Kapitel 34

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Nachdem ich die Wasseroberfläche berührt habe und untergetaucht bin, dauert es etwa fünf Sekunden, bis mein Körper sich verändert. Ich genieße die Strömung, die mich umgibt. In Flüssen zu schwimmen mochte ich immer am meisten. Das Wasser ist nicht ruhig, es fordert einen Schwimmer heraus, als würde es versuchen, mit ihm zu spielen. Ich weiß, das viele meiner Artgenossen ruhige Seen oder tiefe Meere bevorzugen, doch mich haben wilde Flüsse immer am meisten begeistert.

Deshalb bleibe ich auch eine Weile unter Wasser. Ich möchte den Moment genießen, denn hier fühle ich mich wohl. Erst als jemand neben mir ins Wasser springt und ich den Höllenhund erkenne, der unbeholfen mit den Armen rudert, tauche ich wieder auf. Der Mann versucht vergeblich, sich über Wasser zu halten - offensichtlich ist er kein sehr guter Schwimmer. Zu seiner Verteidigung muss ich sagen, dass die Strömung viel stärker ist als man von der Oberfläche aus vermuten würde.

Ich schwimme das kurze Stück zu dem Höllenhund und greife ihm unter die Arme, wortwörtlich. Meine Schwanzflosse hat genug Kraft, um mich und den Mann über Wasser zu halten. Das erleichterte Luftschnappen verrät mir, dass der Höllenhund tatsächlich geglaubt hatte, gleich zu ertrinken.

Mit kräftigen, schnellen Schwimmbewegungen bringe ich den Mann ans andere Ufer und helfe dann dem Drachen, der sich zwar besser anstellt als der Höllenhund, aber trotzdem sehr langsam vorankommt. Als sie beide am rettenden Land sind, atmen sie erstmal tief durch, ehe der Drache sich aufrappelt und mir seine Hand entgegen streckt. Ich weiß, er will mir helfen, an Land zu kommen, denn in meiner momentanen Gestalt würde ich das alleine kaum schaffen, aber ich zögere.

Der Drache bemerkt das natürlich und lässt seine Hand mit einem wissenden Lächeln wieder sinken.
„Du willst lieber im Fluss bleiben?", vermutet er und ich nicke.
„Ich möchte euch nicht im Stich lassen, aber ich denke, hier bin ich sicherer. Ich folge dem Fluss. Wenn ich Glück habe, mündet er irgendwo in ein Meer oder sogar einen Ozean." Und von dort könnte ich hin, wo auch immer ich will. Die Jäger können mir nicht über den ganzen Planeten folgen. Ich kann mir einen Ort suchen, weit weg von hier, an dem ich neu anfangen kann.

Der Drache scheint zu verstehen, was ich meine. Er neigt den Kopf, als würde er meine Entscheidung akzeptieren, das Lächeln trägt er dabei noch immer auf den Lippen.

Mittlerweile hat sich auch der Höllenhund erholt. Er richtet sich auf, hält aber großzügig Abstand zu dem Fluss. Ich kann es ihm nicht verübeln. Auch wenn er nichts sagt, sehe ich in seinen Augen Verständnis und Dankbarkeit.

„Passt auf euch auf", sage ich. Ich habe die beiden ganz gern gewonnen und ich wünsche ihnen alles Gute auf ihrem Weg.
Als ich mich abwende, um davon zu schwimmen, sehe ich gerade noch, wie beide ihre Hand heben und mir zum Abschied winken. Sie werden mir tatsächlich fehlen, auch wenn ich sie nur kurz kannte.

„Auf Wiedersehen, kleine Meerjungfrau", höre ich es rufen. Ob es nun der Drache oder der Höllenhund war, kann ich nicht sagen, doch es macht mich glücklich. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht tauche ich unter und von der Strömung getragen, schwimme ich davon.

- Ende -


Gejagt - eine interaktive GeschichteWhere stories live. Discover now