KAPITEL 29

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ARLA

Wärme durchströmt mich, als Hurricane seine Arme um mich schließt. Die Kraft seiner Berührung löst eine bislang unbekannte Verspannung in meinem Inneren. Es fühlt sich an, als würde ein Ballon aus Schmerz, Trauer und Unglück platzen. Zurück bleibt nur wohlige Wärme. Verursacht durch Hurricane Sousa. Eine Tatsache, die mir unsagbare Angst macht, weil ich sie nicht verstehe. Zwar konnte ich in den letzten Augenblicken feststellen, dass ich ihn niemals wirklich gekannt habe, dennoch bleiben die leisen Stimmen, die mich vor ihm warnen, präsent.

Meine Augen gleiten über das wogende Meer, die Häuser der Stadt und die Personen, die sich wie Ameisen fortzubewegen scheinen. Hurricanes warmer Atem trifft meine nackte Schulter, wodurch ein Kribbeln und Glühen durch meine Eingeweide fegt. Ich habe Hurricane geküsst. Und ich habe es genossen. Und obwohl ich dachte, er wäre keinem Versuch meinerseits abgeneigt, hat er mich gestoppt. Gestoppt, um nicht zu weit zu gehen. Ein Verhalten, das ich von Männern nicht gewohnt bin. Es verunsichert mich, obwohl es mich gleichermaßen freut. Hurricane scheint ein völlig anderer Mann, als ich bisher vermutet habe.

Jetzt habe ich ihm meinen grässlichsten Gedanken offenbart und er tut nichts weiter, als mich stärkend im Arm zu halten. Bislang habe ich davon nicht einmal Lua erzählt. Natürlich weiß sie, dass es Adriano gegeben hat und auch, dass meine Eltern über seinen Verlust traurig sind, doch wie ich darüber denke, darüber haben wir nie gesprochen.

»Cordeirinho?«, murmelt er lieblich gegen meine erhitzte Haut.

»Hmm?«

»Es tut mir leid«, raunt er. Ich verstehe nicht, wofür er sich entschuldigt und er offenbart auch in den nächsten Sekunden keine Erklärung. Deshalb nicke ich lediglich. Sicherlich zehn Minuten stehen wir schweigend an der Brüstung. Hurricane mich im Arm haltend und ich genießend. Und ich genieße es so sehr, dass mein Herz schwer wird.

»Wer ist das Mädchen, mit dem ich dich gestern bei der Bibliothek beim Knutschen gesehen habe? Ist sie deine Freundin?«

»Gott bewahre«, ruft er entrüstet aus. Ich muss mit aller Macht ein triumphierendes Grinsen unterdrücken. Weshalb freue ich mich überhaupt über diese Reaktion? »Sie ist eine Bekannte und wir haben nicht geknutscht. Hendrix und ich haben im Sommer viel Zeit mit ihr und ihren Freundinnen verbracht. Jetzt scheint sie zu glauben, dass sie eine Art Anspruch auf mich hat, allerdings geht sie mir allmählich ziemlich auf den Keks. Der Sommer war witzig und wirklich cool, aber seitdem die Uni wieder losgeht, fängt sie an zu ...«

»Klammern?«, beende ich seinen Satz. Hurricane wirft mir einen Blick zu, der sich in mein Profil brennt. Ich kann ihn derzeit nicht anschauen, weswegen weiß ich nicht.

»Klammern ist vermutlich zu harmlos für Thaís. Sie ist besitzergreifend.« Hurricane seufzt, wodurch mir sein massiver Unmut deutlich wird.

»Vielleicht sollte ich mich mal mit ihr unterhalten? Sie könnte mir ihr Verhalten beibringen. Dann können wir gemeinsam einen Plan schmieden, wie ich dich loswerde«, murmle ich nachdenklich. Es ist ein Scherz, trotzdem löst Hurricane seine Arme und tritt zurück. Ich höre, wie er schluckt, wodurch ich mich automatisch miserabel fühle.

»Ich wollte dieses Date mit dir nicht, weil ich denke, ich hätte irgendein Anrecht auf dich. Sondern, weil ich wirklich interessiert an dir bin, Arla. Du kannst mir jederzeit sagen, dass du deine Ruhe möchtest, und ich werde sie dir geben. Trotzdem wollte ich die Chance bekommen dir zu zeigen, wer ich wirklich bin und dass ich nicht dieser Womanizer bin, den du in mir siehst.« Plötzlich klingt er tatsächlich verärgert, wenn nicht sogar erschüttert. »Vielleicht sollte ich dich zurück in die Stadt bringen, denn ich möchte schließlich keine Belastung sein«, fügt er schnaufend hinzu. Dann bringt er noch mehr Abstand zwischen uns, sodass ich gezwungen bin, mich umzudrehen.

HATE ME HARDERWhere stories live. Discover now