XXVIII | Erklärungen

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Leonora

Knapp anderthalb Wochen waren vergangen, bevor eine Nachricht von Raphael auf meinem Handy erschienen war. Dort stand kurz und knapp ein: "Können wir uns sehen?". Ich starrte auf meinem Bildschirmschoner bei meinem Handy auf die Nachricht.

Annika und Yue meine beiden besten Freundinnen, saßen vor mir und schaute mit mir auf mein Handy herab. Synchron hoben sie ihre Köpfe wieder und starrten mich an. Yue die gerade erst von ihrem Auslandsaufenthalt zurückgekommen war, musste ich erstmal erzählen, was vor anderthalb Wochen passiert war.

Missmutig verzog Annika ihr Gesicht als sie wieder auf die Nachricht starrte. „Ich weiß nicht Leo. Ich würde ihn schmoren lassen. Diese Anschuldigungen oder wie man das auch immer nennen möchte, sind lächerlich." Meine andere besten Freundin schob währenddessen mein Handy wieder zu mir rüber. Unter ihren Augen konnte man deutlich die Augenringe sehen, die von dem langen Rückflug und Jetlag herrührten.

Sie gähnte und deutete mit ihrer Hand auf Annika als würde sie ihr zustimmen. „Ich stimme Annika zu, aber alles, was ich mitbekommen habe zeigt das dir viel an ihm und eurer Beziehung liegt. Ich würde es versuchen." Die Frau aus Marseille neben ihr zuckte nur mit den Schultern. „Ich glaube aber, das wir nicht die besten sind für Qualifizierte Beziehungstipps." Das brachte mich zum Auflachen.

Während Yue nie mehr als eine Freundschaft Plus einging, war Annika so auf ihren Beruf fixiert, dass sie nie mehr als nur Freundschaften zuließ. Trotzdem hatten sie recht. Ich wartete schon die ganze Zeit auf eine Nachricht und trotzdem zögerte ich. Seine Worte machten mir immer noch zu schaffen.

Ich seufzte und stützte meinen Kopf in die Hände. "Es sitzt immer noch in meinem Kopf, was er über Mama und generell über meine Familie gesagt hat. Ich gehe trotzdem hin. Ich liebe ihn und ich liebe unsere Beziehung."

____

Ich kaute nervös auf meiner Unterlippe. Meine Gedanken kreisten in meinem Gehirn wie ein Karussell. Wie würde das treffen laufen? Würden wir danach noch zusammen sein? Oder getrennt? Was war Raphaels Erklärung?

Als ich von draußen durch das Fenster in das Café sah, konnte ich ihn noch nicht entdecken. Nachdem ich den Laden betreten hatte, der mich sofort heimelig fühlen ließ wank mir Raphael aus der hinteren Ecke. Ich war über etwas Privatsphäre ganz froh.

Das Café das vor allem von Gold und Grün dominiert würde und mit Möbeln aus dunkeln Holz ausgestattet war, gefiel mir sehr. Im Hinterkopf machte ich mir eine Notiz, das ich mir den Laden für ein treffen mit Annika und Yue merken musste.

Am Tisch angekommen, wo der Italiener saß, zögerten wir beide kurz, weil keiner so recht wusste, wie wir uns am besten begrüßen sollten. Der schwarzhaarige ergriff die initiative, stand auf und Umarmte mich kurz. Ich erwiderte die Umarmung zögerlich aber wohlwollend.

Gegenüber von ihm ließ ich mich auf den Stuhl nieder. "Ein wirklich schönes Café." ergriff ich als Erstes das Wort und schaute mich demonstrativ nochmal im Raum um. Ein sanftes Lächeln bildete sich auf Raphaels Lippen. "Ich dachte mir, das es dir gefallen würde. Möchtest du was trinken? Ich habe auch noch nicht bestellt."

Ich erwiderte sein Lächeln leicht. "Warst du schön öfters hier?" Versuchte ich das Gespräch entspannt am Laufen zu halten ohne sofort zu den eigentlichen Themen zu kommen. "Ja. Erst vor zwei Tagen mit Abudi. Wenn er hier wäre, würde er dir den Rhabarber Kuchen empfehlen." Er lachte bei seinem letzten Satz warm auf.

"Ich würde Abudi gerne Mal kennenlernen." Entschlüpfte es mir. Das hatte ich nicht sagen wollen, aber es stimmte. Abudi war einer der besten Freunde von Raphael, doch bis jetzt war immer was dazwischen gekommen, wenn wir uns hatten kennenlernen wollen.

"Er würde dich auch gerne mal kennenlernen. Wie wäre es, wenn wir uns zeitlich mit Yue und Abudi treffen?" Die Frage nahm ein Stück der Last von meinem Herzen. Es hörte sich so an, als dachte er nicht an ein Beziehungsende, sondern wollte die Beziehung weiter führen.

