Sebastian Stan #3

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Am nächsten Morgen merke ich am Tisch wie Dorothy mich die ganze Zeit anstarrt. Ich versuche es zu ignorieren, doch es geht nicht. 

"Was ist?"
"Ich bin schockiert."
"Ich nehme die Entschuldigung an."
"Wir müssen dir eine neue Zofe suchen."
"Ich habe kein Problem mit Beatrice."
"Ohne Korsett? Sebastian sag doch etwas."
"Ich habe da kein Problem mit. Ich würde so etwas auch nicht tragen wollen." sagt er ruhig. "Ich würde jetzt auch gerne in Ruhe essen. Ich habe Hunger."

Dorothy knallt Messer und Gabel laut auf den Tisch und wir sehen sie erschrocken an. "Sebastian es kann dir doch nicht alles so egal sein. Sie ist deine Frau und sie wird deinen Ruf ruinieren."
"Mutter bitte."
"Nein!"
"Sie ist noch ein Kind. Ok? Lass ihr Zeit erwachsen zu werden." widerspricht Sebastian und ich sehe ihn an. Ich weiß, dass er es nicht böse gemeint hat, doch trotzdem tut es weh. 
"Doch du wolltest eine Frau und kein Kind. Oder bist du ein Kindermädchen?"

Die beiden diskutieren und ich spüre immer mehr wie traurig ich werde. Ich wollte dieses Leben doch auch nicht. 

"Entschuldigt mich bitte. Ich habe keinen Hunger mehr."

Doch die beiden reagieren gar nicht, sondern diskutieren weiter, weswegen ich einfach den Raum verlasse. Das Schönste an dem Haus war der riesige Garten wo wir 6 Gärtner beschäftigen. Ich sitze etwas abseits und beobachte die Vögel und streichle einen der 6 irischen Wolfshunde, als Sebastian sich neben mir niederlässt. "Sie ist abgereist."
"Gut."
"Du sollst wissen, dass ich das nicht so gemeint habe. Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen."
"In Ordnung."
"Nein ist es nicht. Die letzten Tage waren sehr stressig."
"Ich habe dich heute Nacht weinen gehört." sage ich und er sieht weiter geradeaus. "War es wegen dem Kommentar deiner Mutter?"
"Ja. Ich möchte nicht darüber reden."

Ich nicke und schweige dann auch. Nach einer Weile steht er auf und klopft sich die Erde von der Hose. "Du kannst heute Nacht wieder in deinem Zimmer schlafen. Ich lasse es gerade herrichten."
"Danke. Kann ich dich noch etwas fragen?"
"Selbstverständlich."
"Wieso dürfen die Hunde nicht ins Haus?"
"Sie dürfen ins Haus. Haben dahinten sogar eine ganze Scheune nur für sich. Doch sie sind lieber hier draußen. Hier ist ihr Zuhause."

Ich nicke und er geht. Ich streichle den Hund noch einmal durch sein struppiges Fell und seufze dann, bevor ich aufstehe und ins Haus gehe.

Doch ich kann wieder einmal nicht schlafen. Alles fühlt sich so falsch und komisch an. Ich stehe auf und tapse barfuß durch mein Zimmer und dann in Sebastian's. Er liegt in seinem Bett und schläft. Es sieht so einladend aus. Ich gehe zum Bett und stupse Sebastian an.

"Hm? Was ist passiert? Geht es dir gut?"
"Ja. Kann ich hier schlafen?"
"Ja natürlich."

Er hebt die Decke an und ich klettere über seinem Körper ins Bett. "Danke."
"Es ist auch dein Bett. Du brauchst nicht zu fragen." murmelt er und ich kuschle mich in die Decke und die Kissen, bevor ich endlich einschlafe.

In dieser Nacht träume ich das erste Mal von Alice. Ich sehe sie so klar, als wären nicht bereits Monate vergangen seit ich sie das letzte Mal gesehen habe. Ich war nicht einmal zu ihrer Beerdigung eingeladen worden. Sie lacht und zeigt auf einen wunderschönen See. Lächelnd folge ich ihr und sehe Sebastian. Er nimmt ihre ausgestreckte Hand und die beiden lächeln sich an. Glücklich. Ich betrachte meine Hand und sehe, dass mein Ring an ihrem Finger ist. Und irgendwie macht es mich traurig. Als sie sich wieder umdreht hat sie einen runden Bauch. Die beiden lachen zusammen. Sie winkt mich zu sich, doch ich kann mich nicht bewegen. Dann sieht sie mich völlig ausdruckslos an und bricht in Sebastian's Armen zusammen, welcher sie panisch ansieht. Er sagt ihren Namen. Immer und immer wieder. Jetzt ist ihr Bauch verschwunden und sie trägt wieder ihr Hochzeitskleid. In ihrem leblosen Armen liegt ein totes Baby und Sebastian sieht mich weinend und blutverschmiert an. 

