Kapitel 20 - Generis

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Generis betrachtete Laskina, wie sie beinahe gedankenverloren im Garten umherwanderte. Er wusste nicht so recht, warum sie gegangen war, aber vielleicht ging ihr Atimis Vergiftung noch sehr viel näher, als sie zugab. Generis seufzte, dann erhob er sich und ging zu ihr. 

Komischerweise hatte er das drängende Verlangen, für sie da zu sein, denn auch wenn ihm durchaus bewusst war, dass sie dafür Gold bekam, dass sie den Tag mit ihm verbrachte, machte ihre Anwesenheit sein Leben glücklicher. 

„Laskina, entschuldige bitte", sagte er, als er nur noch wenige Schritte von ihr entfernt war. Als hätte sie ihn bisher nicht bemerkt, wandte sie sich erschrocken zu ihm um und er sah, wie sie sich mit der Hand über die Wange wischte. Weinte sie etwa? 

„Nein, es ist schon in Ordnung. Es ist nicht deine Schuld. Ich bin noch etwas aufgewühlt wegen dieser ganzen Sache mit Atimis", sagte sie und machte eine wegwerfende Handbewegung, als sei das nicht der Rede wert. 

Generis trat noch einen Schritt näher auf sie zu und streckte zaghaft die Hand aus, um sie kurz an der Schulter zu berühren. Kaum merklich zuckte sie zurück, ließ seine Berührung dann aber zu. 

„Möchtest du darüber reden, was genau passiert ist?", fragte er, doch sofort schüttelte sie den Kopf.

„Nein, ich...", setzte sie an, drehte sich wieder von ihm weg und stieß einen erstickten Laut aus. Fieberhaft überlegte Generis, wie er sie wieder aufmuntern konnte, doch bevor er irgendetwas sagen konnte, wurde seine Aufmerksamkeit zum Haus gelenkt. 

Mit einem ohrenbetäubenden Knall wurde die Tür aufgerissen, sodass sie gegen die Wand flog. Heraus kam Emevra, die Arme in die Hüften gestemmt. Ihr weißes Kleid flatterte umher und Generis musste unwillkürlich an einen herannahenden Schneesturm denken. 

Auch Laskina hatte sich erschrocken, denn obwohl sie sich soeben von ihm abgewandte hatte, suchte sie nun seine Nähe. Sie umklammerte auf einmal seinen Arm und stellte sich ein wenig hinter ihn. 

Sie wollte, dass er sie beschützte. Generis Brust schwoll an, denn genau das würde er tun. 

„Du!", schrie Emevra und zeigte mit dem ausgestreckten Finger auf Laskina. Diese zog den Kopf ein und drängte sich noch weiter hinter ihn. 

„Generis", flüsterte sie leise und ängstlich. 

„Ich werde nicht zulassen, dass sie dir wehtut. Keine Angst", flüsterte er zurück und sah Emevra mit festem Blick entgegen. Emevra stakste mit ihren hohen Schuhen über die Wiese auf sie zu und blieb knapp einen Meter vor ihnen stehen. Ihr Blick war eiskalt und voller Hass. 

„Du bist an allem Schuld! Wärst du nicht hier, dann bräuchten wir kein verfluchtes Kindermädchen für dich!", schrie sie auf einmal Generis an, doch er zuckte noch nicht einmal zusammen. 

Allerdings wurde ihm allmählich bewusst, um was es hier eigentlich ging. Er erinnerte sich an Ethonis Geständnis, dass er mehr Gefühle für Laskina empfand, als ihm eigentlich erlaubt war. 

„Warum hast du ein Problem mit ihr? Sie tut dir doch nichts", sagte er und konnte den provokativen Unterton in seiner Stimme nicht ganz unterdrücken. Einen Moment lang war Emevra fassungslos, doch dann schnaubte sie. 

„Du weißt doch ganz genau, was hier vor sich geht", flüsterte sie leise und bedrohlich, dann tat sie etwas vollkommen Unerwartetes. Sie streckte mit einer Geschwindigkeit, die Generis ihr niemals zugetraut hatte den Arm aus und riss ihm die Blumenkrone vom Kopf. Kaum dass ihre Finger die bunten Blumen berührten, verdorrten sie und zerfielen. 

„Nein", schrie er, denn auch wenn Laskina ihm ohne weiteres eine neue Krone würde flechten können, war es doch eine Geste, die ihn verletzen sollte. 

Der Biss der SchlangeWhere stories live. Discover now