FFF

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„Nathaniel Brown."
Sie schaut mich verwundert an.
„Äh Nathaniel Brown, das ist mein Name." ergänze ich noch schnell.
„Ja schon klar, dass das dein Name ist. Was soll es auch sonst sein? Dein Hund vielleicht? Ne das kanns nicht sein, du bist ja alleine hier...", sie kratzt sich ironisch an der Stirn und denkt weiter nach.
„Ahhh vielleicht ist Nathaniel Brown auch deine zweite Persönlichkeit. Hi zweiter Nathaniel."

Diese schöne Gestalt will mich doch verarschen. Die hat doch einen an der Klatsche.

„Du hast nach meinem Namen gefragt und jetzt willst du mich hier zum Narren machen?!" Ich schaue sie herablassend an.
Scheiße, das wars mit der WG.
„Ohhhhhh, immer langsam mit den jungen Pferden. Erst kommst du hier an, ohne jegliche Begrüßung und jetzt diese miese Laune?"
Sie verschränkt ihre Arme.
Kein gutes Zeichen.

„Willkommen in unserer WG! Sowas wie dich haben wir noch gebraucht in diesem wilden Studentenhaufen!" Sorana hält mir die Tür mit einem einigermaßen herzlichen Lächeln auf.
Dass ich hier unfreundlich zu allen bin, scheint keinen zu interessieren. Francois nahm mich direkt auf und Sorana hält mir die Türe offen... was für eine Luft atmen die Leute in London bloß?

Leichte Opfer. Schnelle Schreie. Hol sie dir, du brauchst sie. Luise wartet auf dich. Sie möchte dich wieder sehen.

Ich gehe ohne ein weiteres Wort in die Wohnung und sehe mich desinteressiert um. Keine allzu großen Zimmer, recht schlicht gehalten, zumindest das, was ab heute meins sein wird. Blassblaue Tapeten, Francois hatte recht behalten, sie blättern wirklich ab. Ein Bett aus dunklem Holz, in das Blumen eingeritzt sind. Ein Fenster mit Balkon, die Aussicht auf das London Eye, nicht mal übel. Ein übermäßig großer Schrank, ein merkwürdig kippendes Regal, sowie ... oh, na sieh' mal einer an, an der Steckdose unter dem Regal lädt doch tatsächlich ein Vibrator. Hilfe.

Sorana kreischt los. Springt mit einem Satz zu mir rüber, schnappt mir den Vibrator vor den Augen weg und rennt aus dem Zimmer.
„VERDAMMTTT", höre ich sie fluchen.
„Oui oui, auch die Frauen haben Bedürfnisse Mate. Sie lädt das Ding immer hier, weil der Strom in diesem Zimmer aus irgendeinem Grund schneller fließt. Sie hats nötig, dass die Batterie zügig lädt, wenn du verstehst.." Francois lächelt verschmitzt und klopft mir auf die Schulter, so als hätte er gerade etwas Weises oder Lehrreiches erzählt.

Ich stelle mein Gepäck ab und schlendere durch die bescheidene Wohnung. Von abgeblätterten Tapeten, zu abgeblätterten Tapeten bis hin zu abgeblätterten Tapeten. Hab ich schon oft genug erwähnt, dass die Tapeten hier abgeb- okay, ich stoppe ja schon.

Es ist eine gemeinsame Wohung mit lauter Einzelzimmern, die allesamt beschmückt und vollgestopft sind, außer meins und ein Weiteres.
„Wer schläft denn hier wenn ich fragen darf? Sieht nicht so bewohnt aus." Ich schaue zu Sorana, die gerade versucht ihre roten, lockigen Haare zu bändigen. Sie erinnert mich an einen Fuchs.. ich habe keine Ahnung wieso. Vielleicht wegen den Haaren? Oder ihrer unberechenbaren Art? Oder liegt es doch an ihren misstrauischen, grünen Augen? Egal. Wen interessierts.

„Ja, also da wohnt gerade keiner mehr."
„Mehr...?" frage ich langsam.
„Ja mein Lieber. Eine WG ist halt nicht für immer, Leute kommen und gehen, komm damit klar." Sagt sie trocken und verdreht ihre smaragdgrünen Augen.
„Ja, schon klar. Dachte nur ..."
„Dachtest was?"
„Ach vergiss es." Habe keine Lust auf ihr Gezicke. Gott, hat die etwa ihre Tage oder was?!
„Sorry, die Uni stresst mich zur Zeit sehr und ich bin etwas gereizt....", Sorana senkt ihren Kopf. Unter anderen Umständen wäre es gar nicht mal so unniedlich.
„Du bist immer gereizt Sora!" Schreit Francois, während er die Treppen hinaufkommt mit einer Tüte Donuts. Stimmt, da war ja was.
„Du hast Donuts mitgebracht? Awww danke mein kleiner Baguette-Hasser", Sorana küsst Francois' Backe.

