drehte der Wohnung den Rücken zu und schaute hinunter in die Stadt. In die vielen Lichter. Der Nebel umschloss mich, als ich von dem Vorsprung in die Tiefe sprang. Und dann hörte ich ihn.
Exzellente Arbeit, Annea. Wie immer. *kehliges Lachen*
"Raus aus meinem Kopf.", zischte ich.
Annea, Annea. Sei brav. Ich komme vorbei und hole dich. Heute ist eine so schöne Nacht...
Ich knurrte, dass der Nebel und die Zwischenwelt um mich herum erzitterten.
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Between You and Hell
FantasyDoch trotzdem entgingen mir die schwarzen Flecken nicht. Ich sah sie, bevor ich die Person wahrnahm. Ich spürte sie, es glich einem Vibrieren, einem stillen Verlangen. ___________________________________________ Annea hat für die große Liebe, ihre...