Ich schrecke hoch und merke wie mein Herz in der Brust rast. Draußen prasselt der Regen gegen das Fenster und ich beginne zu weinen. Meine Brust schnürt sich zu und ich spüre einen starken Druck als würde sich jemand mit seinem vollen Gewicht auf meine Brust stellen. Nach Luft schnappend will ich aufstehen, doch etwas hält mich fest. Sebastian. Er sagt etwas doch ich verstehe ihn nicht. Meine Ohren rauschen so laut und mein Herz hämmert heftig gegen den Druck. Verzweifelt klammere ich mich an ihn und er nimmt mein Gesicht in seine Hände. Langsam dringt seine Stimme durch.

"Atmen. Du musst atmen. Immer tief ein und aus."
"I-ich k-k-ann ni-nicht." hechle ich und er nickt.
"Ich weiß. Doch du musst."

Er legt seine Stirn an meine und hilft mir mich zu beruhigen. Er legt seine Hand auf meine Brust und spürt wie mein Herz hämmert. "Beruhige dich." sagt er ruhig und so langsam habe ich meinen Körper und mich wieder im Griff. Trotzdem löse ich meinen festen Griff nicht von seinem Hemd. 

"Immer atmen. Das hilft."
"Woher weißt du das?"
"Ich hatte auch Albträume nachdem meine Agnes gestorben ist. Im Traum habe ich sie tausendmal sterben sehen. Sie und unsere Töchter."
"Es war Alice. Es war so grausam. Ihr wart so glücklich. So unfassbar glücklich. Sie trug ein Baby. Dein Baby. Doch dann brach sie zusammen. Ihr totes Baby auf der Brust und beide in deinen Armen."

Ich beginne wieder zu weinen und er zieht mich an sich. "Das ist mit Agnes passiert. Sie hatte unser erstes Mädchen so verloren. Bei der zweiten Schwangerschaft habe ich beide verloren. Deswegen hatte ich nie ein Problem damit, dass wir nicht intim miteinander werden. Ich kann dich nicht auch noch verlieren."

Ich hebe mein Gesicht von seiner Schulter und sehe ihn an. Die Trauer in seinen Augen spiegelt sich in meinen und ich umarme ihn so fest ich kann. Ich bin völlig erledigt und ausgelaugt. "Du wirst mich niemals verlieren. Niemals verlasse ich dich."

Seine Finger finden meine Haare und er drückt mich an sich, während er seine Lippen auf meine Stirn presst. Und so bleiben wir einfach ineinander verschlungen sitzen, während draußen langsam der Regen aufhört und die Sonne aufgeht.

Die nächsten Tage verschlafen ich beinahe komplett. Ich höre immer nur wie Sebastian aufsteht und sich wieder hinlegt. Ich weiß nicht, was er den ganzen Tag treibt. Der Traum hängt mir immer noch in den Knochen.

Doch bald hebt er mich aus dem Bett und bringt mich in das große Badezimmer. Er zieht mir das Kleid über den Kopf und hilft mir dann in die Wanne. Er lässt mich alleine und ich lasse mich weiter reinsinken. Selbst als das Wasser abgekühlt ist und ich friere, bleibe ich sitzen und lasse mich dann langsam unter das Wasser sinken. Der restliche Sauerstoff kommt als Blasen an die Oberfläche und ich tauche wieder auf. 

Wortlos kommt Sebastian rein und reicht mir ein Handtuch. Dann beugt er sich runter und gibt mir einen Kuss auf den Scheitel. "Alles Gute zum Geburtstag."

Das Frühstück verläuft leise und danach gehe ich durch den Garten spazieren um die Hunde zu sehen. 

"Ich habe eine Überraschung für dich." sagt Sebastian plötzlich hinter mir und ich drehe mich um, um ihn anzusehen. 
"Ach ja? Was denn?"
"Komm mit."

Er reicht mir seinen Arm und ich hake mich unter. Wir laufen zu der alten, klapprigen Scheune und dort hinten in der Ecke liegt eine Hündin mit 6 Welpen auf einem Haufen aus Decken. 

"Oh nein sind die niedlich." sage ich und streichle über die Welpen. Die Hündin wedelt mit dem Schwanz und schließt ihre Augen als Sebastian sie streichelt.
"Sie sind gestern in der Früh gekommen."
"Was passiert mit ihnen?"
"Wir verkaufen sie. Viele Bauern in der Umgebung haben Hunde von uns."
"Können wir einen behalten?"
"Wenn du das möchtest."
"Ja sehr gerne. Am liebsten würde ich alle behalten."
"Das wären dann 12 Hunde. Ein ziemlicher Haufen."
"Ja riesig." sage ich lächelnd. "Zu riesig?"

Sebastian lächelt. "Du darfst sie behalten, wenn du möchtest."

Ich lächle ihn an und betrachte dann die Hunde. "Ihr dürft alle bleiben."

Danach gehen wir beide zurück und er nimmt vorsichtig meine Hand. Ich drücke leicht und er sieht mich an. "Danke."
"Für dich doch alles."

In mir breitet sich ein warmes Gefühl aus und ich schmiege mich an Sebastian. Hier möchte ich bleiben. In diesem Garten mit Blumen und Pflanzen und mit Sebastian.

One ShotsWhere stories live. Discover now