Mein alter Feind... Schnee!

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Donnerstag, 14. Dezember 2000

Schnee. Wieso muss es immer Schnee sein, der mein Leben so schwer macht?

Schnee ist mein Endgegner. Nicht Kira oder so, nein, Schnee. Gefrorenes Wasser, das vom Himmel hinab auf Erden fällt und Straßen quasi unbefahrbar macht. Werd' sterbenskrank wann immer du willst, nur nicht bei Schneefall. Schon gar nicht, wenn deine Mutter eine übereifrige Lehrer Refredarin ist, die sich denkt "Scheiß auf den Krankenwagen, ich fahre ihn selbst ins Krankenhaus! In meiner alten Schrottkiste, die zuletzt 1979 beim TÜV war und immer noch Sommerreifen drauf hat."

Letzte Nacht hatte es geschneit. Der Schnee lag semi tief und der Schneeflug hatte zumindestens die Straßen einigermaßen freigemacht, doch ich hatte da ein klitzekleines Problem an meinem rechten Fuß. Wie zum f*ck soll ich mit Gibs und Krücken durch den Schnee zur Schule kommen? Ich wollte nicht von Mama gefahren werden, denn die musste viel früher zur Arbeit als ich zur Schule. Kein Bock um 5 Uhr aufzustehen und dann eine Stunde vor Unterrichtsbeginn auf dem Schulhof zu hocken.
Taxi? Zu teuer.
Krankschreibung? Wie soll ich zum Arzt kommen?

Als ich Okuyasu am Morgen von meinem Dilemma erzählte, sagte er nichts und verschwand in der Garage. Wieder kam er mit einem alten Rodelschlitten.
,,Du machst Witze", murmelte ich gegen meine Kaffeetasse.
,,Nö. Du setzt dich dadrauf und ich zieh dich zur Schule."
,,Das ist n Kinderrodelschlitten. Der bricht unter mir doch zusammen."
Jetzt wirkte er fasst beleidigt, als ob ich nicht die Fakten sprechen lassen würde. ,,Ich lasse dich wissen, dass Lottie beste Handwerksqualität ist. Sie hat mich, Keicho und Mama GLEICHZEITIG ausgehalten. Wenn du also nicht mehr wiegst als eine ausgewachsene Frau und zwei babybespeckte Kleinkinder, sollte es keine Probleme geben."
,,...wieso heißt der Schlitten Lottie?"
,,Weil Mama ihn beim Winterlotto gewonnen hat. Also, zieh dich an. Wir gehen rodeln!"

Ich war nach wie vor skeptisch, doch ich hatte Geschichte in der ersten Stunde und irgendwie voll Bock drauf. Kaum standen wir angezogen draußen, schloss Okuyasu die Tür und half mir auf den Schlitten. Ich hielt meine Schultasche und meine Krücken fest und sah zu, wie Okuyasu die Kordel griff, die vorne am Schlitten hing und anfing zu ziehen. Es begann holprig und so blieb es auch, aber es war auch irgendwie angenehm.

Damals hatte Mama mich auf den Arm und drückte mich so fest sie konnte. Heute machen wir Witze, dass wir ein bisschen wie der Vater und der Sohn aus der Erlkönig waren. Das fiebernde, fantasierende Kind, wurde im letzten verzweifelnten Versuch eines liebenden Elternteil raus in die Nacht gebracht, auf der Suche nach Hilfe und Heilung. Nur, dass der Junge aus der Erlkönig am Ende tot war. Da ging es mir noch um einiges Besser. Sie hielt mich so, bis sie mich vom Parkplatz in die Notaufnahme gebracht hatte. Dieses Krankenhaus war nicht auf Stand Fieber eingestellt, also fanden sie nicht heraus was genau ich hatte. Ich kam an den Tropf, bekam Medikamente und blieb dort, bis Dio tot war. Darauf folgte die Wunderheilung.
Selbst der Schnee schmolz zur selben Zeit, als wäre er nie da gewesen. Also verzeiht mir, wenn ich in weißer Winterpracht nur das Böse sehe.

Schnee ist wirklich furchtbar. I don't need a White Christmas, really.

Okuyasu hielt vor der Schule und wir baten den Hausmeister den Schlitten wegzusperren, bis wir Schulschluss hätten.
Das ist dann wohl mein Leben bis der Gibs abkommt oder der Schnee schmilzt. Was auch immer zuerst passiert.

Josuke schreibt dummes Zeugs IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt