chapter 8

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|Ophelias Pov|

Wir waren gegen 12 Uhr wieder gekommen und Chlodwig holte mich und Kenzie ab. Elio wurde von seinem Vater höchstpersönlich abgeholt. Ich konnte immernoch nicht glauben, dass der liebe, hilfsbereite Benjamin, der gern kochte und Hunde liebte, in Wahrheit ein gefürchteter Mafia Boss ist. Wie konnte ich das nie bemerken? Ich war doch schon von klein auf mit der Mafia in Berührung und verbrachte die Hälfte meiner Kindheit und Jugend bei den Sanchez.
Aber gut, Theo und Elio schienen es bei uns ja auch nicht bemerkt zu haben.

Wir setzten Kenzie an ihrer Wohnung ab und fuhren dann nach Hause. Im Radio lief „Enjoy the Silence" und Chlodwig und ich sangen lautstark mit. Das liebte ich an ihm. Er war vielleicht Mitte 60, doch trotzdem noch für jeden Spaß zu haben. Er hatte noch Spaß am Leben und hatte immer gute Tipps.
Als wir in die Einfahrt bogen, traf mein Blick auf Rue, die an der großen Tür stand und aufgeregt hin und her wippte. Sie grinste mir entgegen und kam auf mich zu getapst, sobald ich aus dem Auto stieg.
Sie umarmte mich, als hätte sie mich 10 Jahre nicht gesehen.
„Du riechst nach Mann", stellte sie fest.
„Ich hab ja auch neben Chlodwig bis vor 1 Minute gesessen", kommentierte ich ihre Feststellung.
Ich roch nicht nach Chlodwig. Das wusste ich. Ich roch nach Elio, da er neben mir im Flugzeug gesessen hatte. Aber das sollte Rue nicht wissen, sonst würde sie mich damit aufziehen. Sie wollte schon seit 5 Jahren, dass ich alles mit ihm kläre und wir wieder einen gemeinsamen Weg einschlugen. Sie mochte Elio sehr. Er war wie ein großer Bruder für sie gewesen. Schon als sie ganz klein war. Theo war genauso. Er kümmerte sich stets um Rue und war ihr immer ein guter Freund.
Sie vermisste die beiden. Nicht so sehr wie ich es tat, aber sie vermisste sie. Theo hatte ich ja jetzt wieder. Naja zumindest lebten wir wieder in der selben Stadt. Er war nun verheiratet, da hatten nun andere Dinge bei ihm Priorität. Doch das war nichts schlechtes. Ich und auch Rue gönnten ihm sein Glück von ganzem Herzen.
Ich dachte daran, was er wohl gerade machte. Er lag wahrscheinlich gerade am Strand. In einer Hand ein Bier und in der anderen seine Frau Camille. Ob sie schon schwanger war? Ich würde ganz sicher Patentante werden. Oder wollten sie überhaupt ein Baby in ihre Mafiawelt setzten? Doch ganz sicher, ich kannte Theo. Als ich damals schwanger war, hatte er sich so unglaublich gefreut Patenonkel zu werden. Die Freude hielt ja leider nicht lang.
Meine Gedanken schweiften zu Elio. Wann sollte ich ihm von der Sache erzählen? Auf jeden Fall sehr bald.
„Du denkst an Elio, richtig?", grinste mich Rue an.
Woher wusste sie das jetzt schon wieder?
„Ich hab nur daran gedacht, wann ich ihm von der Sache erzählen will", gab ich zu.
„Heute Abend?", gab sie als Vorschlag.
Oh verdammt. Das hatte ich ja komplett vergessen. Mein Vater schmiss heute seinen jährlichen Gala Abend. Unser erster Stock hatte schiebbare Wände und somit konnte man diese ganz einfach verschieben und erhielt einen riesigen Tanzsaal. Früher hatte er immer den Hochzeitstag von ihm und meiner Mutter als Anlass genommen. Mittlerweile war es aber einfach nur noch ein Fest, um Geschäfte zu besprechen, zu tanzen und Spaß zu haben.
Ich mochte diesen Abend eigentlich immer gern. Alle alten Ladies kamen immer zu mir und Rue und sagten uns, wie groß und schön wir doch geworden waren. Jedes Jahr. Und da jetzt ja auch die Identität der Sanchez bekannt war, würden sie wohl auch kommen.

