Teil 63

202 5 0
                                    

Als ich das Wohnzimmer verlasse und nun endlich nach oben zu Kyle möchte, laufe ich direkt in ihn rein. Kyle steht auf dem ersten Treppenabsatz und lehnt sich mit einer Schulter an die Wand. Sein Gesichtsausdruck ist undurchdringlich und ich kann nur ahnen, dass er wahrscheinlich mitbekommen hat, wie sein Vater und ich uns unterhalten haben und insbesondere auch worüber.
Als ich gerade ansetze, um ihn zu fragen, ob alles in Ordnung ist, dreht er sich um und geht die Treppe, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, hoch und direkt in sein Zimmer. Da er die Tür offen lässt, gehe ich davon aus, dass ich ihm folgen soll und gehe auch die Stufen hoch, jedoch in einem gemächlicherem Tempo, da ich, wenn ich so wie Kyle die Treppe nehmen würde, sicherlich ganz schnell stolpern und mich verletzen würde.
Als ich dann wenige Sekunden später Kyles Zimmer betrete, sitzt er bereits auf seinem Bett und vergräbt den Kopf in seinen Händen. Vorsichtig gehe ich ein paar Schritte auf ihn zu und lasse hinter mir die Tür zufallen.

„Kyle" sage ich vorsichtig und will gerade eine Hand ausstrecken, um ihm über seinen Kopf zu streicheln, als er mich zwischen seine Beine zieht und seinen Kopf an meinen Bauch schmiegt. Er hält mich fest und ich fühle mich ein bisschen an die Situation von heute morgen erinnert, als Kyle in meinem Armen geweint hat, jetzt jedoch vergießt er keine Tränen, sondern nuschelt etwas an meinen Bauch.

„Was hast du gesagt?" Ich gehe einen kleinen Schritt zurück, damit ich ihn besser anschauen kann.

„Ich habe gesagt, dass ich dich liebe." er schaut mich ernst an und selbst wenn er diese Worte nicht ausgesprochen hätte, dann hätte ich sie jetzt in seinen Augen gesehen und ich hoffe, dass er in meinen Augen das gleiche sieht, wie ich in seinen.

Ich beuge mich vor und gebe ihm einen ganz sanften Kuss auf seine Lippen.

„Komm wir legen uns hin, du musst erschöpft sein. Das heute war ein harter Tag für dich." Er nickt und legt sich auf sein Bett, dann streckt er seinen rechten Arm aus, dass ich mich an ihn kuscheln kann, was ich auch prompt tue.

„Weißt du Prinzessin, ich hätte deine Eltern sehr gerne mal kennengelernt." sagt Kyle und direkt merke ich einen dicken Kloß in meiner Kehle.

„Sie hätten dich sehr gemocht und sich für mich gefreut, da bin ich mir sicher." sage ich mit belegter Stimme und meine auch die Worte, die ich gesagt habe. Ich bin mir sehr sehr sicher, dass meine Eltern gut mit Kyle klar gekommen wären und ihn in ihr Herz geschlossen hätte. Mein Vater hätte Kyle dafür geliebt, dass er mich bei jeder kleinen Gelegenheit liebevoll aufzieht und mir gleichzeitig die Welt zu Füßen legt und meine Mama hätte Kyle ohne mit einer Wimper zu Zucken in unsere Familie aufgenommen und ihn wie ihren eigenen Sohn behandelt. Da bin ich mir sicher.

Wir liegen ein paar Minuten einfach nur schweigend da, jeder in seinen eigenen Gedanken, wie es wäre, wenn man unsere Familien nicht schon so früh auf so eine harte Bestandsprobe gestellt hätte. Wenn wir einfach unsere Eltern bei uns gehabt hätten, die uns beim erwachsen werden geholfen und unterstützt hätten und sie nicht einfach so aus unserem Leben gerissen worden wären. 

Plötzlich geht die Tür auf und ich habe kurz einen schrecken, dass wieder Kyles Vater im Türrahmen steht, aber es ist nur Sam. Sie hat einen absolut zuckersüßen Pinien Schlafanzug an mit einer großen Skye vorne drauf. Mittlerweile kenne ich alle Namen aus Paw Patrol und laut Sam ist Skye die coolste, weil sie fliegen kann und natürlich weil sie immer etwas Pinkes anhat.

