KAPITEL 38

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ARLA

Mein gesamter Morgen ist von unfassbarer Nervosität geprägt. Ich kann mein Herz klopfen hören, während ich mir die Haare mache, während ich mich schminke und während ich meine Tasche packe. Tatsächlich kann ich mich nicht einmal darüber freuen, dass Lua mit einem Lächeln in der Küche vor sich hin summt. Die Dusche rauscht im Badezimmer. Vermutlich ist Gil über Nacht geblieben.

»Guten Morgen«, begrüßt mich Lua fröhlich. Schwungvoll stellt sie einen Kaffeebecher vor meine Nase auf die Theke. »Hast du gut geschlafen?«

»Mit Kopfhörern, ja«, antworte ich vage. Dass ich zu Hurricanes Atem eingedöst bin, nachdem ich mich selbst befriedigt habe und ihm bei seiner Masturbation gelauscht habe, verschweige ich meiner besten Freundin. Vorerst zumindest.

In meinem Hirn erwacht die Erinnerung an sein Stöhnen zum Leben. Angespannt schlucke ich, klettere auf den Barhocker und überschlage die Beine, um den Druck zu lindern.

»Tut mir leid. Wir wollten dich nicht stören«, erklingt Gils Stimme hinter mir. Nur kurz drehe ich mich um und kann noch zusehen, wie er mit nackten Hintern in Luas Zimmer verschwindet. Meine beste Freundin kichert, als sie meinen angewiderten Gesichtsausdruck registriert.

»Wie er gesagt hat. Wir hatten wirklich nicht vor, dich zu stören«, wiederholt sie. Ganz leicht zuckt sie die Schultern und widmet sich der nächsten Tasse Kaffee. Ich nippe an meinem Becher, als Gil sich auf den Platz neben mir sinken lässt.

»Guten Morgen, Arla«, grüßt er mich. Verkniffen lächle ich ihn an. Trotz des Glücks in Luas Augen vertraue ich ihm noch nicht vollends.

»Morgen«, nuschle ich. Ein Gähnen verlässt meine Lippen, welches mich wieder in die Erinnerung zurückkatapultiert, als Hurricane heute Nacht erschöpft gegähnt hat. Der sinnliche Laut und das Flüstern von süßen Bekundungen haben mein Herz flattern lassen.

»Oha, wie lange konntest du nicht schlafen?« Ich bin diesem Mistkerl tatsächlich dankbar, dass er seine Fragen derart vage formuliert, denn so lüge ich nicht direkt.

»Ich bin gegen halb drei eingeschlafen, glaube ich«, antworte ich. Wieder nippe ich an meinem Kaffee. Genießen kann ich ihn nicht, weil ich bereits jetzt auf einen heißen Red Velvet Latte macchiato hinfiebere.

»Mist. Entschuldige«, murmelt Lua zerknirscht. »Möchtest du heute Nachmittag mit uns blau machen? Wir wollten zu den Bergseen hochfahren. Die Nachmittagsvorlesungen sind ohnehin unwichtig.« Hoffnungsvoll sieht Lua mich an und kurzzeitig überlege ich sogar den ganzen Tag zu schwänzen und wieder ins Bett zu gehen. Dann rieselt Hurricanes Stöhnen wieder in meine Sinne und ich schüttle den Kopf.

»Ich werde vermutlich nach der Uni direkt ins Bett fallen«, lehne ich ab. »Jetzt muss ich mich auch langsam auf den Weg machen. Kommt ihr mit?«

Fünfzehn Minuten später stehe ich zwischen Mercúrio und Corálina, die sich lautstark anzicken. Ich weiß nicht, worum es geht und weshalb Mercúrio überhaupt dermaßen aufgelöst ist, aber ich kann ihnen auch nicht folgen. Mein Blick scannt die Grünflächen. Ich halte Ausschau nach Hurricane, will es mir aber nicht eingestehen. Verärgert schüttle ich über mich selbst den Kopf und senke, den Blick auf die Seiten meines Buches. Mercúrio gibt ein grimmiges Schnauben von sich und stupst mich leicht mit dem Ellenbogen an. Auch dieses Mal werde ich mich nicht in ihre Streitigkeiten einmischen, weshalb ich wieder tonlos den Kopf schüttle.

Lua kuschelt mit Gil unweit von mir entfernt, während er sich gegen eine Mauer lehnt und seine Augen über ihr Gesicht gleiten. Ist er wirklich in meine beste Freundin verliebt?

Tief atme ich durch, hebe den Blick wieder und scanne die Grünflächen. Er wird mir keinen Kaffee bringen. Hurricane hatte seinen Spaß mit mir, auch wenn es kein richtiger Sex gewesen ist; jetzt scheint er fertig zu sein. Fertig mit mir. Fertig mit seinem Spiel. Der Kampf ist gewonnen, weil er mich kleingekriegt hat. Er hat mich um den Finger gewickelt und jetzt ist er fertig mit mir.

HATE ME HARDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt