Das deutsche Gesundheitssystem

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Das deutsche Gesundheitssystem schillert in den Augen einiger Politiker so bunt und toll wie eine Seifenblase.

Taucht man aber etwas tiefer in die gesamte Thematik ein, platzt sie und hinterlässt nur kleine Tropfen. Die Tropfen auf einem heißen Stein, zumindest momentan.

Ich selbst arbeite als Krankenpflegerin und kann nicht zählen, wie oft mir deswegen gesagt wird, wie viel Respekt andere vor diesem Beruf haben und dass sie ihn selbst nicht ausüben können.

Dabei stelle ich mir immer die Frage, was genau die Gründe für diese Aussage sind.

Die schlechten Arbeitszeiten?
Der Schichdienst?
Dass wir mit Blut und Ausscheidungen in Berührung kommen?

Oder aber ist es die große Verantwortung, trotz dieser erschwerten Bedingungen, täglich fehlerfrei Arbeiten zu müssen, da ansonsten ein Menschenleben in Gefahr ist?

Ich weiß es nicht. Aber ich könnte jeden dieser Gründe verstehen.

Für einen Job in der Pflege entscheidet man sich nicht, nur um Geld zu verdienen.
Man muss diesen Beruf lieben.

Neben all den Missständen hat er auch positive Eigenschaften.

Man lernt die Anatomie des menschlichen Körpers und eignet sich dadurch viel medizinisches Wissen an. Auch der soziale Aspekt sollte nicht außer Acht gelassen werden.
Denn es gibt nichts schöneres, als einem anderen Menschen fachlich fundiert helfen zu können und es dabei vielleicht sogar zu schaffen, ihm ein kleines Lächeln auf die Lippen zu zaubern.

Aber was genau läuft eigentlich momentan schief?
Wieso flüchten so viele junge Menschen aus diesem Beruf, während andere nicht einmal darüber nachdenken, eine Ausbildung in der Pflege anzufangen?

Es beginnt ganz am Anfang der Kette der medizinischen Versorgung in Deutschland.

Der Finanzierung. Angefangen bei den Krankenkassen, über Krankenhäuser, die Patienten in blutigem Zustand entlassen, bis hin zur ambulanten und privaten Weiterversorgung.

Jede der Institutionen des Gesundheitssystems ist darauf aus, selbst möglichst viel Geld zu verdienen.
Durch Versicherungen, neue Patientenaufnahmen in Krankenhäusern, welche insgesamt die Patienten viel zu schnell entlassen, um neue aufnehmen zu können. Denn pro Patient gibt es Geld.

Gerade bei Krankenkassen merkt man, dass sie den Menschen so wenig wie möglich von dem Geld zurückzugeben, was über Jahre eingezahlt wurde. Meistens werden nur die nötigsten Kosten übernommen und nicht die bestmögliche Behandlung bezahlt.
Diese Herangehensweise ist logisch, denn auch diese Firmen wollen am Ende überleben und nicht bankrott gehen.

In der Realität sieht es dann aber so aus, dass vielen Patienten nicht in dem Maße geholfen wird, wie es in Deutschland eigentlich möglich wäre.

Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, was für Folgen das haben kann.

Einem Mann, der Anfang sechzig ist, musste aufgrund einer Durchblutungsstörung das linke Bein amputiert werden. Es wurde über dem Knie abgenommen, da er zusätzlich am Fuß noch eine Infektion bekam, die sich langsam das Bein nach oben fraß.

Sobald der Stumpf verheilt war, wurde er aus dem Krankenhaus nach Hause entlassen. Dort sollte er Physiotherapie und eine Rehabilitation erhalten, um mit Gehhilfen wieder laufen zu können, beziehungsweise sich selbstständig in einen Rollstuhl mobilisieren.
Das war die Theorie.

Die Praxis sah leider so aus, dass dieser Mann zuhause bettlägerig wurde. Jegliche Anfrage auf eine Reha wurde von den Kassen aus den unterschiedlichsten Gründen abgelehnt. Auch eine Physio wurde nicht bezahlt.

Pflegen ➟ UnzensiertWhere stories live. Discover now