𝟏𝟏 | 𝐂𝐚𝐬𝐭𝐢𝐞𝐥

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·°¯'·• für  •·'¯°·

Letztes Jahr zu Weihnachten haben wir im Bunker alles festlich geschmückt. Wir haben zusammen Plätzchen gebacken, Weihnachtsfilme geguckt, und als er betrunken genug war, hat Dean mit mir sogar O-Tannenbaum gesungen. Sam hat uns ein traditionelles Festtagsessen zubereitet und wir haben uns gegenseitig etwas geschenkt.

Nicht nur, weil ich den Jungs damit wochenlang in den Ohren gelegen habe, sondern vielmehr, weil ich sie davon überzeugen konnte, dass es richtig und wichtig wäre, Cas an unseren Traditionen teilhaben zu lassen, wenn wir ihn zu unserer kaputten kleinen Familie zählen. Und so bekam ich meinen Willen. End of story.

Naja, dieses Jahr wollen die Jungs jedenfalls nicht wieder so einen riesigen Aufwand betreiben - was ich auch verstehen kann, aber irgendwie hätte ich mir doch gewünscht, dass sie es tun. Aber wem mache ich was vor. Die meisten Menschen lieben Weihnachten einfach nicht so sehr wie ich. Vor allem dann nicht, wenn sie so eine Kindheit und Jugend hatten, wie die zwei Brüder.

»Hallo D/N«, ertönt die Stimme des Engels hinter mir und vor Schreck schütte ich meine heiße Schokolade über den halben Küchenboden. »Oh, verzeih mir bitte. Ich wollte dich nicht schon wieder erschrecken«, entschuldigt er sich zerknirscht und beseitigt die Sauerei mit einem Fingerschnipsen. »Ist schon gut, Cas«, lächle ich ihn gutmütig an und versinke für wenige Sekunden in seinen unschuldig-blauen Augen, bevor ich mich wieder besinne und mich verlegen räusper.

»Was wolltest du eigentlich von mir?«, frage ich den Engel nach einigen Momenten des Schweigens und nehme einen Schluck von meinem übrig gebliebenen Kakao. »Ich wollte dich fragen, ob du mit mir einen Weihnachtsbaum aussuchen möchtest.«

Mit weit aufgerissenen Augen drehe ich mich zu ihm um, vergessen ist mein Kakao, und starre ihn an. »Du willst - wirklich?«, frage ich aufgeregt wie ein kleines Kind, und als er nickt, pfeffere ich meine Tasse beinahe in die Spüle und renne zur Garderobe, um meine Winterstiefel anzuziehen. »Komm schon, Cas!«, rufe ich und verknote mir beinahe die Finger bei dem Versuch, in Sekundenschnelle eine Schleife zu binden.

Der Engel taucht in seinem Trenchcoat wieder neben mir auf und ich schüttle intensiv meinen Kopf. »So geht das aber nicht, Cas. Es ist Winter und draußen liegt ein halber Meter Schnee!« Entschieden greife ich nach einer von Sams Winterjacken und reiche sie ihm. Sam ist zwar viel größer als der Engel, aber letztes Jahr haben wir festgestellt, dass Cas in Deans Jacken nicht reinpasst. Dafür aber in seine warmen Boots. Und die stelle ich ihm auch direkt vor die Füße und warte ungeduldig, bis der Engel schweren Herzens seinen geliebten Trenchcoat in die Garderobe gehängt hat.

»Können wir?«, frage ich ihn und schnappe mir meine Autoschlüssel. Wir fahren einige Meilen bis zu einem kleinen Feld, auf dem jedes Jahr Tannenbäume verkauft werden. Es dauert bestimmt zwei Stunden, aber dann haben wir unseren perfekten Baum gefunden. Ich bezahle dafür und trage ihn zusammen mit Cas zum Auto. Gemeinsam mit einem der Verkäufer machen wir die Tanne fest und steigen wieder ein, um heimzufahren.

»Danke, dass du auf deine Kräfte verzichtet hast, Cas«, sage ich irgendwann, ohne den Blick von der Straße abzuwenden. »Du hast letztes Jahr gesagt, dass es nicht einfach nur darum geht, dass alles schnell erledigt werden muss. Es geht darum, es zusammen zu machen. Du nanntest es Besinnlichkeit.«

Erstaunt drehe ich meinen Kopf zu ihm und lächle leicht. Er hat es sich gemerkt und nicht nur das, er hat es auch wirklich verstanden. Das ist fast schon ein Weihnachtsgeschenk für mich. Schweigend fahren wir wieder in den Bunker und stellen den Baum auf. Schmücken wollen wir ihn aber erst, wenn Sam und Dean auch da sind. Sie müssten heute oder morgen von ihrem aktuellen Fall zurückkehren. Mal sehen, was sie sagen.

