Capítulo 16

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Wie seltsam kreuzen sich doch die Wege des Lebens!
*Hans Christian Andersen

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Catalinas Sicht

Ich wurde durch das halbe Dorf gezerrt, dabei dachte ich ich wäre frei nach der Kleidanprobe von Dolores. Marisol sah das etwas anders und ihr fielen Dinge ein, die sie auch alleine geschafft hätte. Dann hatte sie eine idea. Ein Kleid musste her für die anstehende Hochzeit. Mich wunderte, dass ihr das nicht bereits vorhin eingefallen war, immerhin standen wir im richtigen Geschäft.
"Mirabel, wir haben etwas vergessen." Sie brüllte den gesamten Marktplatz zusammen, da sie die Brillenträgerin am Brunnen hatte entdecken können. "Mira, wir hätten doch auch selbst nach einem Kleid gucken können. Das machen wir jetzt, vamos!" Mehr als perplex wurde die Madrigal mitgeschleppt, konnte nicht einmal ansetzen zum Reden. Ich war genervt von diesen beiden energiegeladenen Malträtiererinnen, wobei Marisol zum jetzigen Zeitpunkt schlimmer war, als Mirabel. Im Geschäft angekommen lachte die Schneiderin erstmal über unsere Unfähigkeit. (Also ihre, weil ich wollte meine Ruhe dabei haben und alleine gehen. Höchstes Mamá oder Dolores würde ich mitnehmen.)

Während mi prima im Kleiderwirrwarr verschwand, setzte ich mich erstmal hin. Mirabel wollte ganz heimlich verschwinden, doch ich dachte gar nicht daran, sie gehen zu lassen: "Mira, wohin so eilig? Marisol braucht unser beider Hilfe." Extra laut rief ich dies durch den Laden, damit meine verschollene, jüngere prima es auch definitiv mitbekam. Kurze Zeit später stand letztere auch mit einem Berg an Kleider vor uns und funkelte die Madrigal böse an. "Was ist los mit dir? Wir hatten doch schon geplant, zusammen nach einem Kleid zu gucken. Komm mit in die Kabine, dann helfe ich dir und du mir."
Ich prustete los, konnte ich mein Lachen leider nicht komplett verkneifen. Zu spüren bekam ich pure Euphorie und Irritation, letzteres zeigte sich durch Mirabels überraschtes Gesicht.
"Ich dachte eigentlich, dass wir..." "Weißt du Mari, wir sollte das einer nach dem anderen machen. Festkleider werden meistens anders angezogen und daher kann die Schneiderin da besser helfen." Ich spürte, wie sich die Schwarzhaarige entspannte. "Hast Recht, dann möchte ich aber anfangen." Weg war das Energiebündel und ihre im Normalfall Gefühlsvetterin ließ sich neben mir auf das Sofa plumsen.

"Woher?" Jeder einzelen Buchstabe wurde mehr als dunkel betont und ich fing an, noch breiter zu grinsen und lachte gehässig in mich hinein. "War geraten." "War es nicht, puta! Woher weißt du es?!" Ich blickte meine zischende Nachbarin nicht an, sondern betrachtete viel lieber meine Nägel. "Gefühle sind solche Verräter oder? Es increíble." Die Erkenntnis traf 'sie' wie ein Faustschlag. "Wie lange schon?" "Un rato." Es war einen Moment still und auch wenn ich mit Camilos Gefühlsachterbahn und Marisols Übereifrigkeit belastet wurde, versuchte ich zu entspannen. "Das heißt, auch als ich..." "Letztens ebenfalls als Mirabel mit diesem Energiebündel in meinem Zimmer standest und ich nur im Handtuch bekleidet vor dir erschien? Sí, auch da." Er nuschelte vor sich hin, dass er es doch bereute wieder als Mirabel herumgelaufen zu sein, wo er dies durch Marisol eigentlich unterlassen wollte.

Wir wurden unterbrochen, denn mi prima wollte Feedback. Unser Blick glitt zur Umkleide und ein "Ist nicht deine Farbe." Verließ zeitgleich unsere Münder. Eingeschnappt verschwand die Jüngere zurück in der Kabine und wir konnten weiterreden. Die Farbe an sich stand fest, da wir alle zu Dolores' Brautjungfern gehörten. Lediglich die Helligkeit war uns überlassen.
"Eigentlich schon die ganze Zeit, also von Anfang an." "Perdón, die GANZE ZEIT?! Und du sagst nichts?!" Ich zuckte nur mit den Schultern und wackelte mit meinem übereinander geschlagenen Bein herum. "Warum sollte ich dir meinen größten Trumpf mitteilen?" "Warum warst du überhaupt so entspannt, wenn du wusstest, dass ich dich so gesehen habe?" Nun musste ich wieder grinsen. Ich hatte all seine Gefühle bemerkt und dies war für mich viel amüsanter, als meine Wut über seine Glotzerei weiter zu verfolgen. Weiterhin konnte er relativ wenig für sein Auftauchen, da es im Endeffekt meine prima war, die ihn in diese beschissene Lage gebracht hatte.

"Du weißt, ich kann nicht hierbleiben." "Ach ne, wäre mir nie eingefallen." Camilo wurde wütender, je mehr ich ihn verarschte. "Du solltest wissen, dass ich kein problema damit habe, hier mitzumachen." "Naja, du vielleicht nicht unbedingt, aber Orlando. Wir sollten ihn unbedingt zu Rate ziehen, findest du nicht Mirabel?" "Das wagst du ni..." "Meinst du echt?" Leuchtende, hellbraune Augen sahen uns an. Die Farbe des Kleides war schön, der Schnitt ging gar nicht. Das beinahe rausgebrüllte 'No' ließ uns alle zusammenzucken. "Ach quatsch, das ist eine Mädelsrunde, da passt dein padre nun so gar nicht rein. Und der Schnitt steht dir nicht." Marisol nahm den Rat des Schwindlers an und nahm sich das nächste Kleid. (Mädelsrunde also, interesante.)

"Du hast so viel Ahnung, weil es eine 'Mädelsrunde' ist? Dulce, deine feminine Seite." Nun war er am Grinsen. "Weißt du, wie viele Frauen in nuestra casa leben? Es hat also nichts mit mir zu tun, puta." "Du weißt, mit Eis ist es nicht getan und ich hätte noch einen gut bei dir." Sein Grinsen wurde dreckiger und ich hätte ihm dafür am liebsten eine runtergehauen. "Dir helfe ich mit Freuden bei deinem Kleid. Vorzugsweise beim Ausziehen, da bin ich dir eher eine Hilfe." Ich winkte ab, damit er endlich verschwand. Er ließ mich weiterhin seine Belustigung und Erregung spüren, drückte mir mit seinem Gesicht einen Kuss auf die Wange, schlug aufgrund unserer übereinstimmenden Meinung mit mir ein und zog von dannen. (Beim nächsten Mal reiben ich ihm unter die Nase, dass er auf mich gehört hat.)

Als meine prima mit dem gefühlt zwanzigsten Kleid herauskam und sich fragend umsah klärte ich sie auf. Denn Mirabel hatte noch etwas zu tun bezüglich der Vorbereitungen und aus diesem Grund eigentlich gar keine Zeit, so meine Begründung. Das Geheimnis, wer hier tatsächlich mit saß, behielt ich für mich... erstmal. Vielleicht kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem mir dieses Wissen nützte. Das Gefühl seiner weichen Lippen auf meiner Haut versuchte ich zu verdrängen.

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Zwischen Magie und SchicksalWhere stories live. Discover now