Kapitel 2b

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„Denkst du wirklich ich würde das tun?", ruft auch Leander wütend und springt auf.

„Ja, das glaube ich. Du tust alles, um mir das zu nehmen, was ich liebe", speit Beynon und die beiden schauen sich wütend in die Augen. Ich streiche mir die Tränen aus den Augen und trete auf die beiden zu. Wenn der König von der Flucht weiß, ist es egal von wem. Die Schuld liegt am Ende bei mir, weil ich die Entscheidung getroffen habe zu fliehen. Ich habe mir auf dem Weg zurück zum Palast etwas versprochen, nicht länger meine Mutter, meinen Bruder oder Kian in Gefahr zu bringen. Es ist Zeit, die Situation anzunehmen und mich ihrem Willen zu beugen. Ich lege je eine Hand auf ihre Schulter und sie drehen sich zu mir um.

„Es ist egal, wer es war. Er weiß es und ich muss die Konsequenzen tragen. Also bringt mich zu ihm, bevor es noch schlimmer wird", sage ich paradoxerweise ruhig. Überrascht schauen mich die Brüder an. Von dem aufgelösten Mädchen von gerade eben, ist nichts mehr zu sehen.

„Emmelin, ich weiß nicht, ob...", beginnt Beynon, aber er weiß genauso gut wie ich, dass es keine Wahl gibt. Ich muss zu ihm gehen, ich muss die Strafe auf mich nehmen, ich muss das für meine Familie tun. Ich unterbreche ihn mit einem Kopfschütteln.

„Ich muss!", sage ich streng und reiße Kian mit meinen Worten aus seiner Trance. Der augenblicklich aufspringt und zu mir eilt. Meine Mutter hingegen starrt immer noch überwältigt zu uns.

„Ich komme mit", sagt er streng und fest. Die Brüder schauen sich kurz an und dann zu uns. Kian an meiner Seite gibt mir Kraft und ich spüre wie das Zittern von mir abfällt. Ich spüre, dass ich ihn bei mir brauche, um das zu überstehen. Er nimmt meine Hand und drückt sie feste. Zum ersten Mal bedeutet diese Geste mehr als nur Hilfe, sie zeigt mir seine Unterstützung und Liebe. Wie die eines großen Bruders. Kian ist mein großer Bruder! Hallt es in dem Moment durch meinen Kopf und die restliche Angst fällt von mir ab.

Erhobenen Hauptes folgen wir den Brüdern. Beynon dreht sich immer wieder besorgt zu mir um. Mit Kian an meiner Seite werde ich es schaffen. Als wir vor der Türe zum Arbeitszimmer des Königs stehen, atme ich noch einmal tief durch.

„Ich bleibe bei dir, egal was passiert", flüstert mir Kian zu und ein breites Grinsen legt sich auf mein Gesicht. Wie konnte ich es nicht bereits früher sehen? Seine Augen! Dieselben meiner Mutter und dieselben aus meiner Erinnerung. Sie waren die ganze Zeit vor mir und ich habe es einfach nicht gesehen. Dieses smaragdgrün, das gleichzeitig moosgrün ist.

Mit einem Ruck öffnet Leander die Tür und wir treten in den Raum. Der König sitzt über seinem Schreibtisch gebeugt, vertieft in ein Dokument. Ein weiterer Moment verstreicht bis er zu uns aufblickt. Zu meiner Überraschung liegt keine Wut in seinen Augen, kein Hass. Im Gegenteil seine Miene ist beinah neutral, so wie es Leanders meistens ist. Ist das die Ruhe vor dem Sturm? Rätselt mein Verstand.

„Prinzessin, wie ich sehe, hast du heute deinen Bruder mitgebracht", sagt er trocken. Erschrocken schaue ich zu Kian. Ein Schleier wird von mir genommen. Prinzessin. Er nannte mich bereits die ganze Zeit, Prinzessin. Ich dachte es ist, weil ich seinen Sohn heiraten soll. Jetzt wird mir bewusst, weshalb er mich so nannte. Jedes Mal, wenn er drohte meinem Bruder etwas anzutun, sprach er von Kian und nicht Willy. Willy. Er ist mein Halbbruder! Schießt es durch meine Gedanken, aber ich kann mich nicht damit beschäftigen und verdränge ihn für den Moment.

Der König drängt hinter dem Schreibtisch hervor und kommt mit verschränkten Armen auf uns zu gestampft. Seinen Schritten zu urteilen, hat er heute nichts getrunken und ebenfalls weht mir keine Alkoholfahne entgegen, weshalb ich erneut erleichtert durchatme. Er stellt sich zwischen seine Söhne und somit mir gegenüber. Sein Blick entgegnet mir eindringlich, doch ich werde aus ihm nicht schlau. Er wirkt genervt, aber nichts was annähern an die Rage herantritt, die meine Flucht bei ihm auslösen sollte.

Der Fluch (Merahs Fluch 3)Where stories live. Discover now