Epilog

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„Kinder, beeilt euch und zieht euch etwas Warmes an! Wir haben Besuch!"

Jesse sitzt mit seinem besten Freund in ihrem Zimmer und hilft dem Jüngeren, seine Jacke zuzuknöpfen. „Ob heute wieder Eltern da sind?", fragt der Junge mit den blonden Locken und wippt aufgeregt auf und ab. „Halt still", lacht Jesse, „sonst kann ich deine Jacke nicht zumachen und es ist sehr kalt heute."

„Ob mich auch bald jemand mitnimmt?" Hoffnung und ein wenig Traurigkeit schwingen in der Stimme des Jungen mit. Jesse hält inne und sieht den Jungen aufmerksam an. Er selbst ist schon lange hier und hat die Hoffnung auf eine Adoption bereits aufgegeben. Aber für seinen Freund besteht noch eine Chance. 

„Du bist der süßeste kleine Scheißer hier, Jasper! Wenn du keine Familie findest, dann weiß ich auch nicht!", sagt er aufrichtig. Jasper hüpft vor Freude und muss dann laut husten. Vermutlich ist schon wieder eine Erkältung im Anmarsch, denkt Jesse. Wahrscheinlich ist seine häufige Krankheit der Grund, warum Jasper noch hier ist. Niemand will ein ständig hustendes Kind. „Das wird aber nur etwas, wenn ich deine Jacke endlich schließen darf", mahnt Jesse deshalb liebevoll und Jasper hält endlich still. „Wenn ich irgendwann eine Familie habe", sagt Jasper, während Jesse seine schon durchgelatschten Schuhe zubindet, „dann hole ich dich dazu. Dann sag ich einfach, dass du mein Bruder bist."

Jesse lächelt. Dann nimmt er seinen ‚Bruder' in den Arm und drückt ihn. Insgeheim hofft er, dass sie noch eine Weile zusammenbleiben können.

Es beginnt zu schneien, als die Waisenkinder sich auf dem Hof aufstellen und warten. Jesse legt seine Arme um Jasper, um sie beide zu wärmen. Am liebsten würde er wieder ins Warme gehen. Ob heute wirklich Eltern kommen? So kurz vor Weihnachten?

„Da! Der Weihnachtsmann!", ruft Jasper plötzlich und Jesse blickt ungläubig in die Richtung, in die sein Bruder zeigt. Tatsächlich, da kommt ein riesiger Mann im weihnachtlichen Gewand durch das Tor des Waisenhauses getreten. An seiner Seite trippelt ein kleinerer Mann im Elfenkostüm auf die Kinder zu. Er strahlt über das ganze Gesicht und trägt einen braunen Sack über der Schulter.

Jesse glaubt schon lange nicht mehr an Santa Claus, doch Jasper klammert sich fast ängstlich an Jesse fest. „Er ist wirklich da!", staunt er.
Während der Mann und sein Elf Geschenke für die Kinder verteilen, tragen zwei weitere Männer einen großen Baum an ihnen vorbei in die Eingangshalle und ein Lieferwagen fährt auf den Hof. Kisten mit Lebensmitteln werden durch den Schnee Richtung Küche getragen. Jesse erspäht frisches Obst und Gemüse, ein halbes Dutzend gefrorene Hähnchen und Kuchen, Kekse und Schokolade. Er kann nicht sagen, wann er das letzte Mal so viel leckeres Essen auf einem Haufen gesehen hat. 

„Und was wünscht du dir?" Der Elf ist plötzlich an ihn und Jasper herangetreten und sieht ihn aus freundlichen Augen an. „Ich wünsche mir", sagt er mutig, „dass mein Bruder eine Familie findet!"
Der Elf lächelt und legt ihm eine Hand auf die Schulter. „Soll ich dir etwas verraten?", flüstert der Elf verschwörerisch. Jesse nickt neugierig. „Ich glaube, dein Bruder hat bereits eine wunderbare Familie: Dich!"

Jesse schluckt. Dann umarmt er seinen Bruder noch fester. Es stimmt. Jasper war seine Familie und würde es immer bleiben. „Danke!", sagt er an den Elfen gewandt und schaut dann in den Himmel, von dem nun dicke Flocken auf sein Gesicht fallen. Sicherlich würde dies eines der schönsten Weihnachtsfeste seit langem werden. Und obwohl er nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubt, ist er mehr als dankbar für dieses kleine Weihnachtswunder!

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A Merry Gary ChristmasWhere stories live. Discover now