𝟎𝟓 | 𝐊𝐞𝐚𝐧𝐮 𝐑𝐞𝐞𝐯𝐞𝐬

267 28 0
                                    

·°¯'·• für LenaHummels15 •·'¯°·
Neue Freunde zu finden ist schön. Aber zusammen für eine Freundschaft zu kämpfen, das ist Glück.

Immer wenn ich diese Kinder sehe, bewundere ich sie. Tagein, tagaus liegen sie hier in ihren Krankenhausbetten und sehen ihre Eltern nur an den Wochenenden. Sie haben Schmerzen, können ihre Freunde nicht sehen und wissen tief in ihren kleinen Herzen, dass sie den Krebs vielleicht nicht überleben werden. Und dennoch beschweren sie sich nie über ihre Situation. Sie sind tapfer und dankbar für alles Gute, was ihnen widerfährt. Und aus diesen guten Momenten ziehen auch wir unsere Kraft.

Denn wenn ihre Eltern unter der Woche nicht hier sind, sind wir die Familie der Kinder. Wir spielen mit ihnen, reden ihnen gut zu und vertreiben die Monster unter dem Bett nach einem Albtraum. Und gleichzeitig halten wir den Kontakt mit ihren Eltern und müssen auch diese trösten. Sie haben ein schlechtes Gewissen, weil sie nicht jeden Tag zu ihren Kindern können, müssen aber gleichzeitig arbeiten, um die Krankenhausrechnungen zu bezahlen... Das System ist kaputt, aber wir machen das Beste daraus.

Manchmal habe ich das Gefühl, die Last der ganzen Welt hat es sich auf meinen Schultern bequem gemacht, denn ich bin nicht nur für die Eltern und Kinder da und diskutiere mit den Ärzten, sondern ich kümmere mich auch immer um mein Team von Schwestern und Pflegern. Dieser Job ist unglaublich hart und es ist mir wichtig, dass meine Kolleginnen und Kollegen nicht daran kaputt gehen. Aber überdies vergesse ich manchmal einfach mich um mich selbst zu sorgen.

»Wir bekommen wohl hohen Besuch!« Pfeifend kommt Nina mir entgegen und grinst mich an. Sie ist beinahe genauso lange dabei wie ich und die einzige, die mich manchmal zwingt, mir freizunehmen um durchzuatmen und mich zu erholen. »Achja?«, frage ich nach und hebe meine rechte Augenbraue an. Ich weiß, dass sie das hasst, weil sie es nicht kann. Bei ihr zieht die zweite Braue immer mit und nicht erst einmal ist sie deswegen dezent ausgeflippt.

»Mhh, keine Ahnung wer, aber er hat Kekse dabei!« Ah. Daher weht der Wind. Nina liebt Kekse über alles. Selbst das Keksmonster aus der Sesamstraße liebt Kekse nicht so sehr wie sie! »Verstehe«, schmunzle ich und stelle ihr auch eine Tasse unter die Kaffeemaschine, sobald meine voll ist. »Danke«, säuselt sie und stellt sich so in unsere kleine Küche, dass sie den Aufzug im Blick hat. Kopfschüttelnd schnappe ich mir meine Tasse und gehe an unsere kleine Rezeption, an der Sam gerade etwas Verwaltungsarbeit erledigt. »Wie sieht's aus?«, frage ich und verbrenne mir prompt beim ersten Schluck Kaffee die Zunge.

Grinsend hebt Sam mir seine rechte Augenbraue entgegen und ich höre Nina genervt schnauben. Sie damit auf die Palme zu bringen, ist irgendwie unser Teamsport geworden. Sogar so sehr, dass wir bei Vorstellungsgesprächen die Kandidaten fragen, ob sie das auch können. Natürlich ist das kein Einstellungskriterium, aber durchaus witzig. »Hallo«, ertönt eine dunkle Stimme neben mir und ich drehe mich um, nur um mich dem Keanu Reeves gegenüber zu sehen, der mit mehreren großen Schachteln vor mir steht und mich freundlich anlächelt. »Hallo«, bringe ich hervor und räuspere mich. »Herzlich willkommen bei uns. Soll ich Ihnen etwas abnehmen?«

»Das wäre wirklich freundlich von Ihnen.« Sofort nehme ich ihm die oberen zwei Boxen ab und stelle sie vor mir auf die Rezeption. Schneller als ich gucken kann, steht Nina neben mir und öffnet die erste Box mit gierigem Blick. Lachend schlage ich ihre Hand weg und ermahne sie gespielt ernst, endlich wieder zu arbeiten. Hinter mir lacht Keanu leise und sendet mit diesem warmen, aber rauen Ton prickelnde Schauer über meinen Rücken. Ich bin mir seiner Anwesenheit so sehr bewusst, dass ich im Sekundentakt meinen Verstand daran erinnern muss, wach zu bleiben.

Als ich mich wieder zu ihm umdrehe, liegen seine Augen bereits wieder auf mir und unsere Blicke treffen sich. Der Haselnuss-Ton seiner Augen ist derart warm, dass es meiner Meinung nach die Schneemassen außerhalb des Krankenhauses schmelzen müsste. »Ich bin Keanu«, stellt er sich höflich vor und reicht mir seine Hand. Sofort lege ich meine hinein und schüttle sie. »Ich bin D/N. Und ich weiß, wer Sie sind.«

𝐚𝐝𝐯𝐞𝐧𝐭𝐬𝐤𝐚𝐥𝐞𝐧𝐝𝐞𝐫 𝟐𝟎𝟐𝟑Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt