3. Prioritäten

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„Dort!", schrie plötzlich eine scharfkantige Stimme und Amara wurde von mehreren schwarzen Gestalten mit insektenhaften Schutzmasken und anliegenden Schnellschusswaffen eingekreist. Fünf rote Punkte fokussierten sich auf fünf ihrer lebenswichtigen Organe.

„Name und Zweck ihres Aufenthalts", forderte einer der Maskenträger, dessen Punkt genau auf ihre Stirn gerichtet war.

„Dr. Amara Lombardi", antwortete sie ruhig. „Leitende Ärztin des Arche-Noah-Projekts."

„Sie bluten, Doktor. Was ist passiert?"

„Eines der Forschungsobjekte hat eine unerwartet hohe Resistenz gegenüber dem Schlafserum gezeigt", improvisierte Amara. „Der Klon ist zu früh erwacht und hat mich angegriffen."

„Mit einem Bunsenbrenner?", erkundigte sich der Soldat ihr gegenüber skeptisch und riss sich zeitgleich die Maske herunter. Ein Mann mittleren Alters mit dichtem, schwarzem Haar und asiatischen Geschichtszügen kam darunter zum Vorschein. „Ihr halber Arm weist hochgradige Verbrennungen auf, was Sie aber nicht weiter zu stören scheint."

„Nachdem es mir gelungen war, den Klon in meinem Labor einzusperren, habe ich mir selbst eine Adrenalinspritze gegen die Schmerzen injiziert", entgegnete die Klonin kühl. „Möchten Sie, dass ich Ihnen die daraufhin eintretende biochemische Reaktion im Gehirn erörtere?"

„Sir", meldete sich eine weibliche Maskenträgerin zu Wort, „in der Datenbank ist eine Dr. Amara Lombardi als medizinische Leitung registriert. Code Abenddämmerung."

„Tz", machte der Schwarzhaarige unbefriedigt und der rote Punkt auf ihrer Stirn erlosch. Die restlichen Punkte folgten.

„Aber da ist noch etwas ... die Fehlermeldung bezieht sich auf eine Doppelmeldung in verschiedenen Sek-"

Mehr brachte die Soldatin nicht mehr über die Lippen, da Amara sie mit nur einem einzigen gezielten Treffer ihrer Handkante in eine tiefe Ohnmacht beförderte.

„Scheiße!"

Ohne einen Gedanken an ihre bewusstlose Kameradin zu verschwenden, eröffnete der Rest der Einheit das Feuer. Selbst Klone waren nicht kugelsicher, aber Amara bewegte sich geschickt genug, um keinen lebensbedrohlichen Schaden zu erleiden. Ihr Kopf war leer, als sie dem ihr nächststehenden Sicherheitsagenten entwaffnete und ihm in den Fuß schoss - zwei weitere Kugeln jagten kurz nacheinander in die Schulter eines anderen, wobei die zweite Kugel auch noch den Mann dahinter erwischte.

„Verdammter Mist! Worauf ist die denn gepusht?!", drang die ungläubige Stimme eines Soldaten inmitten des Kampfgeschehen alarmiert an ihr Ohr.

Amara konnte seine Überraschung nur allzu gut nachvollziehen. Sie selbst war manchmal von ihrer eigenen Kaltblütigkeit überwältigt, auch wenn sie noch nie einen tödlichen Schuss abgefeuert hatte.

Aber sie fühlte auch niemals Reue, wenn sie Knochen brach oder den Abzug drückte. Sie oder ich, dachte Amara bitter. Mensch oder Klon.

Mit der Geschicktheit einer Akrobatkünstlerin rollte sie sich unter den Lauf der auf sie gerichteten Waffenmündung hinweg und trat gegen die Kniekehle ihres Angreifers, der von der Wucht aus dem Gleichgewicht geriet und rücklings hinflog.

„Das reicht jetzt!", bellte ihr spezieller schwarzhaariger Freund, der den Niedergang seiner Kameraden ausgenutzt hatte, um sich selbst ihn eine günstige Schussposition zu manövrieren. „Hände über den Kopf!"

Niemals, dachte Amara trotzig. Lieber starb sie durch einen Kopfschuss, als erneut als Ersatzteillager zu fungieren.

„Ich sagte Hände hoch, Miststück! Die Tatsache, dass ein paar Perverse Milliarden in deiner Herstellung gesteckt haben, wird mich nicht davon abhalten, dich Hier und Jetzt zur durchlöchern - Klon." Das letzte Wort spuckte er regelrecht hervor und Amara musste nicht lange rätseln, wie er zu dieser Schlussfolgerung gelangt war. Ein Mensch wäre sicherlich längst durch den hohen Blutverlust ohnmächtig geworden oder hätte sich zumindest nicht mehr so agil auf deinen Beinen halten können.

Arche_Noah_ProjektWhere stories live. Discover now