„Sag bloß, du hast es vergessen", staunte Rue.
„Nein nein natürlich nicht.", begann ich, „Obwohl eigentlich schon. Ou man. Der Stress der letzten Tage und dann die Mission. Da hab ich's wirklich irgendwie vergessen", gab ich zu.
„Wir haben noch sechs Stunden. Papa hat uns 10 Kleider rausgesucht. Wir sollen uns eins aussuchen.", erklärte sie mir.
Sie sprach weiter: „Er hat auch Leute für Haar und Makeup vorgeschlagen, aber ich hab einfach mal abgelehnt"
Ich lächelte sie an.
„Wir machen uns jetzt zusammen fertig und du erzählst mir jedes Detail der Mission"
„Uh ja da gibst viel zu erzählen"
Ich sah Rue zu wie sie mich angrinste und aufgeregt davon hippelte.

Ich liebte meine kleine Schwester. Sie war eigentlich immer glücklich und steckte mich damit an. Sie war immer unfassbar stark und ließ sich nicht unterkriegen. Sie hatte, was das Mafia Leben angeht, zwar noch viel zu lernen, doch war jetzt schon auf einem Niveau von denen andere nur träumen können.
Damals ging einfach jeder in meinem Leben. Meine Mutter war schon lange fort. Elio und ich trennten uns und er ging zum Militär. Theo und ich lebten uns teilweise auseinander und er ging nach Australien. Klar er hatte mich nicht wirklich verlassen, aber der einzige Kontakt den wir hatten, war eben übers Handy. Meine beste Freundin damals hinterging mich. Mein Vater hatte viel zu tun. Eigentlich hatte ich niemanden mehr, doch Rue... sie blieb. Sie würde immer bleiben. Uns zwei konnte nichts trennen. Niemals.
Egal wie viele Freunde man verlor, die Familie blieb immer. Blut ist dicker als Wasser. Klar, es gab Ausnahmen. Meine Mutter zum Beispiel. Sie verließ uns. Sie verließ mich, ihr eigen Fleisch und Blut. Ich hasste sie. 
Rue war mein ein und alles. Sie würde es immer sein.

Wir gingen zu mir ins Zimmer und setzten uns an meinen Schminktisch.
Ich schminkte sie zuerst.
„Ich liebe dich kleine Schwester, weißt du das eigentlich?"
Sie schaute zuerst verwirrt, lächelte mich dann aber breit an: „Und ich dich, Lia"
Lia hatte sie mich immer früher immer genannt, da sie den Namen Ophelia nicht richtig aussprechen konnte.

5 Stunden lang waren wir beschäftigt mit Schminken, Haaren, Reden und Kleid raussuchen.
Sie entschied sich für ein langes dunkelblaues Kleid. Auf den ersten Blick wirkte es schlicht, betrachtete man es genauer, sah man die Glitzerpartikel und feinen Muster, die sich über den oberen Teil des Kleides zierten.
Das gleiche Kleid wählte ich in dunkelrot. Partnerlook und so...

„Meine Töchter, ihr seht bezaubernd aus.", strahlte mein Vater uns an. Er trug einen dunkelblauen Anzug. Amanda kam mit einer Auswahl an Krawatten und Fliegen und mein Vater wählte eine dunkelrote Krawatte. Somit passte er zu seinen Töchtern.

Ich schaute mich im Saal um. Er war wunderschön dekoriert und die Bar wurde von Scheinwerfern bestrahlt.
Auch über der Tanzfläche hingen große Scheinwerfer.
Die Deko war sehr schick und elegant gehalten.

„Seid so lieb und stellt euch schonmal an die Tür, um unsere ersten Gäste zu empfangen. Ich weise noch schnell die Security ein und bin sofort bei euch", sagte unser Vater.
Mit einem Nicken gingen Rue und ich in Richtung Tür.
Auf dem Weg durch den großen Saal schlossen wir Wetten ab, wer die ersten Gäste sind.
„Ich denke Mrs. Juarez. Kenzies Mutter ist immer und überall überpünktlich", wettete ich.
Kenzie konnte heute leider nicht kommen. Nach unserer Heimkehr musste sie direkt zur nächsten Mission ein paar Stunden weg von hier.
„Ich wette, dass der Jiménez und seine Frau zuerst kommen ", setzte Rue gegen meine Wette.
Giorgio Jiménez war kein Freund von meinem Vater. Als Rue und ich noch jünger waren, hatte er uns oft belästigt. Mein Vater konnte ein Glück immer einschreiten. Giorgio hatte einige Dinge gegen meinen Vater in der Hand. Keine verheerenden Dinge, aber Informationen, die meinen Vater seinen guten Ruf kosten würden. Er hätte damals wahrscheinlich seinen Ruf für seine Mädchen aufs Spiel gesetzt, doch wir hatten ihn davon abgebracht. Seit dem hatte Jiménez auch nichts mehr versucht. Der Mann war vielleicht Mitte 50. Er brachte jedes Jahr eine neue Frau mit zur Gala. Sie alle hatten eins gemeinsam. Sie waren unter 25. Ob er es bei mir auch versuchen würde? Oder bei Rue? Wir waren immerhin 19 und 24. Und selbst wenn... der Mann war schwach. Ich könnte ihn mit einem Fingerzucken zu Fall bringen. Und Rue könnte das auch.
Rue gewann die Wette. Verdammt. Jetzt schuldete ich ihr eine Woche Kleidung schrubben. Das war immer unsere Strafe als Kinder gewesen. Wenn wir etwas falsch gemacht hatten, mussten wir das Blut von Papas Kleidung schrubben. Zu zweit hatte das sogar Spaß gemacht. Aber jetzt hatte ich schon genug mit meinen blutversüfften Missionsklamotten zu tun.
Rue sah mich triumphierend an. Giorgio nahm meine Hand und gab mir einen Handkuss. Igitt. Das gleiche tat er bei Rue. Hinter ihm erschien ein rothaariges Mädchen, ungefähr so alt wie ich. Sie sah nett aus. Sie war aber wahrscheinlich nur auf sein Geld aus.
Die beiden gingen weiter in den Saal. Wenige Minuten später kam Mrs. Juarez durch die Tür. Sie hatte Kenzie relativ spät zu Welt gebracht und war somit jetzt schon End 50 und hatte graue Haare. Ich liebte die Frau. Sie war die ältere Version von Kenzie. Laut, fröhlich und riss auch in ihrem Alter noch viele Männer auf. Sie war nie verheiratet. Sie hatte sich ihr Leben als Waffenhändlerin selbst aufgebaut und wurde steinreich. Kenzie trat in ihre Fußstapfen.
„Hallo Ophelia, hallo Rue. Schön euch mal wieder zu sehen. Hübsch seht ihr aus", begrüßte sie uns.
Sie umarmte uns beide und ging dann weiter.
Nach und nach trudelten die Gäste ein. Rue und ich mussten uns bestimmt 20x anhören, wie groß wir geworden sind.
Die Sanchez betraten den Eingangsbereich.
Cel umarmte mich und Benjamin ebenfalls. Nya fing direkt an, mir ihr Kleid zu zeigen und meins zu bewundern. Das selbe erzählte sie dann auch noch Rue.
Lachend richtete ich mich auf und Elio trat in mein Blickfeld.
„Hey", begrüßte ich ihn
„Hey"

——
1598 Wörter

The stars above usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt