KAPITEL 27

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J I M I N

Ungewollt spürte ich die Wärme, während ich in Yoongis weichen Gesichtsausdruck sah, nachdem er die Worte aussprach, die ich nie
nie von ihm erwartete hätte. Das er nun so von mir dachte, brachte mir tatsächlich innere Wärme und ich fühlte mich plötzlich so wohl in meiner Haut, wenn auch nur für kurze Zeit. Von der Person, von der ich geglaubt hatte, sie wäre mein Feind, schien es langsam gar nicht mehr zu sein. Auch wenn es etwas ungewohnt war, war ich dankbar, solche Worte zu hören.

„Geht's?", fragte Yoongi nach einer kurzen Stille, indem er seine freie Hand zu mir ausstreckte und mich mit einem leichten Lächeln ansah, welches so verdammt schön in seinem Gesicht aussah. Doch, so wie sonst auch, konnte ich es mir nicht beruhigt ansehen, wenn ich wieder daran dachte, wie ich gerade gegenüber von ihm saß. Erneut schwach und lächerlich, wie zuhause sonst auch. Ich wollte niemals, dass mich so jemand sah und erst recht nicht Yoongi, welchen ich nicht leiden konnte und welcher mich nicht leiden konnte. Schwach war ich schon zuhause, dass musste nicht noch auch in der Schule sein.

Etwas unbeholfen zog ich mich also etwas an der Wand hoch, welche ich als Abstütze verwendete und zu Yoongi sah, welcher sich in eine stehende Position begeben hatte. Leicht besorgt sah er mich an und war jederzeit dazu bereit, die Arme auszustrecken, hielt sich jedoch bewusst zurück. Ich nickte nur, ließ mir meine Wasserflasche geben und schwankte leicht Richtung Waschbecken, an welchem ich mich abstützte und meine Ärmel hochzog. Doch ungünstig wie die Situation nun einmal war, hatte ich komplett vergessen, was sich unter meinen Ärmel befand. Mit einer hochkommenden Panik, die unangenehm zu kitzeln anfing, wollte ich meine Arme wieder bedecken, jedoch Yoongi anscheinend vorgehabt hatte, mein Tun schräg hinter mir zu beobachten.

Schon fast mit ertappten Gesichtsausdruck und einem unnormal pochendem Herzen blickte ich durch den Spiegel zu Yoongi, welcher schon skeptisch auf mich zu kam, mich davon abhielt die Pulloverärmel runterzuziehen und meinen Arm in seiner Hand in alle Richtung zu drehen anfing, als würde er eine Analyse durchführen.
Anschließend hielt er inne, blickte zu mir auf und sah mich unsicher an. „War..war ich das?" Nervös biss er sich auf die Lippen, mein Arm fing in seiner Hand ungewöhnlich an zu kribbeln, weshalb ich ihm diesen entzog und meine Hände bei laufendem Wasser ins Waschbecken hielt. Währenddessen stand Yoongi daneben und sah mich wartend und zugleich fragend an. Mit nassen Händen lief ich zum Papierspender, zog mir einige hinaus und trocknete meine Hände ab. Yoongi war mittlerweile wieder auf mich zugekommen.

„Jim-", „Nein, du warst das nicht." Yoongi presste Seine Lippen unsicher zusammen. „Was ist dann passiert? Dein Arm sieht wirklich nicht gut aus." Ich seufzte, ich brauchte kurz die Zeit, um über eine plausible Ausrede nachzudenken. „Ich..hab mich einfach nur in der Autotür eingeklemmt, nichts interessantes." Nun seufzte Yoongi einmal und sah nach hinten auf die Uhr, die über der Toilettentür hing. „Es klingelt gleich, wir sollten..", fing er an, ehe er die Tür aufzog und wir gemeinsam auf den leeren Gang traten.

Yoongi lief neben mir, wodurch ich schon fast seinen Blick auf mir spüren konnte. Doch ich versuchte mich nicht zu sehr beobachtet zu fühlen und tat so, als würde ich es gar nicht merken. Beim Betreten der Bibliothek klingelte die Schulglocke, wodurch uns wenige Schüler schon entgegenkamen. Wir liefen weiter zu unserem Tisch, packten unsere Sache zusammen und machten uns dann mit langsamen Schritten auf den Weg nach unten, um das Schulgebäude zu verlassen.

