Kapitel 10

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Harrys POV:

„Hey Kleines, was ist los? Alles gut?" Louis' Stimme klang noch etwas rau, was Harry einen kleinen Schauer über den Rücken jagte, weil er den Grund hierfür kannte. Gleichzeitig vernahm Harry eindeutig Sorge in seinem Tonfall.

Das Bild auf dem Display hatte zwei Mädchen gezeigt, die sich sehr ähnlich sahen. Keine von beiden war die Frau auf seinem Sperrbildschirm, was Harry etwas beruhigte, dennoch wüsste er gerne, wer 'Phoebe' war. Sie musste Louis nahestehen, soviel war klar.

Als Louis auch noch vom Bett aufstand und aus dem Fenster sah, war klar, dass er die größtmögliche Distanz zu Harry schaffen wollte. Ob aus Reue wegen dem, was gerade geschehen war oder weil er nicht wollte, dass Harry etwas von dem Telefonat mitbekam, wusste er nicht.

Harry bereute den Abend jedenfalls nicht. Auf gar keinen Fall. Er war mit der Erwartung einer Französischstunde hergekommen, mit der geringen Hoffnung auf ein gemeinsames Essen vielleicht. Bekommen hatte er das volle Programm mit Pizza, seiner Lieblingsromanze und Rumgeknutsche mit Louis.

Er konnte ihn noch immer auf seinen Lippen spüren. So zögerlich Louis manchmal auch war, wenn er einmal Blut geleckt hatte, gab es kein Halten mehr. Wie weit wäre er wohl gegangen, wenn sein Handy nicht geklingelt hätte? Sein Körper hatte ihn jedenfalls schon vor einer ganzen Weile verraten, auch wenn er versucht hatte, es zu verstecken.

Louis fuhr sich durch die Haare und atmete hörbar aus. „Phoe... das Semester fängt morgen an. Ich kann jetzt nicht zurückkommen." Er stützte sich kraftlos auf seinem Schreibtisch ab und sprach weiter. „Es tut mir Leid, das weißt du, aber was soll ich denn machen?" Kurze Stille. „Phoe, dann wäre alles umsonst gewesen."

Harry überkam das Gefühl, dass Louis dieses Gespräch wohl lieber allein führen wollte. Es schien sehr persönlich zu sein und Harry wollte ihn mit seiner Anwesenheit nicht stören, also stand er vom Bett auf und zog sich seine Schuhe an.
Als er seine Sachen wieder in seine Tasche gepackt hatte, machte er Louis auf sich aufmerksam und zeigte mit seinem Zeigefinger erst auf sich und dann zur Tür.

„Warte mal kurz, Phoebe.", unterbrach Louis das Gespräch. Er drehte sich zu Harry um, konnte ihm aber nicht in die Augen sehen, wofür Harry auch Verständnis hatte. Das gerade Geschehene musste für Louis ein ganz schöner Schock sein, den er erst einmal durchdenken und verarbeiten musste. Selbst Harry hatte nicht erwartet, dass der Tag mit einer wilden Knutscherei im Bett enden würde, für Louis musste das noch viel überraschender gewesen sein.

Außerdem war Harry sich inzwischen ziemlich sicher, dass Louis vor diesem Abend noch nie etwas mit einem Mann gehabt hatte. Das musste man eben auch erst einmal verdauen, wenn man einundzwanzig Jahre lang gedacht hatte, man sei hetero.
Er selbst konnte in das Bewusstsein hereinwachsen, dass er schwul war. Er hatte sich während der Pubertät ausprobiert und festgestellt, dass es ihm deutlich besser gefiel, Männer zu küssen und mit Männern Sex zu haben als eben mit Frauen.

Wenn Louis bisher wirklich nur mit Frauen zusammen gewesen war, dann musste dieser Abend für ihn ein ganz schöner Brainfuck gewesen sein. Oder hatte er sich schon vorher zu Harry hingezogen gefühlt und wollte es an diesem Abend ausprobieren? Nein, das glaubte Harry nicht. Er hatte schon gezögert, sich zwischen Harrys Beine zu setzen. Hätte er den Verlauf des Abends geplant, wäre er nicht so zurückhaltend und unentschlossen gewesen.

„Du willst los?", riss Louis ihn aus seinen Überlegungen und kaute unsicher auf seiner Unterlippe herum.

„Ja, ich will dich nicht stören. Das scheint wichtig zu sein."

Die Anruferin schien auch etwas zu sagen, denn Louis antwortete ihr kurz. „Ja, ich hab Besuch... Ein Freund. Warte mal kurz, er will gerade gehen." Dann sah er wieder zu Harry. „Tut mir Leid... Meine Schwester... Phoebe... Ich muss... schwer zu erklären."

Don't Let It Break Your HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt