Kapitel 1 - Finns 16. Geburtstag - Teil 1

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Finn war nervös. Heute Abend war es soweit. Sein 16. Geburtstag und er würde erfahren, wer sein Mate war. Wie ein Flummi hopste er durch das kleine Haus, welches er mit seiner Schwester zusammen bewohnte. Seit fast vier Jahren waren die Geschwister nun schon alleine. Vier Jahre ist der Angriff her, der ihnen die Eltern genommen hatte. Auch heute träumte Finn noch oft von seinem Vater, oder rief im Schlaf nach seiner Mutter. In solchen Nächten kam seine Schwester immer verschlafen in sein Zimmer gerannt. Sie legte sich zu ihm unter die Decke und er kuschelte sich eng an sie, damit er wieder einschlafen konnte. Sie tröstete den kleinen Omega.

Ihr habt richtig gelesen. Finn war ein Werwolf mit dem Rang eines Omega. Das schwächste Mitglied des Rudels. Seine Schwester war größer und stärker als er, denn sie war eine Beta. Der ganze Stolz ihres Vaters. Im Gegensatz zu Finn, wurde sie nie krank. Sie war selbstständiger und konnte sich verteidigen. Finn war schwach und kränklich. Er bekam oft Fieber, wurde immer von seinen wölfischen Mitschülern ignoriert und war nur ungern allein. Der kleine Omega hatte sich total gefreut, als Ryan vorschlug, ihm das Kickboxen beizubringen. Dadurch war es auch Finn möglich, ein wenig an Muskelmasse aufzubauen und er war stolz, als kleiner, wehrloser Omega, einen untrainierten Beta auf die Matte schicken zu können. Das der Junge sich immer besser fühlte, verdankte er dem zukünftigen Alpha. Der Kleine beneidete das Mädchen, welches ihn irgendwann als Mate bekommen würde. Jeder Werwolf wartete sehnsüchtig darauf, seinen Gefährten zu finden. In seinem Fall würde er das an diesem Abend herausfinden. Für einen klitzekleinen Augenblick, erlaubte sich Finn den Gedanken daran, wie es sich anfühlen würde, wenn er derjenige war, der Ryan als Mate bekommen würde. Ja, der kleine Omega war in den zukünftigen Alpha verliebt. Obwohl er es lieber als leichte Schwärmerei bezeichnete. An einem gebrochenen Herzen wollte schließlich auch ein Omega nicht sterben. Wenn ein Gefährte den anderen ablehnte, sank der abgelehnte einen Rang nach unten. Blöd nur, dass nach Omega nichts mehr kam. Allein deshalb könnte Finn niemals der Gefährte von Ryan werden. Als zukünftiger Alpha brauchte er eine starke Luna an seiner Seite. Zwar konnte Finn als männlicher Omega Welpen bekommen, doch war er so durchsetzungsfähig wie ein Großmütterchen ihren Enkeln gegenüber. Nein, als Luna an der Seite des Alpha ein Rudel zu führen, kam für Finn nun wirklich nicht infrage. Dennoch tat sein Herz ein wenig weh bei dem Gedanken daran, eine andere Person in Ryans Leben zu sehen.

Es klopfte leise an seiner Zimmertür. »Finn, bist du aufgeregt?«, fragte Tamara sanft.

»Ein wenig, ja«, versuchte der kleine Omega so gelassen wie möglich zu antworten. Seine Schwester kicherte und nahm ihn in die Arme.

»Ach komm schon Kleiner! Ich hab dein Getrampel eben gehört. Du musst dich sehr beherrschen, was?«, wies sie ihn lächelnd zurecht.

»Ja gut. Ich bin nervös. Was mach ich denn, wenn er mich nicht akzeptiert? Dann kann ich Mum und Dad von dir grüßen!«

Tapfer versuchte er, die Panik zu unterdrücken, die langsam in ihm aufkam. Eigentlich war sich Finn sicher, dass weder seine Schwester, noch Ryan zulassen würden, dass der Mate von Finn den kleinen Omega mit einer Ablehnung töten würde. Selbst Tristan, der Beta des zukünftigen Alpha, starrte jeden in Grund und Boden, der es wagte, in seiner Gegenwart auch nur einen bösen Blick in Richtung von Finn zu werfen. Der kleine Omega war jeden Tag dankbar dafür, dass er wenigstens drei so gute Freunde hatte, auch wenn eine davon seine Schwester war.

