Kapitel 23 - Die beste Behandlung

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Ich war im Krankenhaus, als ich Sasuke Uchiha das nächste Mal vor mir hatte.
Es waren zwei Wochen seit dieser einen Nacht vergangen, in der Ino und ich mit zwei fremden Männern und Sasuke in der tiefen Dunkelheit auf einer schwach beleuchteten Rasenfläche gestanden und gebetet hatten, sie würden uns nicht töten. Das 'Gespräch' das ich danach mit Sasuke hatte führen wollen, war schon nach etwa fünf Minuten beendet gewesen. Ich wusste nicht mal mehr wie es dazu gekommen war, dass wir uns nur noch angeschrieen hatten, doch ich vermutete, dass ihm nicht gepasst hatte, dass mir nicht gepasst hatte, dass seine gesamte Baugesellschaft aus Kriminellen bestand. Ino hatte mich irgendwann aus seiner Wohnung schleifen müssen, weil ich ihm sonst wer weiß was angetan hätte und seitdem hatte es keine Nachrichten oder Anrufe oder schummerige Treffen um Mitternacht mehr gegeben.
Jetzt saß Sasuke starr geradeaus schauend auf einem Krankenbett und ließ die Beine baumeln.
"Was um alles in der Welt machst du hier?" Meine Stimme nahm eine gewisse unterschwellige Aggressivität an, die ihn aufschauen ließ.
"Sieht man das nicht?", brummte er.
"Vielleicht kann ich nur einfach nicht glauben, dass du hier im Krankenhaus bist.", erwiderte ich genau so schnippisch und sah runter auf meine Akten.
Einen Moment lang blieb er still, dann räusperte Sasuke sich. "Mein Arzt hat gekündigt."
Ich schnaufte. "Dann sollte ich mich also glücklich schätzen, dass du nicht auf meiner Couch sitzt."
"Würdest du jetzt endlich die Wunde nähen oder willst du mich aus Rache verbluten lassen?", sagte er schließlich und verschränkte die Arme vor der Brust. Die ruckartige Bewegung ließ ihn zur Unterstreichung schmerzhaft aufzischen und ich verdrehte seufzend die Augen.
"Von so einer kleinen Schnittwunde stirbst leider nicht so schnell." Ich nickte auf seinen Unterarm, an dessen Unterseite sich eine ziemlich deutliche Wunde auftat. Sein weißer Hemdsärmel war getränkt mit Blut, doch die einzigen Sorgen, die ich mir machte, waren dass ich meine verdammte Zeit mit so einer Kleinigkeit verschwendete. Ich war Chirurgin und den Schnitt hätte jede Hausfrau zusammennähmen können.
Ich füllte noch schnell meinen Bericht weiter aus, vielleicht ließ ich ihn auch extra noch etwas zappeln, doch dann wurde Sasuke wirklich ungeduldig.
Er seufzte ebenfalls und versuchte irgendwie sich abzulenken, doch schlussendlich riss sein Geduldsfaden. "Muss ich mich erst selbst nähen?"
In genau diesem Moment wurde der Vorhang aufgerissen und eine Schwester trat ein, die Sasuke mit einem besonders netten Lächeln ansah. Ich hätte kotzen können. Natürlich nicht, weil ich eifersüchtig war, sondern weil keiner seiner treuen Fans ihn wirklich kannte. Er sah gut aus, das konnte nicht mal ich bestreiten, aber wenn ich dem armen Mädchen hier auch nur die Hälfte der Dinge erzählt hätte, die in den letzten Wochen zwischen uns geschehen waren, hätte sie schreien die Polizei gerufen.
Ich sah die zukünftige Ms Uchiha mit verzogenem Gesicht an, doch bis sie sich endlich dazu herabließ mich eines Blickes zu würdigen, war ich einfach nur noch wütend. "Wofür bin ich hier?" Ich gestikulierte auf Sasukes Arm. "Das hätte jeder Praktikant machen können."
"Mr Uchiha ist ein großzügiger Blut- und Geldspender. Die Krankenhausleitung will nur die beste Behandlung für ihn.", erklärte die Schwester und in ihrer Stimme war nichts mehr von der Freundlichkeit, die sie anscheinend nur Sasuke gegenüber äußern wollte.
