Kapitel 31

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Ash und Caleb wollten allein mit ihrem Vater über unsere Erkenntnisse und das weitere Vorgehen sprechen, weswegen Nessa und ich uns in den Wagen setzten und nachhause fuhren. „Denkst du, er wird uns helfen?", fragte ich an meine Schwester gewandt, während das Auto scharf um eine Ecke bog und sie sich geschickt in den aufkommenden Feierabendverkehr der Kleinstadt einfädelte. Von überall tönte das aggressive Hupen gestresster oder genervter Fahrer und der Verkehr kam nur noch stockend voran.

„Ich weiß es ehrlich nicht. Wenn wir seine Unterstützung haben, haben wir gleichzeitig die Hilfe des gesamten Rudels. Aber Caleb hat recht, sein Vater ist wirklich stur, wir sollten uns also schonmal überlegen, was wir tun, wenn er uns seine Hilfe verweigert", seufzte sie und schlug entnervt auf das Lenkrad. Wir standen jetzt schon locker zwei Minuten auf der gleichen Stelle.

Da die Jungs heute wieder bei uns übernachten und zu Abend essen würden, hatte Dad uns nochmal losgeschickt, um die Zutaten für das heutige Abendessen im lokalen Supermarkt einzukaufen. Doch der Weg dorthin, der normalerweise höchstens zehn Minuten dauern würde, hatten wir erst nach einer halben Stunde hinter uns gebracht.

Der dämmrige Himmel von vorhin hatte sich nun in das schwarze Gewand der Nacht verwandelt, weswegen das grelle Neonschild des Supermarkts mich umso mehr blendete. Das Auto kam nahe dem Eingang zum Stehen und zusammen betraten wir das klimatisierte Innere des Ladens, das eher den Temperaturen Sibiriens ähnelte. Mal ehrlich, im Herbst war es viel zu kalt, um die Klimaanlage so aufzudrehen und im Sommer, wenn man die Kühle der brütenden Hitze der Außenwelt vorzog, war sie immer noch zu stark aufgedreht, sodass man sich jedes Mal eine Sommererkältung zuzog. Ein angemessenes Mittelmaß gab es irgendwie nie.

Wir teilten uns auf, um so wieder schneller heimfahren zu können, weswegen ich zum Gemüse ging, während Nessa sich in die fast schon arktische Ecke der Milchprodukte vorwagte. Sie hatte bei Schere-Stein-Papier verloren. Normalerweise wäre mir der blasse Junge nicht mal aufgefallen, wenn er mir nicht so auf die Pelle gerückt wäre, als ich einfach nur überlegte, welche dieser Kräuter denn jetzt Rosmarin war. Beim Kochen war ich einfach nur ein hoffnungsloser Fall.

„Du solltest dir besser überlegen, mit wem du dich abgibst", krächzte er mir ins Ohr, während er über meine Schulter nach einer Gurke griff, „nicht, dass es dich mit in den Abgrund zieht." Und damit war er verschwunden. Perplex starrte ich ihm nach, doch so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte ihn in dem spärlich besuchten Laden nicht mehr ausmachen. Seine dunkelbraunen Augen, die so dunkel waren, dass sie fast schwarz wirkten, gingen ir jedoch nicht aus dem Kopf.

„Muss Ash sich wegen potenzieller Konkurrenz Sorgen machen?", scherzte Nessa, die wohl ebenso schnell aus dem Nichts gekommen war, wie der komische Kauz verschwunden war. „Wegen dem? Wohl kaum!", stieß ich hervor und packte kurzerhand beide Kräuterbüschel ein, bei denen ich vermutete, dass es sich um die richtigen handelte und stapfte in Richtung Kasse davon. Weil so wenig Betrieb war, kamen wir zügig voran und traten nur wenige Minuten später wieder den Heimweg an, doch der komische Typ von eben spukte mir den ganzen Weg über noch im Kopf rum. Was wollte er von mir? Und was hatte seine kryptische Anmerkung zu bedeuten. Sollte ich sie mir überhaupt so sehr zu Herzen nehmen?

Calebs Wagen, mit dem die Jungs wohl gefahren waren, stand schon vor der Tür und erst der Gedanke an meinen Gefährten vertrieb die bizarren Gedanken, die selbst für mich keinen Sinn mehr ergaben. Ich hatte einen Entschluss gefasst und wurde zunehmend nervöser. Wir luden die Taschen aus dem Kofferraum und traten durch die Haustür, die uns freundlicherweise von unserem Vater aufgemacht wurde. Dieser wies die beiden anderen Lykaner an, uns die sperrigen Taschen abzunehmen und sie in die hell erleuchtete Küche zu tragen. Als Ash mir die Tüte von der Schulter nahm und mit schelmisch zuzwinkerte geriet mein Herz ins Stolpern, was ihn laut auflachen ließ. Verfluchtes Lykanergehör!

Torn between WorldsWhere stories live. Discover now