KAPITEL 8

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HURRICANE

Mir ist bewusst gewesen, dass ich vermutlich auf den Kerl treffen würde, der mir die Schramme verpasst hatte. Damit wäre ich zurechtgekommen. Die Versammlung, die vor dem Wohnheimapartment ist allerdings für einige Sekunden zu viel für mich. All die Überforderung ist verschwunden, sobald ich einen Blick auf das Lämmchen werfe. Ihre Haare zu einem hohen Zopf gebunden, sodass ihre schwarzen Locken voluminös ausgebreitet auf ihren Rücken fallen, reißt sie den Kopf herum. Eine Mischung aus Hass, Abscheu und Unbeherrschtheit erschlägt mich beinahe. Anschließend verengen ihre Augen sich zu giftige Schlitzen. Sicherlich würde sie mir nur zu gerne mein Todesserum verabreichen, vermutlich direkt in die Halsschlagader. Sie trägt ein Kleid, welches wie flüssiges Perlmutt über ihre Haut gleitet und die Bräune unterstreicht.

»Lass uns gehen, Lua. Hier stinkt es«, knurrt sie ihrer Freundin zu. Im nächsten Moment packt sie deren Arm, um sie von der Tür wegzuzerren.

»Schön dich zu sehen, cordeirinho«, raune ich völlig unbeeindruckt von ihrer offensichtlichen Abneigung gegen meine Person. Sie gibt nur ein Schnauben von sich, stiefelt mit ihrer Freundin im Schlepptau an mir vorbei. Während Lua mir ein freundliches Lächeln schenkt, wirft mir das Lämmchen nur wieder einen bissigen Blick zu. Ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen, lächle höflich zurück und wende mich wieder meinem eigentlichen Grund für den Aufenthalt im Wohnheim zu.

Der blonde Kerl lehnt mit einem ziemlich verdatterten Ausdruck im Gesicht im Türrahmen. Mercúrio ist bereits in dem Apartment verschwunden. Mit einem missmutigen Gesicht hockt er auf einem der Stühle am Esstisch. »Ich frage besser nicht, weshalb Arla dermaßen schlecht auf dich zu sprechen ist. Komm rein, Hurricane.« Amilcar ist in genau dieser Sekunde ein Held für mich, denn verflucht. Endlich weiß ich, wie das feurige Mädchen heißt. Doch Arla, will in meinem Kopf so absolut gar nicht zu ihrer Person passen. Arla klingt freundlich und herzlich, wohingegen sie wie das genau Gegenteil wirkt.

»Er ist ein mieser Spinner, deshalb hasst sie ihn«, meldet Mercúrio sich zu Wort. Ebenso wie giftig Arla's Blick mich getroffen hat, tut es nun der von Mercúrio. »Ich darf zitieren: Er ist ungehobelt, unverschämt und bescheuert. Zitat ende.« Damit steht er auf, starrt mich noch einmal von oben bis unten herablassend an und verschwindet hinter einem blickdichten schwarzen Vorhang.

»Da, dass nun geklärt ist«, gackert Amilcar und winkt mich an den Tisch, »können wir uns jetzt den wichtigen Papieren für die nächsten Monate widmen.« Auf dem schmalen Esstisch liegen bestimmt zehn verschiedene Dokumente. Ausgedruckt, beschriftet und sogar mit farbigen Markierungen versehen. »Den Großteil habe ich ausgefüllt. Du müsstest nur noch ein paar Ergänzungen vornehmen. Willst du was trinken?« Er deutet ausladend auf die Tischplatte, weshalb ich mich auf einen der Stühle fallen lasse und er sich an die Küchenzeile lehnt. Sein prüfender Blick liegt auf mir, während ich mich auf die Blätter zu fokussieren versuche. Tief atmet er durch, ehe er die Arme vor der Brust verschränkt und die Beine überkreuzt. »Was hast du mit ihr angestellt, Hurricane?«

»Mit wem?«, frage ich, obwohl ich weiß, worauf er abzielt.

»Mit Arla. Zwar kann sie dich schon eine ganze Weile nicht sonderlich gut leiden, allerdings habe ich sie noch niemals derart hasserfüllt einer Person gegenüber erlebt. Hast du ihr gesagt, sie würde schlecht küssen oder dass ihre Füße stinken? Wie hast du es dermaßen verbockt, Alter? Nicht einmal Kerlon hat es geschafft, so eine Hassfront von ihr zu bekommen. Und bei Gott, er hätte es in der Tat verdient.« Der letzte Teil des Satzes geht beinahe mit seinem Lacher unter.

»Weil er eine Flachpfeife ist!«, kommt es inbrünstig hinter dem Vorhang hervor.

»Halt die Schnauze, Mercú!« Amilcar sieht mich bedauerlich an, woraufhin ich nur die Schultern zucke. Schon klar, Mercúrio hasst mich ebenso sehr, wie es Arla tut. Augenscheinlich zeigen mir beide ihren Hass nur gerne zu deutlich.

HATE ME HARDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt