6 | Engel

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Das warme Wasser lief über meine Haut und langsam entwich die Kälte aus meinem Körper.
Mit einem Handtuch um die Hüfte, trat ich aus dem Badezimmer in mein Zimmer und wollte gerade den Kleiderschrank öffnen, da klopfte es.
Ausgerechnet jetzt.
Ich schlang das Handtuch fester um mich und öffnete die Tür.
Ein Mädchen mit langen, gelockten Blonden Haaren stand vor mir. Ihr Make-Up war perfekt aufgetragen und ihre blauen Augen schimmerten schon fast.
In ihren Händen hielt sie ein Tablett mit verschiedenem Essen.
"Ähm...Hallo?"
"Ich soll dir Essen bringen, weil du beim Abendessen nicht anwesend warst."
"Das ist nett. Danke."
Ich nahm ihr das Tablett aus der Hand und stellte es auf meinem Schreibtisch ab.
Das Mädchen musterte kurz mein Zimmer, bevor ihr Blick auf meinem Oberkörper landete.
"Noch was?", harkte ich nach.
"Nein. Das war's schon."
Sie lächelte Engelhaft, drehte sich um und stolzierte davon.
Ich schloss die Zimmertür, griff nach einer neuen Boxer und stieg hinein.
Mit dem Essen auf dem Schoß, setzte ich mich aufs Bett und schlug mein Buch über Pferdewirte auf.

Müde torkelte ich am nächsten Morgen durch den Regen in den Stall.
Zusammen mit Luca widmete ich mich der Fütterung der Pferde und der restlichen Aufgaben.
"Weißt du, wer das blonde Mädchen ist?", rutschte es mir raus.
"Ella. Sie ist gestern Nachmittag angekommen, als du unserem Prinzen schöne Augen gemacht hast."
"Was soll das denn heißen?"
Mir schoss die Röte ins Gesicht und schnell beugte ich mich tiefer über das Waschbecken, um das Gebiss auszuwaschen.
"Matteo redet nur noch von dir, seit du hier bist."
"Das ist doch ein bisschen übertrieben.", nuschelte ich.
"Gar nicht. Jeder Satz handelt um dich."
"Und was macht diese Ella jetzt hier?"
"Sie fängt eine Ausbildung zur Bereiterin an."
"Aha."
"Angst vor Konkurrenz?", neckte mich Luca glucksend.
"Du spinnst ja wohl."
Ich drückte ihm meinen nassen Schwam ins Gesicht und hatte kurz darauf selber einen in meinem.

Zwei Stunden später saß ich noch immer in der Sattelkammer und säuberte Trensen.
Luca hatte sich verabschiedet, weil er noch zwei Pferde longieren sollte.
Plötzlich öffnete sich die Tür und ein total durchnässter Matteo stand im Türrahmen.
Ein schmunzeln zierte wieder seine schmalen Lippen, das ich augenblicklich erwiederte.
"Was machst du denn hier?"
"Dich bei der Arbeit besuchen."
Er schloss die Tür hinter sich, zog sich einen Hocker heran und setzte sich neben mich.
Seine Anwesenheit löste sofort ein Kribbeln in mir aus.
"Der Abend am See war wirklich schön gewesen."
Er lächelte mich an, was mir einen kleinen Sprung von meinem Herzen einbrachte.
"Fand ich auch."
Ich lächelte zurück und stand auf, um mir die nächste Trense zu besorgen. Hinter mir hörte ich den Hocker über den Boden schraben.
Auf einmal legten sich zwei Hände an meine Hüften und drehten mich herum.
Matteo war mir so nah, dass ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren konnte.
Sachte schob er mich an die nächst beste Wand und kam mir mit seinem Gesicht immer näher, als die Tür aufgerissen wurde.
Sofort entfernten wir uns voneinander und sahen in das Engels Gesicht mit dem Namen Ella.
"Benjamin. Ich brauche die Trense von Duchess. Jetzt!"
Sie musterte uns von oben bis unten.
"Was ist jetzt?"
Eilig ging ich das Regal entlang bis zu dem Schrank mit Duchess Namen. Ich zog die Schranktür auf und nahm die Trense vom Harcken.
"Hier."
Ich hielt ihr die Trense hin, die sie mir praktisch schon entriss.
"Einen schönen Tag noch meine Hoheit.", verabschiedete sie sich von Matteo und schlug die Tür zu.
"Soll ich dich jetzt auch immer so verabschieden?"
Matteo gluckste amüsiert und schüttelte den Kopf.
"Lass stecken."
Ich grinste und nahm mir die eigentliche Trense zum putzten aus dem Schrank.
Matteo stand noch immer an dem Platz von eben und rührte sich nicht.
"Bist du da fest gewachsen?"
Da kam wieder Leben in ihn.
"Ne."
Er ergriff die Türklinke und wollte schon gehen, aber da hörte ich meine eigene Stimme.
"Möchtest du am Wochende mit mir Zelten gehen?"
Matteo zögerte, nickte dann aber. "Gerne. Muss ich was bestimmtes mitbringen?"
"Ein Schlafsack wäre ganz gut. Sonst erkältest du dich noch."
Ich grinste kurz.
"Okay. Dann bis..."
"Samstag um 17 Uhr vor dem Haus?"
"Alles klar. Ich werde da sein."
Damit öffnete er die Tür und verschwand.

Nach fünf weiteren Trensen verließ auch ich die Sattelkammer und stapfte durch die Stallgasse zur Stalltür.
"Das Knutschen könnt ihr nächstes mal bitte in ein Zimmer verlegen!", schnitt Ellas Stimme durch die Stille.
Mein Kopf wirbelte zur Box von Duchess.
"Wir haben nicht-"
"Interessiert mich nicht. Befolgt beim nächsten mal bitte meinen Rat! Noch mehr möchte ich nicht mitbekommen. Kann es sowieso nicht fassen, dass der Prinz Schwul ist.."
"Du spinnst doch! Außerdem geht es dich gar nichts an, was zwischen Matteo und mir ist."
"Schon gut, Stallbursche."
"Stallbursche?"
"Du hast richtig gehört. Und jetzt verzieh dich."
Ich schüttelte den Kopf und verließ den Stall. Hinaus in den Regen.
Dort verharrte ich kurz und sah in den Himmel.
Ich seufzte, zog mir die Kaputze über den Kopf und stapfte weiter zum Haus.
Auf dem leicht erhobenen Hügel, sah man das Herrenhaus. Dort oben schlief Matteo.
Meinen Blick starr auf den Boden gerichtet, lief ich weiter.
Hoffentlich würde sich der Regen bis morgen Abend verzogen haben.

Verzweifelte Liebe bei den Royals (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt