27 - In Bezirk zwei

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Fast neun Stunden saßen Hayden, Hale, Novalee, Shade, Elrik und Yamila schweigend in der Kutsche, bis diese endlich den zweiten Bezirk erreicht hatte. Nach dem kurzen Zwischenstopp in Bezirk drei hatte Elrik versucht, die Stimmung mit ein paar frechen Sprüchen aufzulockern, doch er hatte schnell gemerkt, dass niemand zum Spaßen aufgelegt war.

Kälte, Distanz und Frustration hatten sich wie ein Lauffeuer in der Kutsche verbreitet, weswegen Schweigen der beste Zeitvertreib gewesen war.

Dass der zweite Bezirk anders war als die anderen, bemerkten Hayden und Hale sofort. Es gab keine Straßen, keine Innenstadt und keine Natur mehr.

Die einzigen Dinge, die Hayden und Hale zwischen den dichten Nebelschwaden ausmachen konnten, waren ein riesiger Marktplatz, auf dem sich mehrere hundert Menschen in schwarzen Uniformen versammelt hatten, und ein Gebäude aus Glas.

Hayden und Hale wurden von einem unguten Gefühl heimgesucht, als die Kutsche zum Stehen kam. Ihre Herzen rasten, ihre Körper bebten und ihre Gedanken überschlugen sich. Die Angst saß den beiden Teenagern wie ein Schatten im Nacken.

Auch Novalee und Shade wurden von einem Schleier der Besorgnis umhüllt. Sie hatten nur diesen einen Versuch, um mehr über die implantierten Chips herauszufinden. Mit Yamila und Elrik im Schlepptau, die als Einzigen keine negativen Gefühle verspürten, konnte ihr Vorhaben allerdings schwierig werden.

Novalee und Shade mussten sich unbedingt unauffällig verhalten. Jeder noch so kleine Fehltritt würde ihren sicheren Tod bedeuten.

„Willst du nicht mal so langsam aussteigen, Hale?", drängte Yamila den Prinzen, nachdem die Kutsche bereits mehrere Minuten stand und Hale noch immer keine Anstalten gemacht hatte, sich zu bewegen. „Besseres Wetter wird es hier nicht geben."

Tatsächlich hatten sich der blaue Himmel und der strahlende Sonnenschein ab Bezirk fünf in dunkle Wolken und prasselnde Regenschauer verwandelt. In Bezirk vier hatte es sogar kurzzeitig gewittert.

„Oder wartest du etwa darauf, Hayden auch noch deine Hose anbieten zu können?", schnaubte Yamila verächtlich.

Da Hale unter seinem Pullover ein T-Shirt trug, hatte er Hayden kurz nach der Kuschelattacke mit Shade sein Oberteil angeboten. Im ersten Moment hatte Hayden das Kleidungsstück nicht annehmen wollen, aber nachdem auch Shades Körpernähe nicht ausreichend Wärme erzeugen konnte, hatte sich Hayden den Pullover doch übergestreift.

„Stress mich nicht so, Yamila. Ich gehe ja schon", erwiderte Hale genervt, ehe er als Erster die Kutsche verließ.

Ganz der Gentleman half er Yamila, Hayden und Novalee beim Aussteigen. Am liebsten hätte Hale Hayden einfach in eine Matschpfütze fallen lassen, um sich für die Schmuserei mit Shade zu rächen, aber da Hayden nun seine Ehefrau war, war Hale mehr oder weniger dazu gezwungen, seine Erzfeindin auf Händen zu tragen.

Sobald auch Elrik und Shade aus der Kutsche gestiegen waren, kam ein hochgewachsener Soldat, der eine rabenschwarze Uniform mit goldenen Schnörkeln trug, vor den Teenagern zum Stehen.

Die kalten Sturmaugen und die feurige Narbe über der rechten Braue ließen Hayden eine eisige Gänsehaut über das Rückgrat kriechen.

Auch wenn sie es nicht gerne zugab, wäre sie lieber in dem Schloss gewesen, denn dort hatte sie sich einigermaßen sicher gefühlt. Zumindest sicherer als in Bezirk zwei.

„Guten Tag, eure Hoheit!", begrüßte der Soldat – Nevio war sein Name – zunächst den Prinzen, bevor er Hayden einen federleichten Kuss auf die Hand hauchte. Novalee, Shade, Yamila und Elrik schenkte Nevio keine Beachtung.

Stattdessen drehte sich Nevio wieder um und rief einen weiteren Soldaten zu sich. „Clark! Unsere Gäste sind angekommen!"

Ein junger Mann mit kupferroten Locken und stechendgrünen Augen gesellte sich neben Nevio. Trotz der Uniform, die seinen muskulösen Körper umspielte, und des ernsten Blickes fand Hayden Clark deutlich sympathischer als Nevio. Clark erschien ihr weniger skrupellos und gefühlskalt.

In einer Zeit nach unsWhere stories live. Discover now