Vielleicht haben die zwei ja was am Laufen? Umso besser, dann sind sie mehr mit sich beschäftigt und ich habe meine Ruhe.
„Die Donuts sind für alle außer dich SORA!!! Zut! Du hast unser Freundschaftsband weggeschmissen, schon vergessen?!" Francois reißt ihr giftig die Tüte aus der Hand und schmollt wie ein kleines Kind.
„Man Francois! Das war vor Monaten, und nur weil es fürchterlich an meiner Haut gestochen hat. Du hast die Dinger schließlich aus verdammten Dornen gebastelt?!" Sorana nimmt die Tüte wieder für sich ein und haut in ihr Zimmer ab... wie ein Fuchs, der gerade auf Jagd war und nun seine Beute im Bau verstecken und lagern möchte.

Jedenfalls kam ich damit zur Erkenntnis, dass die beiden wohl doch nichts am „Laufen haben".

„Das hier ist das Bad. Wir haben leider nur eins und das ist ziemlich nervenaufreibend, zumal die Mädels dort ihre tägliche Modenschau abhalten. Mach dich auf was gefasst, sie hocken da stundenlang und plötzlich stehen sie vor einem und wollen, dass man ihr Outfit von 1–10 bewertet. Wenn es nicht mindestens eine 10 wird, bist du geliefert. So viel steht fest." Francois lacht und starrt in die Leere, als würde er genau dieses Szenario gerade in seinem Kopf abspielen.

„Wo sind die anderen Mitbewohner - und wie viele sind es noch?" Bitte nicht viele, bitte nur Introvertierte, die ihre Klappen halten. Bitte kein Francois 2.0!

„Sie sind wahrscheinlich was trinken oder lernen in der Bücherei oder tun ganz andere Dinge.. jedenfalls sind wir mit dir zusammen 5 Leute. Wir suchen demnächst mal nach nem sechsten Opfer hahah! Am besten ein Mädchen, dann haben wir wieder Gleichstand, 3:3."

Also lebe ich in Zukunft mit 2 Jungs und eventuell 3 Mädchen unter einem Dach. Da hast du doch genug Auswahl.. wie wäre es mit Francois? Er geht dir auf den Sack und scheint leichte Beute zu sein. Oder vielleicht doch lieber die kleine Füchsin? Ja, die könnte was hermachen. Ihre Schreie würden den Raum prächtig erfüllen.

„Und zu guter letzt... einmal Trommelwirbel: Die Küche!" Zum Glück zeigt Francois auf die kleine Mikrowelle, sowie die, in die Ecke gestellte Spülmaschine, ansonsten hätte ich die Küche gar nicht als solche wahrgenommen. Das ist tatsächlich ein trauriger Anblick.

„Was möchtest du heute Abend essen? Die anderen können was mitbringen. Nh Pizza? Oder doch eins auf asia? Haha!"
„Wie wäre es mit etwas Selbstgekochtem?"
„Du meinst so richtig mit Gewürzen und eigener Handfertigkeit?" Francois schluckt schwer.
Ach du scheiße, seine Fast-Food-Welt fällt vor seinen Augen auseinander. Ich sehe, wie ihm das Leben aus den Augen entweicht.
„Ja, genau so etwas Altertümliches habe ich im Sinn gehabt. So richtig mit Töpfen und Herd."
Gebe ich zustimmend zurück.
„Mit was willst du denn kochen Mate?"
„Mit Lebensmitteln, wie z.B. einer Kartoffel. Sie wächst aus dem Boden, daher auch der französische Name „pomme de terre". Sie ist essbar, in vielen verschiedenen Farben und Formen im Supermarkt erhältlich und ..."
„JA! Ich weiß VERDAMMT nochmal was eine Kartoffel ist, nur wir haben hier keine im Haus."

Das wird mein endgültiger Tod. Auch ich werde enden als FFF. Fast-Food-Freak.

(Danke für's Lesen <3 Gerne Feedback 🦋)

Gelbe NelkenWhere stories live. Discover now