[Kapitel 8/Teil 2]

49 4 0
                                    

*Elara POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

Wieder rüttelte Jemand an meinen Schultern. "Komm schon mein Kind mach deine Augen auf." Solaris. Ihre Stimme zog mich mit einem starken sog wieder aus meiner Hölle zurück in das hier und jetzt. Mit einem Mal konnte ich wieder meine Augen öffnen, doch sah ich noch viel zu verschwommen um nach der Göttin zu sehen. Von dem Glühen war nichts mehr zu spüren viel mehr war mir eisig kalt. Ich saß splitterfasernackt in einer Badewanne gefüllt mit eiskaltem Wasser.

"Solaris?" sprach ich immer wieder tonlos in der Hoffnung ihre Stimme noch einmal zu hören. Ich hoffte, dass sie mich wie schon einmal aus einer brenzlichen Situation retten würde, denn ein weiteres traumatisches Erlebnis würde ich mit bestem Willen nicht überleben. Doch dann fiel mir erneut ein, dass ich sie enttäuscht hatte. "Das Buch. Ich hab es verloren." sprach ich immer wieder wie auf einer kaputten Schallplatte gefangen.

Plötzlich hob mich Ansu aus dem Wasser und setzte mich mit einem Handtuch um meinen Körper zurück auf das Bett. "Na endlich kleines Häschen ich habe mir schon sorgen gemacht." sagte er während er meine Haare mit einem weiteren Handtuch trocken rieb. "Wir sind schon viel zu lange hier.. Die Männer meines Vaters haben die vier Idioten sicher schon gefunden." hörte ich ihn sagen während er sich von mir weg drehte und in Richtung einer alten Truhe ging. "Diese Hütte kennen sie zwar noch nicht, aber wir sollten unser Glück nicht herausfordern." Ansu kramte eine Weile in der Truhe herum während ich bewegungsunfähig seinen breiten Rücken betrachtete. "Hier müsste irgendwo noch ein Kleid der letzten Mädchen sein." sprach er vor sich hin. Er wirkte wie in seiner eigenen Welt und achtete nicht weiter auf mich. Ich ließ meinen Blick über das Zimmer schweifen und entdeckte den Mantel, den er mir zuvor übergeworfen hatte, auf einem Stuhl hängend. "Ach gefunden" hörte ich ihn erfreut rufen was dazu führte, dass ich meinen trüben Blick wieder zu ihm wendete.

Mit einem langem blauem Kleid kam er auf mich zu und sah mir dabei nur ins Gesicht. "Guck mich gar nicht erst so an ich musste dich ausziehen, denn dein Fieber wollte sich nicht senken lassen. Deinen neuen Mantel wirst du sicher noch gebrauchen hier im Süden ist es viel kälter als oben im Norden." ich reagierte nicht auf seine Ausrede sondern sah nur auf das Kleid in seinen Händen.

Als er meinen Blick bemerkte hörte er auf sich mir erklären zu wollen und legte mir stattdessen das Kleid auf den Schoß und drehte mir seinen Rücken zu. "Mach schnell und sag mir beschied wenn du meine Hilfe benötigst." hörte ich ihn noch sagen bevor ich mich langsam an die Arbeit machte mir das Kleid über meinen Kopf zu ziehen. Mein Körper fühlte sich noch etwas taub an weshalb ich mir noch viel zu unsicher war um ruckartige Bewegungen machen zu können. Endlich in dem warmen Stoff meines neuen Kleides eingehüllt räusperte ich mich um ihm zu signalisieren, dass er sich wieder umdrehen konnte.

Ansu nahm den Mantel von der Stuhllehne und machte mir somit den Blick auf die darunter hängende Tasche frei. Er hatte meine Tasche doch tatsächlich mitgeschleppt. "Mein Buch?" fragte ich überrascht. "Natürlich. Ich würde dir doch niemals das letzte nehmen was dir von deiner Familie geblieben war." kurz wendete er sich wieder zurück zu dem Stuhl und nahm nun auch die Tasche in seine Hand. "Sie ist auch fast vollständig." sagte er ganz stolz grinsend bevor er leise murmelte "Bis auf die leckeren Früchte natürlich." Die Früchte waren mir sonderlich egal, viel wichtiger war meine Seelenhäfte und das dazugehörige Buch.

Schnell stand ich auf und entriss ihm meine Tasche um den Inhalt zu kontrollieren. "Solaris sei Dank." sprach ich erleichtert aus als ich sah, dass sich das Buch nach wie vor unversehrt in der Tasche befand. "Nicht Solaris. Ansu sei Dank, aber gut das lass ich dir noch durchgehen." Antwortete er mir noch immer stolz grinsend. Mit einer fließenden Bewegung legte mir Ansu den Mantel über meine Schultern und nahm mir kurzerhand die Tasche ab. "Schnell zieh dich an und zieh am besten die Kapuze so weit runter in dein Gesicht wie du nur kannst. Wir wollen dein schönes Gesicht vor den bösen Wölfen verstecken nicht wahr Häschen?"

Gesagt getan. Ich entschied mich gegen all meinen Prinzipien, dem Mann zu vertrauen der mich erst in die durchaus unangenehme Lage gebracht hatte um mich danach vor noch fataleren Begebenheiten zu retten. Auch wenn meine Alarmglocken läuteten würde ich Ansu folgen.

Auch Ansu zog sich seinen schwarzen Ledermantel über um kurz darauf aus der Hütte zu treten. Ich schlüpfte schnell durch den Riemen der Tasche und umklammerte sie mit beiden Armen bevor ich hinter Ansu her lief. Noch einmal würde ich die Tasche, vor allem das Buch nicht unbeaufsichtigt lassen.

MythosWhere stories live. Discover now