Kapitel 28 - Rotwein

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"Bist du nun endlich zufrieden?" Barnes hatte sich ein Kissen aufs Gesicht gedrückt und brummte in sich hinein. Ich ließ den Kugelschreiber klicken und dessen Miene somit verschwinden. "Allerdings.", gab ich zurück und warf einen Blick auf den Block der vor mir lag. Zufrieden blinzelte ich in die späte Nachmittagssonne, die sich durch die Fenster geschlichen hatte. Es war tatsächlich schon später Nachmittag. Zugegeben, wir hatten stundenlang über die von mir geforderten Regeln diskutiert und dabei die Zeit regelrecht vergessen. Es dauerte, bis jeder von uns mit dem Regelblatt zufrieden war. Ich wollte es Barnes schließlich nicht zu leicht machen. Er hingegen wollte sich nicht von "Starkes Tochter" rumkommandieren lassen. Immerhin war er ein "erwachsener" Mann. "Pah. Alter Mann trifft es ja wohl eher.", hatte ich geantwortet und gelacht, als er mich genervt angeschaut hatte. Letztlich waren wir bei zehn Regeln gelandet, was Bucky reichte. Ich hätte allerdings, nur um ihn zu ärgern, gerne noch ein paar mehr Regeln dazugeschrieben. Aber ich wollte es mir mit ihm nicht sofort wieder verscherzen. Schließlich mussten wir noch ein paar Tage miteinander auskommen und ein erneuter Streit mit folgender dicker Luft wäre mit Sicherheit nicht förderlich. "Soll ich dir die Regeln nochmal vorlesen oder hast sie bereits in deinem Oberstübchen verinnerlicht?", fragte ich Barnes neckend und stupste sein Kissen an. "Du hattest deinen Spaß. Jetzt pack das verdammte Papier weg.", murrte er unter dem Kissen und ließ mich damit schmunzeln. "Wie der feine Herr es sich wünscht.", säuselte ich, stand auf und montierte das Regelblatt mithilfe eines Magnets am Kühlschrank. Als ich mich wieder umdrehte sah ich, dass Bucky sein Kissen einen kleinen Spalt breit angehoben und mich beobachtet hatte. "Ist was?", fragte ich belustigt. "Du bist kontrollsüchtig.", stieß er hervor und entfernte das Kissen von seinem Gesicht. Ich hob tadeln den Zeigefinger. "Regel Nummer fünf Barnes. Ich bitte dich.", erwiderte ich und freute mich jetzt schon, ihm damit auf den Geist zu gehen. "Gegenseitiger Respekt, keine Vorurteile blablabla.", antwortete er und ich klatschte begeistert in die Hände. "Bingo! Ist echt Wahnsinn wie gut dein Gedächtnis im Alter noch funktioniert!", foppte ich ihn und lachte als er mir das Kissen entgegenschmiss, mich jedoch knapp verfehlte. "Zielen üben wir noch.", fügte ich hinzu und platzierte das Kissen wieder auf dem Sofa. Er rollte mit den Augen, zeigte jedoch den Anflug eines kleinen Lächelns. Ich stemmte die Hände in die Hüften. "Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich bekommen langsam Hunger." Zur Bestätigung meldete sich Barnes Magen knurrend zu Wort. "Ich deute das als ein ja.", antwortete ich und zeigte zur Küche. "Hopp Hopp. Das Abendessen kocht sich nicht von allein."

Während ich in alten Rezeptbüchern blätterte, die ich in einem der Küchenschränke gefunden hatte, inspizierte Barnes die Vorratskammer und sollte ein paar Lebensmittel, die noch zu gebrauchen waren mitbringen. Ich wusste, dass mein Vater immer penibel darauf geachtet hatte, dass wir einen kleinen Vorrat an Essen hier bereitstehen hatten. "Er ist nämlich der Kontrollsüchtige, nicht ich.", murmelte ich als ich an Buckys Worte von vorhin dachte. "Redest du mit dir selbst?", fragte er mich und ich prustete los als ich ihn durch die Tür kommen sah. "Willst du mich verarschen?", lachte ich weiter und hielt mir die Hand von den Mund. "Wieso?", antwortete er verständnislos. Ich deutete auf seine Hände. In jeder Hand trug er eine Rotweinflasche. "Ich sagte Lebensmittel und kein Alkohol!", kicherte ich und wollte ihm die Flaschen aus der Hand nehmen. "Nichts da!" Er drehte sich weg. "Dann bleibt eben mehr für mich!" Ich protestierte jedoch. "Hey! Ich habe nicht gesagt, dass ich keinen Wein will!", warf ich ein und versuchte eine der Flaschen zu greifen. "Dann mach das blöde Rezeptbuch zu und lass uns anfangen!", murrte er und griff sich zwei Weingläser aus der Vitrine neben ihm. "Nur trinken und kein Essen oder was?" Ich schüttelte mit dem Kopf, denn das würde nicht gut enden. "Das habe ich nicht gesagt, aber bist du fertig bist mit kochen, ist die erste Flasche leer.", entgegnete er. Ich hob die Hände. "Gut, dann gibt es eben Tiefkühlpizza.", gab ich mich geschlagen. Ich wusste nicht wieso ich mich von ihm so leicht überzeugen ließ, aber vielleicht würde uns ein bisschen Alkohol gut tun, um die Stimmung etwas aufzuheitern.

Wenig später brutzelte die Pizza im Backofen und ein Klirren ertönte, als Barnes und ich anstießen. "Ich wusste gar nicht, dass du so ein Alkoholliebhaber bist.", meinte ich als ich den ersten Schluck Rotwein genommen hatte. Barnes hielt sich sein Glas vor die Augen und ließ die Flüssigkeit hin und her wackeln. "Gegen einen guten Rotwein habe ich nichts.", entgegnete er und nahm erneut einen Schluck.  "Ich hätte dich eher als Bier-Typ eingeschätzt.", antwortete ich und musterte ihn. "Anscheinend ist einschätzen nicht deine Stärke Eleanor." Er grinste und ich warf ihm einen gespielt bösen Blick zu. Entgegen meiner Erwartungen hatten wir uns die letzten Stunden nicht einmal gestritten. Hoffentlich würde das auch so bleiben. Kurz breitete sich Stille zwischen uns aus und jeder hing seinen Gedanken nach bis Bucky die Ruhe unterbrach. "Vermisst du ihn?", fragte er und brachte mich damit etwas aus der Fassung. Obwohl er keinen Namen genannt hatte wusste ich sofort von wem er sprach und mir wurde schmerzlich bewusst, dass ich bisher keinen Gedanken an die besagte Person verschwendet hatte. "Sicher.", antwortete ich, um meine Nervosität zu überspielen und fummelte an den Ärmeln meines Pullovers herum. "Wie lange seid ihr denn schon zusammen?", bohrte er weiter und es ärgerte mich, dass er an Steve und mir so interessiert war. "Lange.", antwortete ich wieder knapp und wich ihm damit aus, was bei ihm natürlich nicht unbemerkt blieb. "Hast du was zu verbergen?" Ich griff nach meinem Glas und warf ihm einen genervten Blick zu. "Nein. Ich hab nur etwas gegen unanständige Neugier.", gab ich zurück und trank einen Schluck. ich wusste, dass seine Fragen weder unanständig, noch böse gemeint waren, doch trotzdem wurmten sie mich, was wohl daran lag, dass ich Steve dank Buckys Präsenz in den letzten Tagen völlig vergessen hatte. "Unanständig?", fragte Bucky lachend und ließ sich von meiner Wut nicht beirren. Ich stellte mein Glas mit einem Knall wieder auf der Theke ab. "Hör mal Barnes. Du weißt so gut wie nichts über mich.", meinte ich und spürte wieder eine gewisse Spannung zwischen uns aufkochen. Buckys Blick begegnete dem meinen und eine Art Schockstarre ließ mich innehalten. "Das lässt sich ändern. Wie wäre es mit einer Runde "Wahrheit ohne Pflicht" Stark?"

Desire - Bucky BarnesWhere stories live. Discover now