- Prolog -

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„Den Weihnachtsmann gibt es nicht!"

Die blauen Kulleraugen der kleinen Shaileen füllten sich mit Tränen. Sie funkelte ihren Bruder wütend an und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann behauptete sie voller Überzeugung: „Wohl! Es gibt den Weihnachtsmann!"

Oliver lachte. „Nur Babys glauben an den Weihnachtsmann!"

Mit jedem Wort, das seine Lippen verließ, nahm Shaileens Zorn an Größe zu. Sie wollte doch einfach nur in Ruhe ihren Wunschzettel an den Weihnachtsmann schreiben, doch ihr älterer Bruder konnte es nicht sein lassen, sie zu ärgern.

„Ich bin kein Baby!", fauchte Shaileen zurück.

„Doch!", trällerte Oliver. „Sonst würdest du ja nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben."

„Du bist blöd!" Ohne es verhindern zu können, lösten sich die ersten Tränen aus Shaileens blauen Kulleraugen.

„Und du bist ein Baby!"

„Gar nicht!"

Wieder lachte Oliver. Ein schadenfroher Ausdruck spiegelte sich auf seinem Gesicht wider, als er sein Handy aus der Hosentasche zog und das Display entsperrte.

„Guck zu, du Baby!", forderte er seine kleine Schwester auf. „Den Weihnachtsmann gibt es nicht!"

Shaileen wollte protestieren, schließlich liebte sie den Weihnachtsmann und alles, was mit ihm zu tun hatte, doch ihr Mund wurde plötzlich staubtrocken.

Gibt es den Weihnachtsmann?

Binnen weniger Sekunden hatte Oliver diese Frage in sein Handy getippt. Es dauerte nur einen verzweifelten Herzschlag und schon ploppte die Antwort auf dem Bildschirm auf.

„Ha, siehst du?!" Oliver grinste triumphierend. „Den Weihnachtsmann gibt es nicht, Shay!"

Wie erstarrt schaute Shaileen auf das Handy. Sie konnte noch nicht besonders gut lesen, weil sie erst seit wenigen Wochen zur Schule ging und immer wieder ein paar Buchstaben miteinander vertauschte, doch das Wort, das sich quer über das Display zog, konnte sie problemlos entziffern.

Nein!

Shaileen schluckte schwer. Weitere Tränen kullerten über ihre Wangen und raubten ihr die Luft zum Atmen.

Warum gab es den Weihnachtsmann nicht? Wie war das möglich? Er hatte ihr doch in den letzten sechs Jahren Geschenke gebracht und sie für ihr gutes Verhalten gelobt.

Es war, als würde ein Teil von Shaileens Herzen zersplittern, sobald sie realisierte, dass sie mit einer Lüge aufgewachsen war.

„Gern geschehen, Schwesterherz", lachte Oliver gehässig, während er sein Handy wieder in seiner Hosentasche verschwinden ließ. „Jetzt bist du wenigstens kein Baby mehr."

Shaileen schnaubte. „Du bist aber trotzdem noch blöd!"

Voller Verzweiflung und Wut fegte sie ihre bunten Malstifte vom Schreibtisch und zerknüllte danach ihren Wunschzettel. Ihre blauen Kulleraugen waren leer und emotionslos, als sie die Worte ihres Bruders wiederholte. „Den Weihnachtsmann gibt es nicht!"

Santa is a GentlemanDove le storie prendono vita. Scoprilo ora