In dem Moment kam der Kellner an unseren Tisch und fragte uns nach unseren Bestellungen. "Ich nehme ein Espresso." Kam es von Raphael. Dann sah er mich gemeinsam mit dem Kellner an und wartete auf meine Bestellung. "Ich hätte gerne ein Rhabarber Kuchen und einen Milchkaffee." Der Kellner bedankte sich und ging zum nächsten Tisch.

Die Miene meines Gegenübers wurde ernst und ich fing wieder an nervös auf meiner Unterlippe zu kauen. "Kannst du bitte aufhören deine Unterlippe so zu malträtieren?" Sagte er, ohne den Blick von meinen Lippen zu nehmen. Abrupt hörte ich damit auf.

"Also?" Fragte ich und setze ebenfalls ein ernstes Gesicht auf. "Ich möchte mich bei dir entschuldigen, aber dafür muss ich weiter ausholen okay. Und bitte Raste nicht aus. Ich weiß selber, dass meine Handlungen dämlich waren." Bittend sah er mich an. Als einzige Reaktion zog ich auffordernd meine Augenbrauen in die Höhe.

Er räusperte sich und setze sich aufrechter hin. "Vor fünf Jahren hatte ich eine wirklich toxische Beziehung mit Janin wie du weißt." Ich nickte zustimmend. Er hatte mir davon erzählt. "Sie...Wie soll ich das erklären, ohne das ich dumm dastehe. Ähm also sie hat mir schon öfter meine Beziehungen versaut, weil sie mich Manipuliert hat. Bei meinem letzten beiden Beziehungen hatte sie mit ihrem Zweifel, die sie in mir gesät hat, auch recht also habe ich irgendwie angefangen dieser Frau zu glauben." Nachdenklich zog ich meine Augenbrauen zusammen. Hörte ihm aber weiter zu.

"Bei meiner reales Party mit John hat sie es irgendwie geschafft auf diese Party zu kommen und eines hat zum anderen geführt..." "Wenn du mir jetzt erzählen möchtest, wie du mit ihr fremd gegangen bist, hättest du es mir auch direkt sagen können." Verzweifelt schloss er die Augen und öffnete sie dann wieder. "Nein ich schwöre, ich bin dir nicht fremd gegangen. Ich gucke keine andere Frau an als dich. So meinte ich das nicht."

Der Kellner kam und stellte die Bestellungen vor uns ab. Als er gegangen war, starrten wir die Lebensmittel vor uns nur an. Raphael fing wieder an sanft und leise zu sprechen. "Ich bin dir nicht fremd gegangen. Sondern habe zugelassen, das sie wie so oft es schafft mir Sachen einzureden, die nicht stimmen. Du bist nicht zu der Party gekommen und ich fand, es scheiße war auch irgendwie wütend und war dann für den ganzen scheiß noch empfänglicher den sie geredet hat. Ich bereue das alles total. Aber ich hoffe, dass du uns immer noch willst, denn ich möchte es mehr als zuvor. Bitte." Schloss er seine Erklärung und ich musste schlucken.

Ich nahm einen Schluck von meinem Getränk. "Was du gesagt hast, hat mich getroffen. Keiner aus meiner Familie würde dich aufgrund der früheren finanziellen Lage deiner Familie in irgendeiner Weise als nicht genug für mich ansehen. Wüssten sie wie du über sie geredet hast, wäre das wahrscheinlich anders." Er schluckte und ich sah seinen Adamsapfel hüpfen. Das war nicht fair gewesen.

"Aber ich glaube dir. Und ich glauben uns und unsere Beziehung denn ich liebe beides. Aber wir können nicht einfach so weiter machen, wie wir aufgehört haben. Du musst mir sagen, wenn es dir wichtig ist, das ich wohin mitkomme, selbst wenn Augustus krank ist. Dann frage ich jemanden aus dem Stall, ob er auf ihn aufpasst. Aber wir müssen darüber sprechen. Und wenn du Zweifel hast, warum auch immer müssen wir darüber ebenfalls sprechen. In einer Beziehung ist es ein Wir und nicht ein du und ich."

Mein Blick wanderte zu seinen Augen und meine Hand ließ ich langsam in seine Gleiten die auf den Tisch lag. Er umschloss meine Hand sanft und erwiderte meinen Blick. "Ich lieb dich und unsere Beziehung auch. Und ich verspreche das ich Janin für immer und ewig aus meinem Leben verbannen werde. Wenn sie das nächste Mal irgendwo auftaucht, lass' ich sie rausschmeißen." Ich lächelte zufrieden.

"Jetzt probier mal den Kuchen. Ich will wissen, ob er dir genauso gut schmeckt wie Abudi." Drängte mich Raphael und ich kam seinem Wunsch nach. Der Kuchen schmeckte himmlisch.

Ich würde Raphael nicht alles sofort hier und jetzt verzeihen, aber ich glaubte an Vergebung und Wiedergutmachung. Das hier war der erste Schritt in diese Richtung. 

Zukunft | Raf Camora FFDonde viven las historias. Descúbrelo ahora