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Jisung Pov:

Es ist tatsächlich mein Onkel. Was will der denn jetzt? Ich merke, wie wieder die Panik in mir hochkommt und deshalb kralle ich mich panisch in den Stoff meine Hose, als er näher kommt. Ich  bitte meine Kollegin, mich kurz zu entschuldigen, weil es mir nicht so gut geht. Sie erwidert die Situation nur mit einem Kopfnicken und einem sonnigen Lächeln. Anscheinend hat mein Gegenüber heute einen guten Tag. Das Letzte, was ich noch mitbekomme, ist eine Bestellung, die aufgegeben wurde, dann verstecke ich mich eilig.

Als mein Blick über das nun leere Café schweift, fällt mir ein Stein vom Herzen, da der Pädophile nicht mehr hier zu sein scheint, nur meine Kollegin befindet sich bei einem Tisch und wischt diesen ab.

Ich stelle noch hastig die Stühle hoch, verabschiede mich von meiner Arbeitskameradin und bedanke mich noch einmal. Draußen angekommen, atme ich tief durch und entscheide mich, was ich jetzt machen soll. Der Tag raubt mir eindeutig zu viele Nerven. Nach Hause ist wohl das Beste, denn ich habe keine Lust irgendjemanden heute über den Weg zu stolpern, den ich keinesfalls sehen möchte. Das kann ich wirklich nicht gebrauchen.

——

Als ich meine Wohnung betrete, mich schnell in einem weiten All-black-look einkleide und wieder hinaus gehe, tragen mich meine Beine ziellos in eine Richtung. Eigentlich wären meine Pläne gewesen, zu Hause zu bleiben, aber das fällt ins Wasser. Aus einem bestimmten Grund fühlt sich mein „zu Hause" immer wieder nicht mehr wie ein zu Hause an. Ich habe dieses Gefühl öfters, da  die Einsamkeit meistens schleichend, ohne Vorwarnung eintritt. An einem Tag komme ich mit dem Verlust meiner Eltern, den Panikattacken und anderen Themen klar, am nächsten Tag verschlingt mich jedoch dieser stechende Schmerz, weswegen mein einziger, dringendster Wunsch manchmal wäre, ohne großen Aufwand einzuschlafen, nie wieder aufzuwachen. Die Augen schließen, sich fallen lassen und merken, wie alles zu spät ist, jede Hilfe bereits keine Wirkung mehr erzielt.

„Wieso falle ich andauernd in dieses Loch hinein? Ich verlange wirklich wenig, aber ist denn ein normales Leben zu viel erwartet? Eines, in dem ich nicht meine leiblichen Erziehungsberechtigten verliere, keine „Maske der Täuschung" tragen oder meine wahren Emotionen unterdrücken muss, damit bloß niemand etwas bemerkt", fällt mein Kopf in den Nacken, während mir ein tiefes Seufzen von den Lippen entweicht, eine Träne über meine Wange läuft.

Mit den Kopfhörern, die mich von der Außenwelt abschirmen, führt der kleine, nächtliche Spaziergang mich orientierungslos durch die Großstadt. Mittlerweile sind die einigen Läden, welche noch geöffnet haben, die bekannten 7/11 Shops, jedoch mir der Appetit schon lange vergangen, seit ein paar Tagen, um genau zu sein.

Ich weiß nicht einmal wohin mit mir, aber im Bestfall einfach weg von dieser Welt, diesen Menschen und dem Rest, der mich fertig macht, meine Lebensenergie permanent absaugt wie Vampire bei Menschen.

Nach einigen Stunden, in denen ich mein Handy auf stumm gestellt hatte, damit mich keiner erreichen kann, was wahrscheinlich sowieso niemand versucht hätte, wandert mein Blick doch auf das elektronische Gerät, welches mitteilt, dass es 6 Uhr in der Früh ist. Flink suche ich meine Adresse heraus, bis ich eine bekannte Route finde, die besagt, ich sei in 15 Minuten in meinen vier Wänden. Auf dem Weg dorthin gehe ich durch einen Park, welcher wirklich schön ist, vielleicht werde ich erneut hierher kommen, wenn ich wieder nicht schlafen kann.

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Heute ist Montag. Ein echt beschissener Tag, wenn mich jemand fragen würde. Wusstet ihr, dass man am Montag um einiges wahrscheinlicher einen Herzinfarkt bekommen kann als sonst? Nein, dann wisst ihr es jetzt und das ist einer der milderen Gründe, wieso ich Montage zum Kotzen finde.

Kurz vor der Schule sehe ich Minho mit irgendeinem Mädchen rumquatschen. Toll. Meine nicht vorhandene Motivation für heute ist hinter dem Mond verschwunden und hat nicht vor, wieder zurück zu kommen. Schnell stampfe ich an den zweien vorbei, um in die Richtung zu gehen, wo meinen Freunden vorzufinden sind, die zum Glück alle schon anwesend bereit stehen.

Loneliness\\ Minsung ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt