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"Okay. Das war dann also unsere vorletzte WG-Option." Meine beste Freundin Maria startet den Motor ihres Fiat 500 und lässt die Scheiben herunter.  Lauwarme Frühlingsluft strömt ins Wageninnere. Die Wohnung die wir soeben besichtigt haben, wollen wir beide einfach nur noch vergessen. Ebenso wie ihre Bewohner.

"Ich habe keine Lust mehr auf verschimmeltes Essen auf dem Fussboden, kichernde Kiffer und Alleinerziehende, die uns als billige Babysitter betrachten." Schnaubt sie. "Lass uns also den nächsten Termin einfach absagen." 

Vielleicht ist es der Duft nach Blumen und Erde, den ich für die hoffnungsvollen Worte verantwortlich machen kann , die ich nun aussprechen werde. Hätte ich gewusst, das sie mein Schicksal derart beeinflussen würden, ich weiß nicht ob ich lieber den Mund gehalten hätte.

" Lass sie uns wenigstens mal ansehen." 

Ria schaltet einen Gang höher um einen Lkw zu überholen, der viel zu gemächlich die Strasse entlang tuckert. 

"Auf deine Verantwortung. " 

Ich nicke. Irgendwie habe ich zwar ein mulmiges Gefühl, aber laut dem Inserat befindet sich die Wohnung im besten Teil dieser Stadt. Und somit dem teuersten.

" Was wenn sie uns gefällt, aber unverschämt teuer ist?" spricht Ria meine Gedanken laut aus.

"Naja.." Ich beisse mir auf die Unterlippe. Rias Eltern sind beide Anwälte. Auch wenn ihre Mutter längst nicht mehr arbeitet, die Kohle die ihr Vater scheffelt, könnte drei kinderreiche Familien am Leben erhalten. Mein Vater ist zwar auch alles andere als arm, aber an den Scheinen die er verdient klebt Blut. Nein, nicht nur das. Sie sind von Blut durchtränkt. Und nun bin ich ausgerechnet auf dieses Blutgeld angewiesen, um mich von ihm und seinen dreckigen Machenschaften zu lösen. Ich werde mir schnellstmöglich einen Job suchen müssen.

Der Gedanke an das Geld meines Vaters hat meine Stimmung binnen Sekunden in den Keller befördert. Niemand wird sie so schnell wieder aus der Finsternis heraufholen können. Ich neige dazu, mich an Gefühlen festzuklammern. Vorzugsweise immer an den weniger Guten. 

" Ach egal.Die gefällt uns bestimmt eh nicht. Und wenn lassen wir unsere Alten eben ein bisschen dafür bluten." "Oh..Sorry", sie sieht mich zerknirscht an. Auch wenn wir nie richtig über die Machenschaften meines Vaters gesprochen haben, sie weiß das Blut und Tod eine gewisse Rolle dabei spielen. Doch es ist bei uns einfach nicht üblich große Worte zu machen, was diese Dinge anbetrifft. Im Gegenteil, für die Gesundheit und das Wohlergehen ist es besser sich wie  ein sehr tiefes Gewässer zu verhalten.

" Schon gut." Ich winke ab. Wir sind inzwischen in eine schmale Straße mit gepflegten Einfamilienhäusern und Jugendstilvillen eingebogen. 

Ich erspähe einen fetten Kater mit orangerotem Fell, der sich vor einer der Villen in der Sonne fläzt.

"Schön hier, seufze ich. "Ja, es ist wirklich ganz nett hier," gibt Ria zu, bevor wir vor  einem zweistöckigen Altbau mit geschlossen Fensterläden halten. Lediglich eines der Fenster ist einen Spalt breit geöffnet " Das Navi setzt uns überflüssigerweise davon in Kenntnis das wir unser Ziel erreicht haben.

"Ou Ou, das sieht nicht gut aus." Ich deute auf die Fenster. 

"Lass uns trotzdem klingeln. Wenn keiner Aufmacht, auch gut," seufzt Ria und steigt aus dem Wagen.

Ich folge ihr mit der für mich typischen Langsamkeit. Selbst von hier aus kann ich den Kater sehen wenn ich mich umdrehe. Er liegt immer noch in dem Flecken aus Sonnenlicht. Irgendwie beneide ich dieses Tier. Den ganzen Tag faul herumliegen und wenn einem danach ist eine Maus fangen oder selbstvergessen durch den Garten stromern. Herrlich.

PromiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt