Kapitel 11

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Pov Ju

Ich zog die Maske über Mund und Nase, was mir allerdings das Atmen bei weitem erschwerte, doch da musste ich wohl jetzt durch. Lange würde es hoffentlich eh nicht mehr sein, denn ich hatte den perfekten Plan. Jetzt musste er nur noch funktionieren, dann war alles wieder gut. Ich hatte mich noch nie in meinem Leben so sehr danach gesehnt, dass endlich die Klingel läutete und die Leute vom Jugenamt vor der Türe standen. Ich schloss die Augen und versuchte mein rasendes Herz zumindest ein wenig zu verlangsamen und mich zu beruhigen, immerhin brächte es mir auch nichts, wenn ich jetzt einfach umfliegen würde.

Mein Blick wanderte nach links, wo mein Vater panisch eine Lade durchkramte. Ich ließ mich lässig auf die Couch fallen und beobachtete meine Mutter in der Reflexion des Fernsehers. Sie tippte kurz auf ihrem Handy herum, bevor sie dann mit wenigen Schritten zu mir stampfte und mir einen bösen Blick zuwarf :"Benimm dich, sonst haben wir ein Problem! Verstanden?". Eifrig nickte ich, obwohl ich mir völlig sicher war: So einfach bringt sich mich nicht dazu, hier zu bleiben. Ich mein ehrlich: Glaubt sie wirklich, dass mich das mehr einschüchtert, als das, was sie mir eh schon angetan haben?

Noch ein tiefer Atemzug in der Totenstille des Wohnzimmers. Mein Herz fühlte sich so an, als würde es gleich aus meiner Brust springen und meine Hände zitterten merklich. Was tat ich, wenn mein Plan doch nicht funktionieren würde. Wenn sie mich noch einmal erwischen würden, dann konnte ich mir sicher sein: Das war mein letzter Tag auf dieser Erde. Und zwar mit Sicherheit. 


Pov Rezo

Heute hatte ich einen unfassbar stressigen Arbeitstag bei Nindo. Ich musste zum Glück nicht streamen, aber ein Videodreh war trotzdem geplant. Ich stand auf und drückte mir noch einen Kaffee hinunter, welchen ich noch mit etwas Chuncky Flavour  perfektionierte, nur um ihn dann fast auf einmal hinunterzukippen. Heute Nacht hatte ich fast nicht geschlafen. Kaum war ich eingeschlafen, war mir bereits ein anderer Blödsinn eingefallen, den ich vergessen hatte oder peinliches, was ich irgendwann einmal getan hatte. Meine Augenlieder fielen ständig zu und nur mit allergrößter Mühe schaffte ich es, sie offen zu halten. 

Gleichzeitig hatte ich so eine Anspannung in mir, als würde gleich irgendetwas schlimmes passieren, doch mein Kopf versicherte mir im 5-Minuten-Takt, dass alles in Ordnung war und nichts passieren würde. Soweit war ich mir ziemlich sicher. Trotzdem sollte man immer seinem Bauchgefühl glauben, denn das hatte meistens recht. 


Pov Ju

Es läutete. "FUUCCKK!" War mein einziger Gedanke. Jetzt war der Moment gekommen. Jetzt sprang mein Herz offiziell aus meiner Brust. Ich spürte es ja praktisch schon gegen meine Rippen schlagen und mich von innen verprügeln. Ein letzter, tiefer Atemzug, bevor die Türe aufgerissen wurde.

Mit einem zufriedenen Lächeln begrüßte meine Mutter die Frau und den Mann und bat sie freundlich hinein. Interessiert musterte ich sie, die Frau musste so um die 45 sein und der Mann um einiges jünger, um die 30 wahrscheinlich. Die beiden schüttelten die Hand meines Vaters und wandten sich dann an mich. Sie wunderten sich ziemlich sicher, warum ich noch nichts gesagt hatte, wo meine Mutter natürlich sofort einsprang: "Er hat eine Krankheit, die über die Luft übertragen wird. Mit der Maske schützen wir also uns davor." "Du Armer. Was hast du denn für Symptome?" meinte die Dame. "Er hat solche Halsschmerzen und Atembeschwerden, er tut sich extrem schwer zu reden. Deshalb meinte er, dass er lieber nichts mehr sagen würde. Ich hoffe das ist in Ordnung." Meine Mutter übernahm das Gespräch natürlich sofort wieder und biegt alles wieder hin. Leicht skeptisch schauten sich die beiden trotzdem an und besonders der Mann beäugte mich immer wieder.

Meine Idee einfach das Zeichen für Häusliche Gewalt zu zeigen fing ich langsam an, immer mehr über Bord zu werfen. Denn sobald meine Eltern es sehen würden, hatte ich ein Problem... Aber dann wäre ich ja eh schon weg. Okay, fuck. 

Nach noch fast einer Stunde mehr Gerede und von mir nur genicke, hatten die beiden bereits fast vor zu gehen. Ich zeigte dass ich noch schnell auf Klo gehen würde, indem ich meiner Mutter eine Hand auf die Hüfte legte, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, welche ich sofort wieder zurücknahm. Perfekt. Dann zeigte ich in Richtung Toiletten und nickte die beiden Fremden freundlich an. Geschickt war ich zum Glück immer noch, somit war ich in der Lage gewesen, ihr heimlich das Handy zu klauen und mir vorne in den Hosenbund zu stecken. Meine Chance, denn die beiden anderen würden sich noch nicht gehen, bevor sie sich nicht bei mir verabschiedet hätten und dann könnt ich meiner Mutter ihr Handy wieder unterjubeln. Ich hatte schon einen Plan: Zuerst logge ich mit meinem Insta Account an und dann schreibe ich ihm und bitte ihn um Hilfe. Er war meine einzige Chance. Wenn ich der Polizei oder so schrieb, dann würden sie sicher denken, dass es nur fake wäre. Weil jetzt mal ehrlich: Wer tat so etwas ? Das is ja mega depad eigentlich. 

Benutzername...Passwort...Fertig! Ich war eingeloggt. Meine Finger tippten wie von selbst die Nachricht ein.: 

Hilfe. Ich werde gefangen gehalten von meinem Eltern. Adresse: ****** Aachen POLIZEI! Schnell. Kein Handy, bin im Keller in einem versteckten Raum.

Ich überprüfte die Nachricht noch schnell, schickte sie ab und stellte noch sicher, dass sie auch wirklich bei ihm angekommen war. Jetzt konnte ich nur noch hoffen.

Ich hatte Vertrauen. Ich würde es hier rausschaffen.

Need yaWhere stories live. Discover now