Es änderte nichts an der Tatsache, dass die meisten Mitglieder des Rudels ihn nicht wirklich mochten. Er war als Omega klein und schwach, noch dazu männlich, von Natur aus schwul, da er Welpen gebären konnte und das mit einer weiblichen Partnerin schlecht gehen würde. Zeugungsfähig war Finn nämlich nicht. Er überlegte schon seit zwei Jahren, ob es Jungs im Rudel gab, die auf andere Jungs standen, was aber keiner offen zeigte. Seit er 14 Jahre alt war, wurde Finn vom Alpha darauf vorbereitet, dass er eines Tages einen männlichen Gefährten bekam. Das er irgendwann Welpen bekommen würde und seinem Partner zur Seite stehen müsste.

Pünktlich um 18 Uhr hupte es vor dem Haus und ein fröhlicher Tristan begrüßte die Geschwister.

»Seid gegrüßt, werte Ehrengäste des heutigen Abends. Ich darf für heute ihren Chauffeur spielen und fühle mich geehrt, mit dieser äußerst wichtigen Aufgabe betraut worden zu sein!«, säuselte der Beta gestelzt und Finn begann heftig zu kichern, während Tamara nur grinsend die Augen verdrehte. Finn saß wie immer auf der Rückbank, wenn sie mit Tristan oder Ryan fuhren, während Tamara auf den Beifahrersitz hüpfte.

Finn knetete seine Hände und spürte, wie immer mehr Wärme aus seinem Körper strömte, je näher sie dem Rudelhaus kamen. Tamara und Tristan tauschten besorgte Blicke, denn der Geruch von Nervosität gemischt mit Angst tränkte mittlerweile den Innenraum des Wagens.

Tristan fuhr rechts ran und drehte sich zu Finn um. Aufmunternd lächelte er ihn an. »Hey Kleiner, sieh mich an!«, befahl er, da er spürte, dass der kleine Omega seinen Kopf nicht heben würde. Zitternd hob Finn den Kopf und der Beta nickte zufrieden. »Du weißt doch, dass Ryan jeden fertig macht, der dir weh tun würde, richtig?« Ein zögerliches Nicken von Finn ließ Tristan weiter reden. »Und genauso kannst du auch sicher sein, dass Tami und ich jeden von dir fernhalten werden, der dich auch nur schief anschaut!«

Nun lächelte Finn schüchtern, denn er sah, dass seine Schwester Tristan mit einem heftigen Nicken zustimmte. »Ich weiß ja, dass es dir seit dem Tod unserer Eltern immer schlechter ging und auch, dass ich dir die Beiden nicht ersetzen kann. Aber was auch immer geschieht, ich werde an deiner Seite sein und auf dich aufpassen!«, sagte Tamara ganz ernst. »Soll ich mich mit meinem Bogen in der Diele im 2. Stock positionieren? Nur für alle Fälle? Tris könnte sich als Spion unter die anderen Gäste mischen und mir Zeichen geben.«, plante Tamara weiter und Finn begann endlich leise zu kichern. Er hatte schon immer eine wundervolle Vorstellungskraft und sah das Szenario schon vor sich. Ja, es war eindeutig. Auf die beiden Beta, die seine Freunde und einzige Familie waren, konnte er sich wirklich verlassen. Der kleine Omega atmete noch einmal tief ein, bevor er Tristan entschlossen zunickte. Mit einem zufriedenen Blick auf seine Beifahrerin, die ihn dankbar anlächelte, drehte der Beta erneut den Schlüssel im Zündschloss und fuhr nun endgültig zum Rudelhaus, in dem heute Abend die Feier zum 16. Geburtstag des einzigen männlichen Omega im Rudel gefeiert wurde.

Tamara und Tristan flankierten den kleinen Omega und trugen ihn auf die Tür zu, in der die schmunzelnde Luna schon auf sie wartete. »Geh schnell nach oben Finn, Ryan wartet auf dich. Nicht das mein Sohn noch den Boden kaputt macht, durch sein auf und ab Getrampel.« Man sah nur noch eine Staubwolke, so schnell flitzte der kleine Omega an der lachenden Luna vorbei.

Der Krieg der RassenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt