22

201 10 1
                                    


"Möchtest du Musik hören?" Erkundigt sich Santino. Ich schüttle wortlos den Kopf und wende das Gesicht dem Seitenfenster zu. Erinnerungsfetzen rasen an meinem inneren Auge vorbei. Wie er mich vor Raffael gerettet hat, als ich im Audienzimmer auf dem Boden lag und wir anschließend zur WG gefahren sind. Als er meine Hand nahm und mit seiner verschränkte. Wenn er jetzt dasselbe tun würde, würde ich es dann schaffen sie ihm zu entziehen?

"Alles in Ordnung, Apollonia?" Er hat gerade zwei Kleinwagen überholt von denen einer lautstark hupt. Nun mustert er mich strinrunzelnd, als ich ihm den Blick zuwende.

"Guck lieber nach vorne" seufze ich teilnahmslos. 

 Ich fühle mich komplett ausgelaugt und will eigentlich nur noch meine Ruhe haben. Nichts mehr sehen und hören. Stattdessen lasse ich mich von diesem Mafiosi- Adonis zur Freundin meines verschollenen Bruders fahren, die im Krankenhaus liegt, nachdem man versucht hat sie umzubringen. Toll.

Meine Kehle fühlt sich eng und trocken an, als ich die ersten Schilder sehe, die verkünden das das Krankenhaus nur noch wenige Meter entfernt ist.

Ich lasse mir vom Sizilianer die Autotür öffnen, als wäre ich irgendeine wichtige Person und er eine Art Diener oder sowas. Die Vorstellung amüsiert mich so sehr, dass ich grinsen muß. Allerdings lässt der feine Schmerz, welcher dabei meine Wage durchzuckt, meine Miene blitzartig versteinern.

"Machst du dich über mich lustig?" Santino zieht in gespieltem Ernst die Augenbrauen zusammen. 

"Ja." Lege ich die Tatsachen auf den nicht vorhandenen Tisch. 

"Fuck!" Er knallt die Autotür zu und versenkt die Hände in den Taschen seiner dunklen Jacke.

"Fuck? Galt das mir, oder wie?"

Zerstreut sieht er mich an. " Nein. Schon gut."

Sein Handrücken streicht über meine unversehrte Wange. Mein ganzer Körper kribbelt.

" Ich bin nur immer noch wütend auf mich selbst. Du weißt warum. " 

"Ja. Und du hast auch allen Grund dazu."Ich wende das Gesicht ab , um nicht in Versuchung zu geraten.

 Eine Frau beobachtet uns neugierig. 

"Guck mal Herbert, so waren wir auch mal, weißt du noch?" Der glatzköpfige Mann neben ihr ist mindestens 70. Er schiebt einen Rollator vor sich her, von dem ein Rad quietschend absteht. 

"Oh Mann. "Ich verdrehe die Augen und eile voraus. Nur gut, das mein Fuß wieder komplett in Ordnung zu sein scheint und ich mich zumindest schnell genug fortbewegen kann, um dieser peinlichen Situation zu entkommen.

"Warte doch, hast du gehört? Die Oma fand uns süss."

"Pah," zische ich. "Süß. Das aus deinem Mund. Du machst dich wohl gerne lächerlich, was? "

"Für dich immer." Grinst er. Mein Körper reagiert mit diesem blöden warmen Gefühl, als er mir eine Hand auf den Rücken legt, während wir nebeneinander her gehen. Ich hasse es, dass seine Körpergröße betont, wie klein ich bin, während ich es gleichzeitig genieße, wie sehr er mich überragt. Und ich hasse es, dass ich diesen Widerstreit in mir längst verloren habe. Das Einzige worum es jetzt noch geht ist, dass er nichts davon bemerkt. 

Je näher wir dem Eingang kommen, desto mulmiger wird mir.Der Geruch nach bitterer Arznei , Desinfektionsmittel und muffigen Verbandsmaterialien lässt mich nur mit Mühe ein Würgen unterdrücken. An der Eingangstür werden wir freudig von einem Mann im Rollstuhl begrüsst. Erschrocken stelle ich fest, dass ihm ein Bein fehlt. Lediglich ein verbundener Stummel ruht auf dem Rand der Sitzfläche, während das andere Bein in einer geringelten Schlafanzughose steckt. "Guten Morgen. "Santnio lächelt dem Mann freundlich zu , bevor wir an ihm vorbeigehen.

PromiseDonde viven las historias. Descúbrelo ahora