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Kapitel 6 - Simons Panik

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Manche Leute können ihren Kopf nur freibekommen, wenn sie joggen gehen.

Sie sagen, dass beim Laufen all ihre Probleme in den Hintergrund rücken und am Ende nur noch der Weg vor ihnen zählt. Es ist ihre Art, sich eine Auszeit zu gönnen und wieder zurück auf den richtigen Kurs zu finden.

Andere wiederum müssen ihre Hände beschäftigen, um eine Ablenkung zu finden oder in Ruhe nachdenken zu können. Sie stricken Socken, backen Muffins, oder falten Origamikraniche.

Ich hingegen war weder besonders geschickt noch sonderlich begeistert von sportlichen Aktivitäten.

Meine Art, die Seele baumeln zu lassen, hatte mit heißem Wasser zu tun und jeder Menge flaumigem, knisterndem Schaum. Im Normalfall war ein langes Bad genau das, was ich brauchte, damit ich anschließend erfrischt und mit neuer Energie aus der Wanne steigen konnte.

Als ich nun jedoch mitten in der Nacht im heißen Wasser saß, dessen Dampf das ganze Bad erfüllte und dem Plätschern lauschte, das mich normalerweise beruhigte, stellte ich schlecht gelaunt fest, dass meine Laune noch immer im Keller war.

Ich versuchte mir einzureden, dass mein Gemütszustand der Nacht auf dem harten Betonboden in einem staubigen Keller zuzuschreiben sei, aber wem wollte ich was vormachen?

Klar, ich war mit dem berüchtigten Alexej in einem Raum eingesperrt gewesen, aber er hatte mir nichts getan. Er hatte mich zwar beleidigt und bedroht, aber damit konnte ich umgehen. Er hätte mich in die Ecke drängen oder schlecht über meinen Freund reden können, aber das hatte er nicht.

Um genau zu sein hatte er nicht die kleinste Andeutung gemacht, und das verwirrte mich.

Ich war mir ziemlich sicher, dass Alexej keine leeren Drohungen aussprach. Ich wusste nicht, was ich darüber denken sollte, aber all dies musste warten, bis das Wochenende vorüber war.

Im Moment beschäftigten mich andere Probleme und eines davon hatte damit zu tun, dass ich gerade selbst am liebsten schlecht über meinen Freund geredet hätte.

Als ich vor einer halben Stunde nämlich die Auffahrt zu unserem Haus hinauf gelaufen war, galt meine Besorgnis niemand geringerem als Simon. Er hatte mir mehrere Nachrichten hinterlassen und mehrfach versucht mich zu erreichen.

»Schätzchen«, hatte meine Mutter jedoch gesagt, als ich seine Nummer bereits gewählt hatte »wenn du Simon anrufen willst, würde ich das lieber auf morgen verschieben.«

»Wieso?«, hatte ich gefragt in der Annahme, mein Freund müsste auf Nadeln sitzen.

Doch was meine Mutter dann gesagt hatte, ließ mich nun grimmig nach der Shampooflasche greifen und das Doppelte der Menge herausquetschen, die ich sonst eigentlich verwendete.

»Dein Freund schläft bereits, Dina.«

Die Worte hallten in meinem Kopf wider und ich schäumte mir grob die Haare ein. Der leckere Erdbeerduft, der mich sonst immer fröhlich stimmte, trug nichts zu meiner Stimmung bei.

Viel zu verblüfft war ich gewesen, als mir klar geworden war, dass Simon ganz einfach zu Bett gegangen sein musste, nachdem ich nicht bei der Party aufgetaucht war. Ich war so empört gewesen, dass ich das Handy unsanft zurück in die Tasche gestopft hatte, ohne eine einzige Nachricht zu lesen.

»Dina«, hatte meine Mutter mir hinterher gerufen, als ich verstimmt davongestapft war. »Sei ihm nicht böse, ja? Er wusste doch gar nicht, dass du vermisst wirst.«

Und das entsprach zumindest der Wahrheit.

Nachdem ich gestern Abend nicht nach Hause gekommen war, hatten meine Eltern Sara kontaktiert und dabei von der Party bei den Darcys erfahren.

Das Licht in unseren SchattenWhere stories live. Discover now