Kapitel 3

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Am Tag der Abreise hatte Jungkook kein Auge zugemacht. Er hatte sich im Bett gewälzt und gewälzt und gewälzt, bis vier Uhr morgens. Nur dank eines Kaffees und einer Schmerztablette gegen die Kopfschmerzen schaffte er es, sich anzuziehen und sich wie ein Mensch zu fühlen, der nicht unter enormen Schlafmangel litt.

Der Weg zum Bahnhof dauerte eine Ewigkeit. Jungkooks Körper bebte dauerhaft und schien sich nicht zu beruhigen. Seit er Taehyungs Namen gehört hatte, spielte sein Körper wie verrückt. Er war defekt; er schwitzte, er zitterte, er atmete in viel zu kurzen Abständen.

Ich hätte keinen Kaffee trinken sollen, dachte Jungkook, während er durch den Bahnhof raste. Er war viel zu spät. Jimin würde ihn auseinandernehmen.

Das war eine blöde Idee. Eine ganz blöde Idee.

Er freute sich nicht einmal. Er fühlte nichts außer Stress und Aufregung. Übelkeit, seit er seine Wohnung verlassen hatte. Am liebsten würde er sich tagelang in seinem Zimmer einsperren und der Situation für immer aus dem Weg gehen, denn er war und würde nie bereit sein. Niemals.

Er fand die anderen ein paar Minuten später in der Nähe eines Geldautomaten. Sie hatten ihre Köpfe zusammengesteckt und schienen gerade über irgendetwas zu diskutieren.

Jungkook machte zuerst mit Jimin Augenkontakt. Jimins Augen wurden größer, dann sah er Namjoon an und sagte ihm etwas, bevor er wieder zu Jungkook blickte und ihn ansah, als könnte er nicht glauben, dass er wirklich hier war.

Jungkook ging weiter und als er nah genug war, drehten sich auf einmal alle um.

Er fühlte sich wie in einem schlechten Actionfilm, in dem der Bösewicht zum ersten Mal seinen Auftritt hatte.

"Hi, Leute", sagte Jungkook und er hoffte, dass er lächelte. Seine Wangen schmerzten. "Es ist schön, euch wieder zu sehen." Er blickte jeden in die Augen, auch wenn dabei jeder Atemzug schmerzte—so sehr, dass er weinen wollte.

Namjoon reagierte zuerst und seufzte erleichtert. Der Rest war wie versteinert. Yoongi war ebenfalls sichtlich froh, über Jungkooks Anwesenheit, denn sein zuvor etwas angespannter Gesichtsausdruck wirkte plötzlich weicher.

"Dachtet ihr etwa, ich komme nicht?", scherzte er, ehe er Namjoon und Yoongi zur Begrüßung leicht umarmte.

Die Stille war ohrenbetäubend.

Namjoon flüsterte ihn während der Umarmung ins Ohr: "Du bist nicht der Einzige, der zu spät ist. Danke fürs Kommen." Dann wurde er leiser. "Jimin ist etwa unruhig. Und gehetzt. Nimm es ihm bitte nicht übel. Wir sind alle etwas... naja. Es ist sehr ungewohnt."

Jungkook nickte verständnisvoll.

Nun kam der unangenehme Teil.

Jin und Hoseok blinzelten Jungkook an, aber bewegten sich nicht. Auch Jimin blieb neben Namjoon steif stehen, sein Griff um den Koffer verstärkte sich, als brauchte er Halt. Er begrüßte Jungkook nickt, umarmte ihn nicht und— eigentlich behandelte er ihn wie Luft. Jungkook konnte genauso nicht da sein und es würde keinen Unterschied machen.

Er versuchte es nicht persönlich zu nehmen. Namjoon verzog das Gesicht bei der Stimmung und Yoongi rümpfte dauerhaft die Nase.

Jin hob zögerlich die Hand, aber sagte nichts.

"Jin", atmete Jungkook mit flehendem Ton. "Hi."

Er lächelte zur Antwort schief, aber kam Jungkook nicht nah. "Hallo, Jungkook", meinte er nur.

Jungkooks Schultern senkten sich. Bei Jin hatte er die Hoffnung, dass er ebenfalls so tun würde, als wäre alles okay, aber anscheinend lag er falsch.

Der letzte war Hoseok.

The Light We Lost [VKOOK]Where stories live. Discover now