Neben dem grauen Schultor blieben wir in bedrückender Stille stehen. „Brauchst du..vielleicht Hilfe? Soll ich dich nach Hause begleiten?", fragte Yoongi und sah mich abwartend an. Ich fand es ja ganz nett, dass er an mich dachte, doch der Fakt, dass wir nicht mal wirklich was miteinander zu tun hatten, außer uns irgendwelche doofen Wörter an den Kopf zu werfen, wollte ich nicht, dass man meine jetzige Familienlage mitbekommen würde. Allein die Fragen, ob er mich begleiten sollte, waren mir schon unangenehm und peinlich zu gleich. Ein Glück, dass ich nicht vollkommen in Tränen ausgebrochen war.

„N-nein, geht schon. Danke", brachte ich mit zitternder Stimme heraus und zog den Reißverschluss meiner Jacke bis hoch zu meinem Hals. Yoongi beließ es mit einem Abwinken, ehe er einmal zum Abschied nickte und in die entgegengesetzte Richtung lief. Ich machte mich nach kurzem nach blicken auf die andere Straßenseite und trat meinen eigenen nach Hause weg an. Ich verlor mich in meinen Gedanken, welche mich nicht interessieren sollten, denn sie gingen plötzlich um Yoongi. Wie er mir half, mich fragte ob ich Okay war und mir anbot, mich nach Hause zu begleiten. Er war wie ausgewechselt und es blieb nichts mehr von dem ernsten Jungen von vor einer Woche übrig.

Vielleicht war es auch einfach nur Nächstenliebe und nicht, weil ich es war, denn würde Yoongi wissen, dass ich insgeheim auf das selbe Geschlecht stand, dann würde er bestimmt noch schlimmer von mir denken, als er es davor schon tat. Auch wenn wir zurzeit netter miteinander umgingen, wollte ich nicht, dass Yoongi irgendwas von mir erfuhr, was er dann gegen mich verwenden konnte.

Ich musste versuchen, so gut es ging, ihm aus dem Weg zu gehen und strenger werden, wenn er kurz davor war, mir wieder zu nahe zu kommen. Zwar hatte sich mein Bild von Yoongi ein Stück ins positive verändert, doch das hatte ja nichts zu bedeuten. Wir waren nur Klassenkameraden und am Nachmittag Lehrer und Schüler, was auch so bleiben sollte. Weitere Fehltritte oder Aktion von meiner Seite sollten nicht mehr vorkommen, und wenn, dann nur wenn Yoongi nicht anwesend war.

Von den ganzen Gedanken, bemerkte ich gar nicht, wie ich an meinem Haus schon angekommen war. Ich schlich wie sonst auch immer durch den Vorgarten zu den Treppen nach oben. Öffnete leise die Tür und horchte einmal, bevor ich aus meinen Schuhen schlüpfte und sie in das leere Regel von Schuhen stellte. Anscheinend waren meine beiden Eltern nicht zu Hause, was mich kurz beruhigt aufatmen ließ und ich in mein Zimmer verschwand. Dort stellte ich meinen Rucksack vor meinem Bett ab, ließ mich in die Kissen fallen und legte meine Hand neben meiner Stirn ab, um die erneut aufkommenden Kopfschmerzen zu dämpfen.

Ich fing an, immer ruhiger zu werden und spürte wie meine Muskeln anfingen sich zu entspannen, weshalb ich irgendwann einfach einschlief und wenige Stunden später aufwachte. Doch nachdem ich mich erhoben hatte und vor Panik auf die Uhr gesehen hatte, welche mir um acht anzeigte, fühlte ich mich keineswegs ausgeschlafen, sondern noch müder als zuvor. Also schlüpfte ich in meine Schlafsachen, machte mich im Badezimmer bettfertig und legte mich unter meine Decke, in welcher ich nach langem Zögern und mit einem starren Blick auf die Tür, erneut einschlief.

𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀  / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜Where stories live. Discover now