71. Kapitel

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»Tyler!«, flüstere ich und halte mitten in der Bewegung inne.

»Was ist los?«, murmelt er und sieht mich erstaunt an.

»Sie sind da!«, erkläre ich eindringlicher.

Mein Freund will gerade etwas sagen, da hören wir schon die Schritte.

»Schau nicht so verschreckt!«, flüstert mir Tyler noch zu, da steht schon meine Mama vor uns.

»Oh, Ollie! Tyler?«, meine Mum schaut ganz erschrocken drein.

»Ich dachte, du bist noch nicht zu Hause...«, murmle ich und Tyler lacht leise.

»Ich habe mein Handy in der Praxis liegen gelassen, muss es nachher noch holen!«, erklärt meine Mutter und jetzt verstehe ich auch, warum sie sich so lange nicht zurückgemeldet hat.

Jetzt ist es aber zu spät. Jetzt befinden wir uns schon im Haus und so wie ich die Schuhe am Boden deuten kann, ist Georg auch da.

Und wirklich, ein paar Sekunden später erscheint Besagter schon um die Ecke und zieht erst Tyler und dann mich in eine Umarmung.

Meine Mum schaut noch immer ganz verblüfft drein. Anscheinend vernetzen sich in ihrem Gehirn gerade die Informationen.

Sie scheint überrascht darüber zu sein, dass ich mich Tyler angekommen bin. Wo wir uns doch nie sonderlich für den anderen interessiert haben. Was alles zwischen uns vorgefallen ist, kann sie ja nicht wissen.

»Kommt rein ihr beiden! Ich habe Kuchen gebacken«, meint meine Mama und scheint sich von ihrem Schock erholt zu haben, weil sie mich und danach Tyler in eine Umarmung schließt.

Ich setze mich neben meine Mutter und Tyler nimmt gegenüber von mir Platz.

»Wo habt ihr denn das Auto geparkt? Ich habe euch gar nicht kommen gehört!«, meint meine Mum und sieht ein wenig verunsichert aus.

Das kann ich verstehen. Der Sohn kommt mit dem Stiefsohn an und plötzlich verstehen sie sich so gut, dass sie sogar gemeinsam fahren.

»Tyler ist gefahren und er hat sich ein paar Häuser weiter hingeparkt. Es war alles besetzt...«, versuche ich zu erklären. Dabei höre ich mich allerdings wenig überzeugend an.

Sogar Georg zieht eine Augenbraue in die Höhe.

»Ihr verhaltet euch wirklich sehr eigenartig... «, merkt meine Mama an und nimmt legt uns beiden ein Stück Marillenkuchen auf den Teller.

Ich stemme mir ein Stück herunter und schiebe es in meinen Mund. Während ich kaue, versuche ich mit Tyler zu kommunizieren.

Leider sind wir nicht gerade in der Lage das nur mit unseren Augen hinzubekommen. Denn nach ein paar Minuten, in denen wir uns anschweigen und ich mit meinen Augen kuriose Bewegungen vollziehe, seufzt Tyler schließlich und fragt seinen Vater etwas.

Ich bin im Moment nicht mehr in der Lage irgendetwas zu denken oder auch nur zuzuhören. Vielmehr bin ich gerade damit beschäftigt, mir Ausreden zu überlegen.

Ausreden, warum Tyler und ich gemeinsam nach Hause gekommen sind. Warum das Auto so weit weg steht. Und warum wir Dinge gemeinsam unternehme, wo wir uns überhaupt nicht kennen.

Und in dem Moment, indem Tyler aufschaut und sein Blick meinen trifft, weiß ich, was zu tun ist.

»Darf ich?«, forme ich mit den Lippen.

Mein Freund sieht zuerst etwas erschrocken drein, doch dann nickt er.

»Mum, Georg...«, beginne ich und sofort habe ich die volle Aufmerksamkeit von ihnen auf mir.

Hinter verschlossenen Türen [boyxboy]Where stories live. Discover now