Kapitel 3

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Gebratene Eier mit Speck – und ein Glöckchen.

Ja, der Geruch nach gebratenen Eiern mit Speck war es, der sich in Nivias Unterbewusstsein fraß und sie zusammen mit dem kaum hörbaren Klang eines Glöckchens aus dem Land ihrer Träume führte.

Sie blinzelte gegen die Helligkeit ihrer Umgebung an und gab ein schmatzendes Geräusch von sich, als sie ihren Kopf vom Fensterbrett hob. Mit der Hand massierte sie ihren Nacken.

Ein Scheppern aus der Küche ließ sie endgültig die Augen öffnen. Aber es war nicht Tidus, der sie mit seinen Taten geweckt hatte, denn dieser lag zusammengerollt noch immer vor dem Kamin und schnarchte für einen kleinen Jungen erstaunlich laut vor sich hin.

Nivia linste über ihre Schulter, doch bestätigte ihr dies nur, dass sie und Tidus nicht mehr alleine in der Hütte waren. Auch wenn alles darauf hinwies, dass diese Baracke schon lange nicht mehr bewohnt war, so musste sie sich eingestehen, dass sie sich scheinbar geirrt hatte. Ganz zweifellos hantierte jemand hinter ihr in der Küche herum.

»Wer bist du?«, krächzte sie, während sie einen Satz in Richtung Kamin machte.

Der Rotschopf zu ihren Füßen hielt mitten in der Bewegung damit inne, eine Scherbe vom Boden aufzusammeln. Langsam hob er den Kopf und fixierte erst Nivia mit seinem Blick und dann den Schürhaken, den sie sich geschnappt hatte und mit dem sie ihn nun auf Abstand hielt.

»Das ist ja mal etwas ganz Neues«, murmelte er vor sich hin. Dann ließ er den Kopf wieder sinken und las schweigend und in unerschütterlicher Ruhe jede weitere Scherbe auf.

Nivia umkreiste ihn mit vorsichtigen Schritten, den Schürhaken weiterhin auf ihn gerichtet, ehe sie ihre Frage wiederholte: »Wer bist du?«

»Gry«, antwortete der Rotschopf endlich, als er die letzte Scherbe von den Dielen fischte.

Nivia blieb stehen. Beinahe hatte sie mit keiner Antwort mehr gerechnet. »Na schön, Gry, es freut mich, dich kennenzulernen. Trotzdem solltest du wissen«, Nivia ließ den Schürhaken mit einem Schwung sinken, wobei er über die Holzdielen kratzte und einige Splitter löste, »wir waren zuerst hier.«

Gry zog eine seiner buschigen, rötlichen Augenbrauen nach oben, während er die Kerbe im Fußboden betrachtete. Dann machte er einen Satz nach vorne und riss Nivia den Schürhaken aus der Hand, wobei das Glöckchen an der goldenen Kette um seinen Hals klingelte. »Das ist doch hier kein Wettbewerb! Und meine Hütte ist gewiss nicht der Gewinn! Du kriegst den Hals wohl nie voll, was?«, schrie er so plötzlich, dass Nivia zusammenzuckte.

Auch Tidus schien der Krach geweckt zu haben, denn er setzte sich in den Schneidersitz, rieb sich die Augen und betrachtete das Theater, das sich vor ihm abspielte.

»Du wohnst hier?« Nivia rümpfte die Nase und ließ den Blick erneut über die losen Dielen, das kaputte Fenster und die Pilze in der Ecke gleiten.

Gry atmete tief durch, ehe sich seine braunen Augen in die ihren bohrten. »Mir gefällt es hier genau so, wie es ist. Wenn es euch nicht passt, dann könnt ihr ja wieder verschwinden.«

»Ist ja gut«, sagte Tidus und streckte sich. »Das ist doch alles kein Grund, so miesepetrig zu sein.«

»Miesepetrig?« Gry stemmte die Hände in die Hüften und sah an Nivia vorbei. »Du bist wohl ein richtiger kleiner Sonnenschein, was?«, sagte er an Tidus gewandt. »Aber lass mich dir eines sagen: Mein Haus, meine Regeln! Und jetzt setzt euch, das Frühstück ist gleich fertig.« Auf dem Absatz drehte sich Gry herum und zog einen neuen Teller aus dem Schrank, den er zu den anderen auf den Tisch stellte.

Nivia warf Tidus einen fragenden Blick zu, doch dieser zuckte nur mit den Achseln und setzte sich an den gedeckten Tisch.

»Bist du an Ort und Stelle festgefroren oder brauchst du eine Extraeinladung?«, fragte Gry, als er mit der Pfanne vom Herd an den Tisch trat.

Herz aus EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt