Kapitel 31

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Die Ermittlungen

Das Verschwinden Johnnys wurde eine Woche nach dem Verschwinden Aurelias bemerkt. Ein Anruf bei seinen Eltern ergab, dass beide sich bester Gesundheit erfreuten. An sein Handy ging er nicht.

Dr. Masur schöpfte sofort Verdacht, umso mehr, als endlich die Laborergebnisse des kleinen Adrian von Berneck kamen. Sein Blut hatte deutliche Spuren eines Wehen-beschleunigenden Mittels aufgewiesen. Er gab beide Verdachtsmomente an Kommissar Berger weiter.

Der unterhielt sich mit seinem Inspektor. „Papperlapapp! Ein Pfleger! Der Ehemann war's! Der hat ihr auch das Mittel gegeben. Der wollte nicht länger warten!"
Ingo Weiß schüttelte den Kopf. Warum hatte der Chef sich so auf den jungen von Berneck eingeschossen?

Hinter seinem Rücken veranlasste er eine Handyortung von Johnny. Signale wurden aus Tschechien gesendet. Er ließ sich die Aufzeichnungen der Überwachungskameras an der nächstgelegenen Grenze schicken, saß stundenlang vor dem Bildschirm. Kurz bevor ihm die Augen zufielen, sah er ein deutsches Auto mit einem jungen Mann am Steuer. Undeutlich war neben ihm eine junge Frau zu erkennen, sie schien den Sitz zurückgeklappt zu haben und zu schlafen.

Die Überprüfung des Kennzeichens ergab, dass es sich um einen Leihwagen handelte, der auf den Namen Max Dorfner angemietet worden war.

Dieser Max Dorfner war ein Kollege von Johnny Rebers.
Zum Glück aller Beteiligten hatte Kommissar Berger zwei Wochen Urlaub gebucht.
„Du bleibst dran an dem Kerl, okay?" nahm er seinen Inspektor in die Pflicht. „Irgendwann macht er einen Fehler!"

„In Ordnung!" versicherte Ingo und war in Gedanken schon bei seinen eigenen Plänen. Sobald der Chef außer Haus war, fuhr er zum Krankenhaus.
Max war beschäftigt, der Kripomann verhörte andere Kolleginnen und Kollegen.

„Ja! Der Johnny war schon oft bei der Frau von Berneck!"
„Die beiden haben sich gut verstanden!"
„Er hat sie zum Lachen gebracht!"

„Sie hat ja sonst keinen Besuch bekommen! Am Abend ihr Mann, eine Stunde, wenn überhaupt!" bekam er zu hören.
„Sie hat ihn angebaggert! Dauernd hat sie nach ihm gefragt!" berichtete Anne.

Max war vollkommen überrascht von dem Verdacht, der auf ihm lag. „Wir verstehen uns nicht besonders gut!" wiegelte er ab. „Ich versuche immer, in einer anderen Schicht als er zu arbeiten, damit ich ihm so weit wie möglich aus dem Weg gehen kann. Ich habe auch schon die Zusage einer anderen WG. Nächsten Monat ziehe ich um!"

Ingo glaubte ihm. „Hatte er eine Möglichkeit, an Ihre Papiere zu kommen?"

Max dachte nach. „Mein Pass! Er liegt in der Schublade des Nachttisches!"
Er gab dem Beamten seinen Schlüssel. „Ich kann jetzt nicht weg. Schauen Sie doch bitte selbst nach!"

Ingo fand natürlich keinen Pass bei Johnnys Mitbewohner. In seinem Kopf fiel ein weiteres Puzzleteilchen an seinen Platz.
Er fuhr an die Klinik zurück, bat Stefan um ein Gespräch. „Wo ist der Bär denn abgeblieben?" fragte der.

Weiß grinste. „In Urlaub! Herr Dr. von Berneck, hatte Ihre Frau eine EC-Karte bei sich?" stellte er die erste wichtige und richtungsweisende Frage der ganzen Untersuchungen.
Stefan wurde blass. „Ich weiß es nicht! Geld hatte sie keines dabei, das haben wir ihr sicherheitshalber abgenommen. Aber die Karte könnte sie leicht in die Klinik geschmuggelt haben."

„Haben Sie die Abrechnungen der letzten Tage kontrolliert?" hakte Ingo nach.
„Nein! Nein, ich schau das nie an!" gab Stefan zu.
„Sie Glücklicher!" entfuhr es Ingo.
Stefan hob entschuldigend die Hände.
„Nein! Ist schon gut!" Weiß lächelte versöhnlich. „Können Sie das online überprüfen?"

„Ja! Ja, natürlich!" Er öffnete die Bank-App, scrollte zum Konto und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
„Wow! Da hat sie ja ordentlich abgesahnt!" stieß er hervor. „Wie hat sie das denn hingekriegt?"

Sie setzten sich nebeneinander. Ingo notierte die Beträge, die abgehoben worden waren, schrieb die Daten daneben.
„Ich kann das auch ausdrucken, wenn ich an einen Blue-Tooth-Drucker könnte!" schlug Stefan vor.

Ingo grinste. „Gut! Ich hab's nicht so mit den neuen Techniken!" gestand er.
„Dafür aber mit dem gesunden Menschenverstand!" meinte Stefan trocken. Im Stationszimmer fanden sie das benötigte Gerät. Es war eine lange Liste, die der Drucker ausspuckte.
„Puh! Knapp 200.000 Euro!" überschlug Ingo. „Die ersten, vorsichtigen Auszahlungen, 900, 800, 1000 Euro. Dann ist er ans Limit gegangen. Täglich 4000 Euro!"

„Wer? Er?" Stefan konnte den Gedanken des Polizisten nicht folgen.
Ingo erläuterte ihm seine Theorie von dem Pfleger Johnny, der sich das Vertrauen Aurelias erschlichen hatte und sie nun systematisch abzockte.

„Er scheint mit ihr nach Tschechien gefahren zu sein. Es ist nur gut, dass er medizinische Kenntnisse hat. Das lässt hoffen, dass sie nach der Geburt versorgt worden ist!" schloss er seine Vermutungen ab.
„Das heißt, ich bin nicht mehr Ihr Hauptverdächtiger?" Stefan konnte sein Glück kaum fassen.

„Meiner waren Sie nie!" erklärte Weiß. „Mein Chef hat sich auf Sie eingeschossen! Ich konnte ihn nicht davon abbringen. Aber zum Glück hat er zwei Wochen Urlaub."

Stefan brach fast zusammen. Dieser Zufall hatte geholfen, dass in eine andere Richtung ermittelt worden war?

Er verabschiedete sich herzlich von dem Beamten. „Ich stehe in Ihrer Schuld!" sagte er leise.

Ingo sah ihn verwundert an. „Ein Unschuldiger steht doch nicht in der Schuld eines Kripo-Mannes, der seine Arbeit macht!"

Sie schlugen sich lachend ab.

Stefan sperrte sofort online die Kreditkarte.

Ingo nahm sich als kommissarischer Leiter der Abteilung das Recht heraus, eine Pressekonferenz einzuberufen.
Vielleicht würde er sich Ärger einhandeln, aber er musste nach seiner Überzeugung vorgehen.

Er gab ein sehr überzeugendes Statement ab.
„Unsere Ermittlungen haben ergeben, dass ein Hauptverdächtiger für das Verschwinden von Aurelia von Berneck verantwortlich ist. Es wird europaweit gefahndet nach einem Krankenpfleger, Johnny R., der zur Zeit des Klinikaufenthaltes der Frau engen Kontakt zu ihr hatte. Die beiden halten sich wohl in einem Nachbarland auf. Ob Frau von Berneck freiwillig bei ihm ist, ist noch nicht geklärt. Wir arbeiten auf Hochtouren, um die beiden zu finden und zu befragen. Sollte die junge Frau freiwillig bei Johnny R. sein, liegt auch kein Verbrechen vor."

Die Blitzlichter zuckten, die Fragen bombardierten ihn.
„Ist damit der Ehemann rehabilitiert?"
„Ja!"

„Was ist mit der Geliebten des Ehemannes?"
„Nichts!"

„Ist Dr. von Berneck unschuldig?"
„Ja!"

„Hat die junge Frau wirklich Mann und Kind freiwillig verlassen?"
„Ja, es scheint so!"

Am nächsten Tag füllten die Schlagzeilen über das Ehepaar von Berneck wieder die Gazetten. Neues Blut wurde geleckt, aber es gab keine Entschuldigungen für die Artikel ein paar Tage zuvor.
Die Aktienwerte stiegen wieder.


Paulas PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt