Kapitel 57

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Aurelia  - Ibiza

Aurelia saß auf einem Hocker an der Poolbar. Sie hasste diese Dinger, auf die sie ihre Pfunde kaum hieven konnte, auf deren kleiner Sitzfläche ihr breites Hinterteil kaum Platz hatte.
Sie war alleine.
Wieder einmal.
Johnny hatte einen wichtigen Termin.
Er verwaltete ihr Geld, musste dazu immer mal irgendwohin.
Wohin genau verstand sie nicht, musste sie auch nicht.

Sie hatte gerade mal wieder eine Phase hinter sich, während der sie keinen Alkohol getrunken hatte.
Zwei Wochen hielt sie schon durch, aber Johnny war dann immer so angepisst, sie hatten auch schon das eine oder andere Mal Streit gehabt.

Naja, vielleicht auch mehr als das eine oder andere Mal.
Eigentlich stritten sie viel in letzter Zeit.
Dann haute er immer ab, blieb zwei, drei Tage weg, sie brauchte zum Trost ein paar Gläschen.

Wenn er zurückkam, war alles immer wieder gut.

Der Barkeeper sah sie seltsam an.
Ein hässlicher Mann! dachte sie wie jedes Mal, wenn er Dienst hatte.

Groß und hager, schütteres Haar, das er im Nacken zusammengebunden hatte, eine große Nase im Gesicht und dünne Lippen.
Lange nicht so gut aussehend wie ihr Johnny oder ihr EX.

Das einzig Attraktive an ihm waren seine braunen, mandelförmigen Augen. Aber er war immer sehr freundlich und aufmerksam zu ihr. Vor allem, wenn sie alleine war.
Sie kicherte. Ob er was von ihr wollte?

Sie bestellte sich einen Whiskey. Die Durststrecke konnte sie heute mal unterbrechen. Sie fühlte sich ziemlich einsam. Der Luxusbungalow, den sie seit Monaten in dem Resort bewohnten, war so leer ohne Johnny.

Der Keeper, Manuel hieß er, wie sie sich erinnerte, schüttelte seltsamer Weise den Kopf und stellte ein Glas Wasser mit einer Zitronenscheibe vor sie.
„Spinnst du?" fragte sie ihn auf Spanisch, das sie mittlerweile ganz gut beherrschte.

„Ich?" fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Ich nicht! Denn ich saufe mich ja nicht systematisch zu Tode wegen einem Kerl, der sich in mancher Nacht in anderen Betten vergnügt!"

Manuel hatte das seltsame deutsche Pärchen schon seit Wochen beobachtet.
Sie hätte hübsch sein können ohne die mindestens 40 Kilo Übergewicht.
Ihr Typ sah ganz gut aus, hatte aber einen dümmlichen, arroganten Gesichtsausdruck.

Das Geld, mit dem der junge Mann um sich warf, war ihres, wie er einmal aus einem Gespräch der beiden heraushören hatte können. Kaum jemand wusste, dass er fließend Deutsch sprach, in Berlin Medizin studiert hatte, hier auf der Insel nur jobbte, während er seine Doktorarbeit schrieb.
„Was bildest du dir eigentlich ein?" fuhr Aurelia ihn auf Deutsch an.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich bilde mir gar nichts ein! Ich sehe!" antwortete er in ihrer Sprache, was ihr in ihrer Wut gar nicht auffiel.
„Und was siehst du?" Ihre Stimme triefte vor Spott.

Manuel legte das Geschirrtuch, mit dem er Gläser poliert hatte, zur Seite, stützte seine Hände auf den Tresen, sah sie seelenruhig an.
„Was ich sehe? Ein sicher mal hübsches Mädchen, das zu viel trinkt, zu viel wiegt, zu viel alleine ist! Und ich sehe einen Mann, der mit Geld um sich wirft, das nicht seines ist, der immer darauf bedacht ist, dass sie sich ordentlich zuschüttet, der dann des Öfteren frühmorgens aus wechselnden Hotelzimmern schleicht!"

Aurelia reichte es. Sie ließ das Glas Wasser stehen, rutschte vom Hocker, stapfte zu ihrem Bungalow. Die Hausbar war gut gefüllt!

Sie griff nach der erstbesten Flasche, goss sich ein Glas voll.
„So ein Idiot!" brüllte sie durch das leere Haus. „Was bildet der Gnom sich denn ein?"
Ihre Hände zitterten vor Wut und von der Gier, den Schnaps in sich hineinzuschütten.
Doch seine Worte hatten sich in ihrem Kopf festgefressen, ließen nicht los.

Paulas PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt