11. Kapitel - Violet

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Violet Elaine Craig 

Ich bin unendlich dankbar, dass Tristan den ganzen Tag bei mir geblieben ist. Nachdem ich am Dienstag keinen Termin mehr bekommen habe, bin ich am Mittwoch gleich morgens hin gegangen. Es war eine schlechte Idee, danach noch in die Schule zu kommen. Ich hätte nach dem Ergebnis nach Hause gehen und mich beruhigen sollen, aber da wäre ich Gefahr gelaufen, meinen Eltern zu begegnen. Das wäre noch schlimmer gewesen, als in der Schule ein bisschen Aufmerksamkeit zu erregen.

>Hey<, flüstert Tristan leise, streicht sanft über meinen Rücken. Er hat mich heute Morgen abgeholt und in die Schule gebracht. Weiter, als bis zum Schultor, habe ich es aber nicht geschafft. Dort starre ich auch angestrengt auf den Boden, um nicht gleich das Weite zu suchen. Das alles ist noch ganz frisch und ich will nicht darüber reden, aber ich muss. Das Kind ist von Luca, er ist der Vater und er muss es wissen. Abgesehen davon würde es nichts bringen, es ihm zu verschweigen oder ihm erst später davon zu erzählen. Am Ende findet er es noch selbst raus und das würde ihn verletzten. Das will ich natürlich auch nicht, nur macht es diesen Schritt nicht leichter.

>Er ist da, oder?< Ich klinge wie ein kleines Kind und nicht wie eine Neunzehnjährige, die wegen einer Schwangerschaft mit ihrem Freund sprechen muss. Gestern war er wohl beim Arzt, hat sein Handgelenk röntgen lassen. Jetzt hat er eine Schiene, aber er müsste trotzdem in die Schule gekommen sein. Ich bete, dass er da ist, gleichzeitig aber auch, dass er nicht hier ist. Dann hätte ich noch einen Grund es wenigstens auf heute Nachmittag zu verschieben.

>Ja, ist er. Und er wird dir keinen Antrag machen, aber er ist auch kein Arschloch<, versucht er mich aufzumuntern, dabei ist er selbst nervös. Von Tina fehlt nämlich jede Spur und er will unbedingt mit ihr reden, sobald das mit mir und Luca geklärt ist. >Er mag dich<, versichert er mir, ich beiße die Zähne zusammen. Das weiß ich, sonst wäre ich schließlich nicht mit ihm zusammen. Ich habe nur Angst vor seiner Reaktion und vor dem, was er sagen wird. Wie ich ihn kenne, wird er gar nicht darüber nachdenken und mir empfehlen es abzutreiben. Oder er hält das alles für einen Scherz, was unweigerlich zu einem langen, unangenehmen Gespräch führen würde. >Wie sehr weiß nur er, aber er wird dir helfen eine Entscheidung zu treffen und ich bin auch noch da.< Ich weiß, dass er mich nur aufmuntern will, aber das macht es irgendwie nur schwerer, mich dem Gespräch zu stellen. Das alles ist auch so schon schwer genug, aber ich kann Luca nicht außenvor lassen.

Sanft erhöht er den Druck an meinem Rücken und ich gebe ihm nach, gehe langsam auf Luca zu. Um nicht zu stolpern und auch ein bisschen, um mich zu beruhigen, sehe ich auf, suche den Hof nach ihm ab. Er steht in der selben Ecke wie immer, lacht mit Sam und vom Fußballteam sind auch noch vier andere da. Mehr als sonst. >Nicht langsamer werden<, sagt er lächelnd, schiebt mich weiter, auch wenn ich das nicht will. Mir ist übel, so aufgeregt bin ich. Luca sieht uns, sein Blick ist erst auf mich, dann misstrauisch auf Tristan gerichtet. Ich will einfach nur, dass es schon vorbei ist, er von allem weiß und er mich tröstet. Er soll mich fest in seine Arme schließen und mir sagen, dass alles gut wird.

>Komm mal her<, bittet er Luca für mich und dann endlich darf ich stehen bleiben. Trotzdem kommt er mir Schritt für Schritt näher und mein Herz schlägt immer schneller. Ich kann es ihm einfach nicht sagen. Er wird sauer auf mich sein.

Meine Gedanken sind nicht normal, das weiß ich. Ohne einen nennenswerten Grund gebe ich mir die Schuld, glaube wirklich, dass er sauer wird, dabei ist niemand schuld. Für manche Sachen gibt es einfach keinen Schuldigen. Nur hören meine Gedanken aktuell nicht auf mich.

>Macht ihr es jetzt offiziell?< Verwirrt starre ich zu Luca hoch, welcher bei uns angekommen ist, aber nur Tristan anstarrt. Angriffslustig und herablassend.

Zu 0,05% schwangerWhere stories live. Discover now