Ich wollte kurz baden gehen und Cas war mit einem Weihnachtsfilm beschäftigt. Aber dann entschied ich mich kurzfristig doch noch für einen Kakao, den ich mit in die Wanne nehmen wollte. Nur in einen flauschigen Bademantel gehüllt und mit plüschigen Socken an den Füßen, gehe ich schnell durch den Bunker in Richtung Küche, halte aber inne, als ich Stimmen höre.

»Was tust du da, Cas?«, fragt Dean den Engel und ich lege verwirrt den Kopf schräg. »Ich schmücke das Wohnzimmer«, lautet die Antwort und ich muss mir die Hand vor den Mund pressen, um nicht laut zu kichern, denn ich kann mir Deans Augenrollen nur zu gut vorstellen. »Das sehe ich. Was ich meinte, ist wieso?«, erklärt der Winchester sich und ich höre Sam leise lachen.

»Weil D/N Weihnachten liebt. Und ich habe letztes Jahr gesehen, wie sehr ihre Augen gefunkelt haben, als der ganze Bunker geschmückt war.«

Wie bitte was? Er - wow. Tränen der Rührung schwimmen in meinen Augen und jetzt halte ich mir den Mund aus einem ganz anderen Grund zu. Schon von Anfang an war ich fasziniert von dem Engel im Trenchcoat, aber ich hatte niemals auch nur zu hoffen gewagt, dass...

»Cas, kann es sein, dass du Gefühle für D/N hast?«, fragt Sam plötzlich und ich halte die Luft an. »Ich habe Gefühle für euch alle drei. Und auch für Bobby«, antwortet der Engel verwirrt und ich muss wirklich ein lautes Lachen zurückhalten, als ich das kollektive Augenrollen der Brüder und ihre verzogenen Minen quasi bis hier um die Ecke sehen kann.

Trotzdem versucht Sam geduldig, ihm zu erklären, was er meint. »Aber die Gefühle für D/N sind doch anders als die für uns, oder?« Dean murmelt ein leises 'das will ich auch hoffen', aber wir alle entscheiden uns, ihn zu ignorieren. Wie des Öfteren.

Für einige Momente, die mir wie eine Ewigkeit vorkommen, hört man gar nichts, weil der Engel wohl gerade über die Frage nachdenkt. »Ja. Es sind mehr Gefühle, und sie machen etwas mit meinem Körper, das ich nicht verstehe. Ich meine, ich will euch auch beschützen und dass ihr glücklich seid, aber nicht so.« Ich höre, wie Deans schwere Stiefel über den Boden stapfen, dann ein dumpfes Geräusch - ich glaube, er hat Cas auf die Schulter geschlagen, wie er es so oft tut. »Herzlichen Glückwunsch, mein gefiederter Freund: Du bist Hals über Kopf in unsere beste Freundin verliebt!«

Ach du heilige - Kann es wirklich wahr sein? Liebt er mich tatsächlich auch? »Also, Cas. Was wirst du als nächstes tun?«, fragt Dean ihn neugierig und auch ich spitze wieder meine Ohren. »Ich hänge die Lichterkette auf, die ich gerade entwirrt habe.« Kopfschütteln lächle ich in meine Hand und mein Herz rast. Ich liebe es, wie unschuldig er ist.

»Nein, ich meinte, ob du versuchen wirst, sie zu küssen, oder sie auf ein Date einlädst oder so«, spezifiziert Dean seine Frage und wieder herrscht kurzes Schweigen im Bunker. »Ich weiß nicht, ob sie das überhaupt will, Dean. Es ist doch besser, wenn ich sie einfach glücklich mache, ohne sie weiß, was ich für sie empfinde, oder nicht?«

Mein armes Herz... »Aber es ist auch nur halb so schön, Cas«, schaltet sich Sam wieder ein und ich war ihm nie dankbarer für etwas als jetzt. »Ich denke, du solltest es versuchen. Vielleicht mag sie dich ja genauso wie du sie!« Und das ist mein Stichwort - zumindest beschließe ich das, als meine Füße sich verständigen und in einem Affenzahn an meinen Engel zurasen.

»Das tut sie tatsächlich«, antworte ich für ihn und stelle mich auf die Zehenspitzen, um meine Lippen auf seine zu legen. Nur ganz sanft, aber es explodieren trotzdem tausend Feuerwerke in meinem Körper. Ganz aus Instinkt legt der Engel seine Arme um meine Taille und als wüsste sein Körper mehr als er, erwidert er meinen Kuss und bewegt seine weichen Lippen gegen meine.

»Möchtest du mit mir ausgehen, D/N?«, fragt er dann leicht unsicher und ich presse meine Lippen nochmal für zwei Sekunden auf seine. »Ich würde nichts lieber tun!« 

𝐚𝐝𝐯𝐞𝐧𝐭𝐬𝐤𝐚𝐥𝐞𝐧𝐝𝐞𝐫 𝟐𝟎𝟐𝟑Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt