Llŷrs Orakel

102 20 98
                                    

Dieses Kapitel widme ich Smaragdsee, die mir mit ihrer Djinnmagie viele neue Lachfältchen gezaubert hat und deren begeistertes Feedback mich immer noch rot werden lässt. Danke für viele unglaubliche Glücksmomente. 💕

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Diesmal bin ich auf alle Eventualitäten vorbereitet. In meinem Weidenkörbchen befinden sich zwei dicke Kerzen, Feuerstein, Schlageisen und Zunderschwamm, sowie eine Handvoll trockenes Stroh. Im Funkenschlagen habe ich mich mittlerweile vom Stadium ›Unfähig‹ zu ›Anfänger‹ hochgearbeitet. Eine kleine Sichel, ein weiches Brötchen und ein Schlauch frisches Brunnenwasser vervollständigen meine Ausrüstung. Viel Platz für gesammeltes Kräutergut ist nicht mehr, aber egal. Wichtiger ist mir der räumliche Abstand zu Rhys, den ich dringend brauche.

Schnell besorge ich noch eine trockene Fackel aus einer gewissen Turmnische, dann flitze ich die steile Treppe in die Kellergewölbe hinunter. Meine Eile rührt nur aus der Besorgnis, jemand könnte meinen Ausflug verhindern wollen und ist keinesfalls eine Flucht vor den wiederkehrenden Gefühlen einer ganz bestimmten Nacht. Jedenfalls versuche ich mir dies selber einzureden, wenn auch nur mit mäßigem Erfolg.

Völlig unvorbereitet trifft mich jedoch das Tappen kleiner Füße und das Wispern aufgeregter Kinderstimmen hinter mir, im dunklen Tunnel zur Steilküste. Ärgerlich bleibe ich stehen und warte. Ein flackernder Lichtschein nähert sich und verharrt ebenfalls in einigem Abstand.

»Jetzt kommt schon her, ihr kleinen Quälgeister«, rufe ich in den Stollen. »Ich habe sowieso gerade keine Hand frei, um euch den Hintern zu versohlen.«

Das Getuschel wird lauter und dann zuckeln Sion, Eirlys und Ceridwen mit tapferen Mienen auf mich zu.

»Sei bitte nicht böse.« ... »Wir wollen mitkommen.« ... »Du gehst doch nicht weg?«
Die drei umringen mich und plappern wild durcheinander. Ich halte die rußende Fackel etwas höher, um keinem die Haare anzusengen und hoffe gleichzeitig, dass sie mit ihren Kerzen genauso vorsichtig sind.

»Ich will nur etwas besorgen und hier unten lang ist der Weg kürzer.« Vorwurfsvoll blicke ich Sion an. »Wir hatten doch ausgemacht, dass du mit niemandem über diese Tunnel sprichst!«

Der weißt jede Schuld von sich. »Die Mädchen haben dich gesehen und ich bin nur mit, um sie zu beschützen!« Dabei reckt er seine schmale Brust nach vorn und gibt sich äußerst wichtig.

Ich belasse es bei einem Schnaufen. Der Junge kann schließlich nichts für seine männlichen Gene.

»Meine Großmutter erzählt immer von einem Drachen und anderen Ungeheuern, die hier unten leben«, flüstert Ceridwen und hängt sich an meinen Rock.

Ich stelle mein Körbchen ab und streiche ihr beruhigend übers Haar. »Keine Sorge, der Drache mag lieber frische Luft und viel Freiraum und ansonsten gibt's hier höchstens Grottenolme, die bedeutend mehr Angst vor euch haben.«

»Schickst du uns wieder zurück?«, fragt Eirlys kleinlaut. Von ihrem tapferen Beschützer scheinen die Mädchen nicht viel zu halten und der Gedanke, wie die Kinder durch die dunklen Gänge irren, verursacht mir Magenschmerzen.

»Nein, dann kommt halt mit.« Sofort strahlen ihre Augen und das aufgeregte Schnattern setzt wieder ein. »Aber leise! Ich muss mich konzentrieren. Nicht, dass wir hier irgendwo falsch abbiegen.«

***

Noch bevor ein Schimmer des Tageslichtes zu sehen ist, hören wir kreischende Möven und das Rauschen der Brandung. Mehr als erleichtert klettere ich durch den engen Spalt nach draußen und helfe den Kindern über einen hohen Absatz, hinter dem wir die Fackel und die Kerzen für den Rückweg deponieren. In meiner Zeit wird es hier eine gesicherte Aussichtsplattform geben, doch die ungezähmte Natürlichkeit der Steilküste ist jetzt noch atemberaubender.

Elfenzauber - IIWhere stories live. Discover now