16 ~ Drama

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Die Sonne schien von einem wolkenlosen, strahlend blauen Himmel und wir hatten eine sensationelle Aussicht, aber die Stimmung war komplett gekippt. Unser Frühstück verlief schweigend. Das machte mich traurig, denn so eine peinliche Stille hatte es bisher zwischen uns nicht gegeben.

Als wir wortlos den Tisch abräumten und die Sachen in die Küche trugen, meldete sich mein schlechtes Gewissen. Heute Nacht hatten wir zusammen in einem Bett geschlafen und das hatte sich richtig gut angefühlt. Außerdem hatte er sich so viel Mühe mit dem Frühstück gegeben. Und nun endete alles auf einem derartigen Tiefpunkt.

Ohne mich eines Blickes zu würdigen begann David damit, das Geschirr abzuspülen. Ich schnappte mir ein Tuch und trocknete ab. Wir waren schon fast fertig, als ich plötzlich das schreckliche Gefühl hatte, dass mir die Zeit davonlief, um die Missverständnisse zwischen uns doch noch zu klären. Anschließend würde ich nach Hause fahren, und vielleicht würde es nie wieder eine Gelegenheit dafür geben. Also kratzte ich all meinen Mut zusammen, fasste mir ein Herz und fragte vorsichtig: »Sind wir noch Freunde?«

Er erstarrte, doch nach einem kurzen Moment nickte er. Allerdings ohne mich dabei anzusehen. Trotzdem atmete ich erleichtert auf.

»Da bin ich echt froh. Ich hätte es wirklich sehr schade gefunden, wenn du mich jetzt in der Schule wieder ignoriert hättest.«

»Keine Sorge, ich habe inzwischen eingesehen, dass das nicht der richtige Weg war.« 

Mit diesen Worten drehte er sich um und stand plötzlich direkt vor mir. Er war so nah, viel zu nah und diese Nähe wurde mir mit einem Mal unerträglich, denn mein Körper, der anscheinend in letzter Zeit ein Eigenleben entwickelt hatte, sehnte sich danach, ihm noch näher zu kommen. Ich konnte mich im letzten Moment davon abhalten, einen kleinen Schritt auf ihn zuzugehen und meine Arme um seinen Hals zu schlingen.

Stattdessen drehte ich mich schnell weg und hatte es sehr eilig, zur Heizung zu laufen, um mein Geschirrtuch dort zum Trocknen aufzuhängen. David sah mir mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck hinterher.

»Dann hast du also vor, heute Abend Tim Ritter abzuschleppen?«, fragte er beiläufig, den Blick nun wieder auf die Arbeitsplatte gerichtet, die er gerade ausgesprochen gründlich abwischte. In Sachen Putzen hatte er eindeutig Fortschritte gemacht.

Ich blinzelte überrascht. Wie kam er plötzlich auf dieses Thema? Was meinte er überhaupt mit abschleppen? Ich hatte nicht im Entferntesten vor, heute mit Tim gleich sonst was zu tun. Und David und ich nannten uns jetzt zwar Freunde, aber ging ihn das wirklich schon etwas an? 

Nein. Ganz eindeutig nicht.

»Sorry, so was bespreche ich höchstens mit meiner besten Freundin«, entgegnete ich lässig.

Er zuckte mit den Schultern. »Also ich habe kein Problem damit, dir als einer Freundin zu erzählen, dass ich heute Abend wahrscheinlich auch jemanden abschleppen werde«, informierte er mich noch lässiger.

Ich glaubte, mich verhört zu haben. Denn das, was er da so locker-flockig von sich gegeben hatte, gefiel mir ganz und gar nicht.

»Hältst du es echt für eine gute Idee, dich nach zwei Jahren Einsiedlerleben heute sofort auf das erste Mädchen zu stürzen, das nicht bei drei auf dem Baum ist?«, purzelten da auch schon ungebremst die Worte aus meinem Mund, die ich mir eigentlich hatte verkneifen wollen. Aber irgendwie ging das nicht. Stattdessen setzte ich noch einen drauf. »Und das gleich am ersten Abend?«

Meine Finger trommelten nervös auf der Arbeitsplatte herum, gleichzeitig bildete sich ein seltsamer, harter Klumpen in meinem Magen. Der Gedanke, dass er mit einem anderen Mädchen das tun würde, was er gestern mit mir auf dem Sofa gemacht hatte, fühlte sich absolut grauenhaft an.

Entscheide dich, Schneewittchen! ✓Where stories live. Discover now