"Na, sie scheinen die beste Behandlung ja schon im Kopf zu haben.", sagte ich. "Übernehmen sie doch die Versorgung des Patienten, Schwester, und bestellen sie mich erst wieder hierhin, wenn er tot ist." Ich drehte mich um und hatte den Vorhang schon in der Hand, blieb aber in der Bewegung stehen, als er erneut sprach.
"Willst du gar nicht wissen, wie es zu der Wunde kam?", fragte Sasuke.
Natürlich wollte ich das. "Nein, kein Interesse."
"Ich hab dafür umso mehr Interesse.", entgegnete die Krankenschwester lachend. Das war dann wohl mein Stichwort zu gehen.
Doch leider kam ich keinen Schritt weit, bis Sasuke die nächste Taktik anwendete, um mich ja in der Notaufnahme festzuhalten. "Treiben sie viel Sport, Schwester? Ich kenne da eine Adresse-"
"Raus." Ich hatte gar nicht vor gehabt, meine Stimme so bedrohlich klingen zu lassen, doch die junge Frau sah mich nur völlig verdutzt und ein wenig angsterfüllt an, bevor sie das Weite suchte. Als ich das nächste Mal sprach, sah ich Sasuke direkt an. "Was willst du von mir?"
"Ich kann dich seit zwei Wochen nicht erreichen." Er passte sich der Kälte in meiner Stimme an. Jetzt hatte er nichts mehr von 'die Beine baumeln lassen' und 'mit der Schwester flirten'. Jetzt war er der gewissenlose, gefährliche Mann, der in Schießereien verwickelt war und sich in Dunkeln Ecken mit seinen kriminellen Freunden traf. Wenn dieser 'normale' Sasuke, den ich aus der Schule kannte, zu lange vor mir saß, konnte ich manchmal glatt vergessen, dass da auch noch diese andere Seite an ihm war. Es jagte mir einen Schauer über den Rücken, doch ich behielt mein Poker-Face aufrecht.
Stimmt, ich hatte ihn überall blockiert, deswegen hatte ich nichts mehr von ihm gehört.
Ich räusperte mich. "Dann liegt das vielleicht daran, dass ich nicht von dir erreicht werden will. Mal daran gedacht?"
Er schwieg wieder einmal und sah zu Boden, dann trafen sich unsere Blicke. "Ich dachte, du wärst tot."
Er glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich ihm das abkaufe, dachte ich und verschränkte selbst die Arme vor der Brust. "Wie du siehst, bin ich sogar ziemlich lebendig."
"Ich wäre fast zu ihm gegangen und hätte ihm den Kopf abgerissen." Er sprach von dem Typen, der Ino und mich damals angemacht hatte, da war ich mir ziemlich sicher, doch besser machte es die Geschichte nicht.
"Warum hast du das nicht? Wäre interessanter als eine Schnittwunde.", gab ich zurück und Sasuke... schnaubte? Lächelte? Ich erstarrte für einen Moment.
"Ich war da, aber sie waren in der Überzahl und... jetzt bin ich hier." Demonstrativ hielt er seinen Unterarm hoch und kopfschüttelnd kam ich auf ihn zu, um das Blut abzuwischen und den Schnitt zu desinfizieren. Erstmal musste ich einen groben Überblick über die Wunde bekommen, bevor ich sagen konnte, ob es wirklich genäht werden musste oder ein Pflaster reichte.
"Und dir ist nicht in den Sinn gekommen Ino oder Naruto zu fragen, ob ich noch lebe? Bist du wahnsinnig?", zischte ich, während ich grob seinen Arm verarztete. Meine Sanftheit, die ich 'richtigen' Patienten zukommen ließ, hatte er sicher nicht verdient.
"Ich würde es eher impulsiv nennen-"
Ich sah hoch und ihm direkt in die Augen. Wir waren uns näher gekommen, als ich im ersten Moment angenommen hatte. "Dumm.", erwiderte ich mit fester Stimme.
"Unbedacht-"
"Vollkommen idiotisch."
"Übereilt." Und bevor ich ihm erneut widersprechen konnte, lagen seine Lippen schon auf meinen und ließen jedes Wort verstummen, dass ich noch hätte äußern können.

Swot! II - Die Ruhe vor dem Sturm Where stories live. Discover now