Sternengewitter

9 - Hoch hinaus

„Genau, wenn du deine Mutter hier unterschreiben lassen und mir das Formular so bald wie möglich wieder zurückgeben würdest, wäre es am besten. Bekommst du das hin?" Kuroo hatte mir den Rücken zugedreht und legte seine Unterlagen wieder zurück in die Schubladen des Büroteils des Clubraums. Irgendwie war es beeindruckend, wie viel Arbeit und auch Verantwortung er für diesen Club aufbrachte. Das rückte ihn in ein ganz anderes Licht. Ein helleres?

„Kigawa?"

„Was?" Vor Schreck schoss mir die Hitze in die Wangen. „Tut mir leid, ich war kurz woanders." Und zwar bei ihm, aber das würde ich ihm nicht sagen.

„Ob du die Anmeldung morgen gleich wieder mitbringen könntest?"

„Ja... ja, klar. Kein Problem."

„Perfekt." Er zeigte mir ein ermutigende Daumen hoch, das ich nicht einordnen konnte. Sah ich so verloren aus?

„Hast du Lust, noch ein Eis mit mir essen zu gehen?" Die Frage stand im Raum, als hätte sie ein dritter gesagt, weil wir beide ziemlich überrascht aussahen. Wobei nur Kuroo berechtigt war. Schließlich hatte ich gefragt. Wo kam das denn her?

„Ganz schön mutig von dir, Klopfer." Mein Kapitän grinste und hielt mir die Tür auf. „Ich nehme an."

„Cool", versuchte ich die Spannung zwischen uns abzumildern, die sich urplötzlich auftat, aber das gelang mir nicht wirklich. Vor allem nicht, weil ich so nah an ihm vorbei musste. „Und ich heiße nicht Klopfer! Ich bin kein scheiß Hase!"

„Klopfer ist ja auch ein niedliches, aufgewecktes Kaninchen. Da seh ich dich." Er zwickte mir in die Seite, als ich an ihm vorüber ging, wofür ich mich empört umwandte. Sein Grinsen wurde breiter. „Sag ich ja. Hast ganz große Augen."

„Kuroo, du nervst. Gleich lade ich dich wieder aus!"

Ein erschrockener Ausdruck huschte über seine Züge. „Dann muss ich mich jetzt aber dringend benehmen!"

***

Und das tat er tatsächlich. Naja, wenn er das überhaupt konnte. Er ließ wenigstens den peinlichen Spitznamen weg, was mir im Grunde auch schon reichte. An sich waren seine unqualifizierten Beiträge ja doch ganz „nett"? Irgendwie mochte ich es.

„Du bist ganz schön klassisch, Kigawa. Ist dir nichts besseres eingefallen, als Vanille und Schokolade?"

Verwirrt schaute ich ihn an. „Es gibt etwas besseres als Schokolade, Vanille? Doch sicher nicht Zimt Weihnachtszauber." Ich verdrehte die Augen. „Wer verkauft sowas denn schon Anfang September?"

„Hey! Sag nichts gegen mein Zimteis! Es gibt eben doch noch Menschen mit Geschmack in Tokyo." Um seinen Schatz zu beschützen, positionierte er seinen Arm wie ein Schutzschild davor, sodass es wenigstens meinem Blick verwehrt blieb. Ich musste schnauben. Also dieses belustigte, nicht das genervte Schnauben. Dieses, bei dem man nicht zugeben will, dass man ... ach ihr wisst schon, welches Schnauben ich meinte.

„Was gibt es da zu lachen?"

Beinahe nahm ich ihn ernst. „Ach, gar nichts. Sag mal, wo ... oh fuck." Sprachlos starrte ich einen überdimensional großen Riesenturm an. Was zum Kuckuck war das denn?

„Noch nie einen Turm so groß wie den Tokyo Tower gesehen, Häschen?" Dass sein warmer Atmen dabei meinen Hals strich, machte es nicht besser. Augenblicklich stellten sich meine Nackenhaare auf.

„Ehrlich gesagt nicht." Beeindruckt legte ich meinen Kopf in den Nacken. „Wofür braucht man denn so einen riesigen Turm?"

Kuroo lachte und sah ebenfalls nach oben. „Wenn ich das wüsste. Zum Angeben vielleicht?"

„Sind ja nicht alle wie du", gab ich zu bedenken, aber er schnaubte nur.

„Eine ganze Welt voller Tetsuros wäre ja auch langweilig. Dann wäre ich nichts mehr besonderes", erklärte er toternst, weshalb ich die Augen verdrehte.

„Ein Jammer."

Gedankenverloren wandte ich ihm mein Gesicht zu und schaute abrupt in tiefbraune Augen. Wann war er mir denn so nahe gekommen? Schon die ganze Zeit?

Seine Augen blitzen belustigt auf. „Kann es sein, dass ich dich ein klein wenig nervös mache, Kigawa?"

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Also mich würde es nervös machen...