Precious

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Precious and fragile things
Need special handling
My God what have we done to you?
Precious, Depeche Mode.

Am nächsten Tag, es war Freitag, kam Bob kaum aus dem Bett. Irgendwie fühlte er sich wie fest gekettet. Um halb eins schaffte er es endlich auf, wahrscheinlich nur, weil er wusste, dass Peter und Justus warteten.

Als er unter der Dusche stand, klingelte wieder einmal das Telefon, aber das überhörte er inzwischen schon. Wer was wollte, würde sich wieder melden. Das Wasser brannte an seinem Bein und Arm, er reinigte seine Wunden vorsichtig, wobei sich die Seife rostbraun verfärbte. Er hatte irgendwie immer Angst, dass sich die Verletzungen entzünden könnten. Einem Arzt konnte er das nämlich nicht erklären.

Als er erstmal sauber war und vor dem beschlagenen Spiegel stand, wurde er zunehmend motivierter. Er putzte seine Zähne und rasierte sogar den Dreitagebart, den er inzwischen hatte. Seine blonden Locken richtete er das erste Mal seit Wochen mit etwas Haargel und Locken Mousse. Auch die Brille packte er heute in ihr Etui und entschied sich stattdessen mal wieder für Kontaktlinsen. Das Parfüm, welches er benutzte, steckte er sich hinterher in die Tasche. Das würde mit dem Rauchgeruch helfen.

Schließlich angezogen und frisch gemacht, musterte er sich im Spiegel. Er war zufrieden mit sich selbst. Er sah gut aus. Nicht gut, im Sinne von hübsch. Er fand sich nicht hübsch. Aber gut, im Sinne von gepflegt und relativ mental stabil.
Zum Frühstück gab es bloß eine Kippe und eine Tasse Kaffee, danach nahm er sich seinen Autoschlüssel und das Geld, welches seine Eltern für Essen dagelassen hatten.
Er war eh schon unterwegs, dann konnte er auch eben einkaufen gehen. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal richtig gegessen hatte.

Der Supermarkt war relativ leer und er ergatterte einen schattigen Platz direkt am Eingang, in den er rückwärts einparkte, um gut an den Kofferraum zu kommen. Aus dem Fußraum suchte er einen alten Kassenbon, auf dessen Rückseite er mit einem angekauten Bleistift aus dem Getränkehalter seines Käfers eine Einkaufsliste kritzelte.

Als er ausstieg, wurde er beinahe von der Hitze erschlagen, also krempelte er die Ärmel seiner Sweatshirtjacke hoch. In Rocky Beach war es leider auch noch im Herbst furchtbar heiß.
Dann ging er hinein.

Bob lief die Gänge ganz systematisch ab und packte wirklich nur das Nötigste in den Wagen, was fast ausschließlich Pizza aus der Tiefkühltruhe war. Außerdem kaufte er eine Flasche Vodka und drei Flaschen Hugo. Den trank seine Mutter immer, wenn sie an einem Wochenende einen schnulzigen Liebesfilm ansah. An der Kasse fragte er noch nach Zigaretten. Nach einem Ausweis wurde er nicht gefragt.

Als er den Wageninhalt in die Einkaufstaschen in seinen Kofferraum räumte, hörte er eine weibliche Stimme hinter sich. Als er sich umdrehte, wurde er von einer saftigen Ohrfeige begrüßt. Bob brauchte einen Moment um sich zu fangen, dann erkannte er Kelly, die mit hochrotem Kopf von ihm stand. Er rieb vorsichtig über seine schmerzende Wange.
"Dir auch einen wunderschönen guten Morgen!" Warf der blonde Junge ihr wütend entgegen, doch Kelly schnaubte bloß.

"Es ist halb zwei." Stellte sie fest. "Also sowas muss ich mir nicht bieten lassen!" Empörte sich der dritte Detektiv. Dann starrten sich die zwei Teenager lange einfach sauer an.

"Tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe. Aber ich hab dich hier stehen sehen und konnte nur daran denken, wie wütend ich Samstag auf euch war."
Murmelte sie schließlich schuldbewusst und begann, eine rote Haarsträhne zwischen ihren Fingern zu zwirbeln. Bob starrte einfach stumm auf ihren braunen Haaransatz.
"Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mir erklären würdest, warum du mir überhaupt eine Ohrfeige gegeben hast."
Kelly zuckte bloß mit den Schultern und setzte sich dann auf den Kofferraumrand. Sie schien plötzlich den Tränen nahe und Bob schüttelte fassungslos den Kopf, aber bekam Mitleid, also setzte er sich neben sie und tätschelte ihr ermutigend den Rücken.

(I Just) Died In Your Arms {Bob Andrews & Peter Shaw}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt