Kapitel 2 - Feuer und Blut

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Zurück nach Avalon?!

Arianna erhob sich auf diese Worte hin so ruckartig, dass der Stuhl nach hinten kippte und mit lautem Poltern auf den Boden stürzte.
„Das könnt Ihr nicht tun!", stieß die junge Frau lautstark aus.

Ector hörte die Empörung und den Zorn, erkannte aber auch die versteckte Verzweiflung dahinter. Viele Jahre war es her, da hatte eine die Priesterin Avalons in weißen Gewändern vor ihm gestanden. Die Schönheit in Weiß stand einem Krieger, ohne Hoffnung gegenüber. Einem Mann, beschmutzt mit Blut und mit gebrochener Seele, weil ein Kampf verloren schien, für den er alles riskiert hatte. Und ausgerechnet ihm vertraute sie den größten Schatz des Reiches an.
Als er wenige Tage später nach Hause zurückkehrte, brachte er auf seinen Armen ein junges Kind in seine Festung. Ein kleines Mädchen mit großen, von Tränen geröteten Augen. Ein Kind, das nicht sprechen und auch nicht aus ihrem Zimmer kommen wollte. Doch schließlich fand sie sich mit seinem Schicksal ab ... und lange hoffte er sogar, sie könnte die Schrecken irgendwann vergessen, die sie in seine Arme gebracht hatten.
Er hatte das Kind fortan als sein eigenes großgezogen. Ja, vermutlich hatte er sie zu sehr verwöhnt. Seine beiden Söhne liebten das Mädchen mit den roten Locken vom ersten Augenblick an und beschützten es, wie es gute Brüder sollten. Sicherlich traf es sie alle deshalb besonders hart, als kurz nach ihrem zehnten Geburtstag eine weiß gewandete Priesterin sie wieder von hier fortnahm.
Aber Gerüchte machten unter dem unzufriedenen Volk die Runde. Der Königssohn habe den Mordanschlag überlegt und die fanatische Suche des Königs war zu gefährlich geworden. Nun hatte er sie vor etwas mehr als einem Jahr zurück in ihr Heim geholt ... doch ihre gemeinsame Zeit schien sich bereits wieder dem Ende zu neigen.


„Mein Entschluss steht fest. Ich werde mit Kay und Alan an den Hof reisen, sobald du aufgebrochen bist", erklärte er und die strenge Miene des Mannes gewann wieder ein wenig an väterlicher Wärme, „Wenn wir überzeugt sind, dass es sicher ist, werden wir dich nach Hause zurückholen, Arianna", unterbreitete er ihr das Friedensangebot.
Vergeblich.
„Ihr könnt mich nicht immer fortschicken!", begehrte jene auf und ihre schlanken Finger wischten fahrig eine der widerwilligen roten Strähnen aus dem zarten Gesicht.
Der Lord stöhnte nun hörbar und schüttelte den Kopf.
„Es ist noch nicht der rechte Zeitpunkt."
„Es wird niemals der rechte Zeitpunkt sein!", gab sie zurück und wischte sein Argument in einer abwinkenden Geste beiseite. „Ihr könnt mich nicht ewig versteckt halten. Eure Vorsicht würde nur noch mehr Misstrauen erwecken, als es bereits der Fall ist. Seit einem Jahr darf ich kaum die Feste verlassen. Denkt ihr, das wäre nicht bemerkt worden?" Arianna trat hin und her wie einer seiner Jagdhunde, wenn sie vor seiner Tür auf und ab stromerten und er ihnen den Einlass verwehrte.
„Ich bin kein Kind mehr, Vater. BITTE, lasst mich endlich mit Euch gehen! Ich werde nie Verbündete finden können, wenn Ihr mich nicht-"
„Es ist nicht DEINE Aufgabe, Verbündete zu finden", unterbrach er sie jetzt doch ein wenig harscher, als er es gewollt hatte. "Ich werde einen passenden Gemahl für dich finden, der-"
„Der was? Der meinen Kampf für mich führen kann?!", gab das Mädchen zurück und nun wurde der Ausdruck des Lords härter.
„Es ist nicht die Aufgabe der Frauen, die Kämpfe zu führen", mahnte er sie und sah zu, wie sie die Fäuste ballte. „DU bist in aller Augen MEINE Tochter, Arianna. Du bist eine Frau und als solche musst du deinen Platz endlich akzeptieren!"


Ah, vielleicht hätte er den rebellischen Funken viel früher ersticken sollen. Stattdessen ließ er zu, dass seine Söhne mit Holzschwertern gegen das Mädchen kämpften, sie auf den Rücken von Pferden setzten und ... nun?
„Arianna, du musst deine eigenen Waffen einzusetzen lernen ..."
„Die Waffen einer Frau? Und was stellt Ihr Euch vor? Mich als Strippenzieherin, mit süßen Worten oder Giften?", gab sie zurück und kam dabei auf ihn zu, um vor ihm niederzusinken. Der Stoff des Kleides fiel um den Körper der jungen Adligen wie Blütenblätter. Und so sah er sie noch heute, egal wie schmutzig oder aufbrausend sie sein mochte: eine Blume, die er beschützen musste.
"Du bist nicht dein Bruder Arianna." Seine Stimme besaß nun einen rauen, mitleidigen Klang. "Artus ist tot. Du musst lernen, das zu akzeptieren und deinen eigenen Weg gehen. Es ist dir nicht bestimmt. Stets wird nur ein MANN König sein."
„Vater", unterbrach sie ihn erneut. Noch nie hatte sie einfach aufgegeben. Vielleicht war es das Blut der Pendragons, das sich letztendlich doch nicht verleugnen ließ. "Lasst es mich versuchen. Gebt mir die Gelegenheit, die Bestimmung zu ergreifen, die mir bestimmt ist." Flehte sie und legte die zarten Finger über seine, „Bitte Vater. Sagt ihnen, ich sei fort. Gebt mir den Ring und lasst mich von Kay ausbilden. Artus ist tot ... aber ich bin auch vom Blute der Pendragons. Ich kann seinen Platz einnehmen."

Die Dornen von AvalonWhere stories live. Discover now