„Darf ich mit euch kuscheln?"

„Ja klar komm zu uns süße." sage ich und Kyle streckt, wie bei mir zuvor auch, seinen Arm aus und Sam kommt schnell angeflitzt und kuschelt sich an Kyles andere Seite. 

„Also ich hatte heute einen richtig tollen Tag. Cassy, kannst du mir vielleicht morgen wieder so einen schönen Zopf flechten, wie Carol mir den heute geflochten hat? Papa hat gesagt, dass ich ihn zum schlafen auf machen soll."

„Natürlich, direkt morgen früh wenn du aufwachst mache ich dir eine schöne Frisur. Ich weiss aber nicht, ob ich das so gut wie Carol hinkriege."

„Naja, es wird wahrscheinlich besser aussehen, als wenn ich es versuchen würde." sagt Kyle. Er hat seine Augen geschlossen und seine Stimme ist vor Müdigkeit schon ganz schön rau. Dabei haben wir erst 20Uhr oder so und Kyle ist sonst eine Nachteule und ich meistens die, die sobald sie liegt, die Augen zufallen.

„Wolltet du Kyle nicht mal beibringen, wie man Haare flechten kann?" fragt Sam jetzt und ich denke an Kyles und meinen Streit in der Cafeteria, als ich ihn gefragt habe, wann er denn Zeit für den Flecht-Unterricht hat. Dieser Streit ist schon gefühlt Ewigkeiten her und mittlerweile ist so viel passiert.
Kyle und ich streiten uns nicht mehr wegen irgendeinen Platz in der Cafeteria, wir sitzen in unseren Pausen zusammen und unterhalten uns miteinander und unseren Freunden. Vor wenigen Monaten war alles noch ganz anders zwischen uns und mittlerweile hat sich alles gefügt und ich bin glücklich.

„Weißt du Sammy, ich habe deinen Bruder gefragt, wann ich es ihm beibringen soll, aber habe nie eine Antwort von ihm bekommen." sage ich zu Sam und überlasse es Kyle sich da jetzt rauszureden.

„Ich wusste einfach, dass Cassandra dir viel lieber die Haare selber macht, damit ihr währenddessen über mich reden könnt. Und ich würde das niemals auch nur ansatzweise so hinbekommen wie Cassy."

„Da hast du recht, dafür kannst du ja andere Sachen gut." sagt Sam und unanständiger Weise fallen mir gerade ein paar Sachen ein, die Kyle sehr gut beherrscht. Meine Güte, ich kann meine Gedanken nicht mal im Zaum halten, wenn ein Kind anwesend ist.

„Samantha! Wo bist du ?"  Ich schaue zur Tür und sehe gerade, wie Stephen an Kyles Tür seinen Schritt stoppt und wie angewurzelt stehen bleibt.
„Sagst du deinem Bruder und Cassandra Gute Nacht und gehst dann bitte in dein Zimmer. Es ist schon spät."

„Ja, Papa." sagt Sam und gibt Kyle und mir einen Kuss auf die Wange. Sie wünscht uns eine Gute Nacht und Kyle und ich küssen sie gleichzeitig auf ihre beide Wangen, was sie zum kichern bringt. Dann springt sie auf und hüpft vom Bett runter.

„Papa kannst du mir vielleicht noch eine Geschichte vorlesen?" fragt sie ihren Vater und nimmt ihn an der Hand.

„Ja, das kann ich machen." sagt er zu ihr und hebt sie auf seine Arme.

„Wuhuu" ruft Sam und hebt die Arme in die Höhe, während ihr Vater sie in ihr Zimmer trägt.

„Heute habe ich wirklich das Gefühl, dass mein Vater sich ändern will. Ich hoffe, dass ich mich ausnahmsweise mal nicht täusche." sagt Kyle und drückt mich fest an sich.

„Ich hoffe auch. Für euch beide."

You've reached the end of published parts.

⏰ Last updated: Jun 24, 2023 ⏰

Add this story to your Library to get notified about new parts!

Kyle, my best MistakeWhere stories live. Discover now