"Strandausflug"

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POV. Amara

Zwei Tage nach dem Abendessen stehe ich schon um 6 Uhr morgens auf und mache mich fertig.
Es ist ein ziemlich heißer Tag und die Tatsache, dass es so früh bereits 30 Grad sind, lässt nur erahnen, dass ich später wohl nur noch eine Pfütze sein werde.

Mein Vater schläft noch, während ich mich mit einem Miniventilator bewaffnet nach draußen wage und von Jeffrey zu einen Blumenladen und anschließend zum Friedhof fahren lasse.
Heute ist der Todestag meiner Mutter.

„Geht es dir gut?" besorgt mustert mich Jeffrey durch den Rückspiegel, während wir an einer roten Ampel stehen. Seine Stirn liegt in Falten und erinnert mich wieder daran, dass er wohl der einzige Mensch auf diesen Planeten ist, der sich ernsthaft um mich und meine Gefühle sorgt.

Ich lächele schwach und betrachte den Blumenstrauß in meiner Hand.
Er besteht aus einem Dutzend Chrysanthemen in den unterschiedlichsten Farben. Dies waren ihre Lieblingsblumen laut meinen Großeltern...

„Nicht wirklich." gestehe ich. „Mein bester Freund wurde gekidnappt, mein Feind und Sohn des Mörders meiner Mutter ist mein zukünftiger Ehemann und mein Vater interessiert sich nicht mal annähernd für mich. Für ihn bin ich nur ein Mittel zum Zweck."

„Sag sowas nicht. Er liebt dich. Vielleicht zeigt er es nicht immer, aber er will nur das Beste für dich und deine Zukunft."
Ich schnaube, doch spare mir einen Kommentar. Stattdessen schaue ich aus dem Fenster und betrachte die vorbeiziehende Landschaft, bis wir am Friedhof angekommen sind.
Meine Familie hat einen extra Abteil, der durch einen großen, eisernen Zaun mit Tor von dem restlichen Friedhof abgegrenzt ist.
Ich schließe auf und gehe zielstrebig zu den Grab meiner Mutter. Als ich es schließlich erreiche, lege ich die Blumen sorgfältig darauf und setze mich auf die Bank, die davor steht, während ich es betrachte.

„Wärst du doch bloß hier." eine Träne kullert über meine Wange und ich wische sie schnell weg. Dies ist wirklich der einzige Ort wo ich weine und das jedes verdammte Mal.
„Du hättest mich nie zu einer Hochzeit mit dem Sohn deines Mörders gezwungen, doch Vater hat offensichtlich den Verstand verloren. Wenn es nach ihm ginge würde ich sofort und auf der Stelle heiraten. Die Motive von Luciano sind ihm egal."

Eine Weile starre ich einfach nur auf das Grab meiner Mutter und stelle mir vor, was sie jetzt wohl sagen würde.
Ich war noch sehr klein, als sie starb, doch an ihr Lächeln kann ich mich noch erinnern. Es war wunderschön, genau wie sie.

„Amara?" Jeffrey tritt neben mich und legt eine Hand tröstend auf meine Schulter. Bis gerade eben hat er noch vorne am Tor Wache gehalten, doch es muss mehr Zeit vergangen sein, als ich angenommen hatte.

„Weißt du, was man als erstes von einem toten Menschen vergisst?" ich löse mein Blick nicht von dem Grab, während ich spreche. „Es ist die Stimme. Ich kann mich garnicht mehr daran erinnern, wie sie geklungen hat.
Es tut weh nicht mehr zu wissen, wie die eigene Mutter geklungen hat. Es tut selbst noch mehr weh, als die Tatsache, dass ich Luciano heiraten muss."

————

„Charmant."
Misstrauisch betrachte ich die 5 Bodyguards hinter Eleanor.
Während ich heute morgen noch um meine Mutter trauern durfte, hat mein Vater es für eine tolle Idee gehalten, dass ich mich am Nachmittag mit Eleanor treffe und mit ihr mein Brautkleid auszusuchen soll.

„Meine Familie ist da immer etwas eigen." sie verzieht ihr Gesicht zu einer Grimasse und schließt mich in die Arme.
„Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht erwartet habe, dass du dich tatsächlich mit mir triffst." sie kichert.
„Deine Blicke haben an dem Abend mehr als nur deutlich gemacht, was du von allen gehalten hast."

„Das waren ja auch alles Psychopathen. Nichts für ungut."
Sie hebt leicht die Schultern. „Ich würde dir ja gerne widersprechen, aber dabei hast du wohl Recht." sie schmunzelt und wir betreten das Brautmodegeschäft, welches heute nur uns gehört.
„Wie kam es eigentlich dazu, dass du Luciano heiratest. Begeistert sahst du nämlich nicht aus."
„Erpressung." erwidere ich trocken und scheine Eleanor damit nicht gerade zu überraschen, sondern lediglich neugierig zu machen.

Born to kill youWhere stories live. Discover now